Gallestau: Gallensäuren blockieren Zell-Recyclingprozess

27. Februar 2020 - 9:23

In der Leber gebildete Gallensäuren sind wichtige Fett-Verdauungshilfen. Bei gestörtem Abfluss kommt es zum Gallestau (Cholestase), der in einer cholestatischen Lebererkrankung münden kann. Ursache dürfte eine Störung der Autophagie - des zellulären Recyclingprozesses - in der Leber sein, haben Grazer Forscher geklärt. Die Stimulation dieses Prozesses könnte hingegen ein neuer Therapieansatz sein.

(v.l.n.r.): Martin Wagner, Katrin Panzitt und Emilian Jungwirth
(v.l.n.r.): Martin Wagner, Katrin Panzitt und Emilian Jungwirth

Die Autophagie (auch Autophagozytose) ist ein Mechanismus des Zellrecyclings. Durch ihn werden ungenutzte oder beschädigte Zellbestandteile in einzelne Makromoleküle abgebaut und für die Synthese neuer Zellkomponenten wiederverwertet. Damit hat dieser Prozess des "sich selbst Fressens" eine zentrale Funktion bei der Erhaltung des zellulären Gleichgewichts, wie Martin Wagner von der Klinischen Abteilung für Gastroenterologie und Hepatologie der Med-Uni Graz gegenüber der APA erklärte.

Wagner hat gemeinsam mit Kollegen aus Wien, Schweden und den USA in einer aktuellen Studie untersucht, ob und in welcher Weise die Autophagie bei cholestatischen Lebererkrankungen - bei denen der Gallensäurespiegel permanent erhöht ist - verändert ist. Dazu wurden Versuche in Zellkultur durchgeführt und die Proben mit den modernsten Verfahren inklusive Next Generation Sequencing analysiert. "Sowohl in der Zellkultur als auch im Gewebe von Patientinnen und Patienten konnten wir zeigen, dass die Autophagie unter cholestatischen Verhältnissen gehemmt ist", fasste Wagner die jüngst im "Journal of Hepatology" veröffentlichten Ergebnisse zusammen. Die Forscher schließen daraus, dass der gehemmte Selbstreinigungsprozess einen Mechanismus der chronischen Leberschädigung darstellt.

Verstärkte Bildung von Rubicon

Das Forscherteam hat vor allem auch erkannt, dass diese Hemmung mit dem Gallensäurerezeptor FXR zusammenhängt und im letzten Moment der Autophagozytose passiert. "Hier wird der Prozess zwar noch gestartet, kann aber nicht vollzogen werden", führte der Leiter der Grazer Arbeitsgruppe "Translational Nuclear Receptor Research in Liver Metabolism" weiter aus. Laut den Studienautoren dürften die Gallensäuren bewirken, dass durch den sogenannten Kernrezeptor FXR ein Protein namens Rubicon verstärkt gebildet wird. Dieses verhindert im letzten Moment die Ausführung der zellulären Selbstreinigung. Die genetische Hemmung von Rubicon habe hingegen die durch Gallensäure verursachte Beeinträchtigung des autophagischen Flusses wieder umgekehrt.

Zur Behandlung einzelner chronischer Lebererkrankungen, die auf Galleabflussstörungen zurückgehen, wird bereits Ursodeoxycholsäure (UDCA) eingesetzt. Das Team hat auch untersucht, welche Auswirkung die Behandlung mit diesem Wirkstoff hat. "Ursodeoxycholsäure ist zwar auch eine Gallensäure, aufgrund ihrer biologischen Eigenschaften jedoch wenig aggressiv und aktiviert FXR nicht", erklärte Wagner. In den jüngsten Versuchen zeigte sich, "dass sowohl bei mit Ursodeoxycholsäure behandelte Probandinnen und Probanden als auch in der Zellkultur die Autophagie in der Leber angeregt wird und dabei Rubicon vermindert wird", betonte der Forscher. Die Studienautoren gehen nun davon aus, dass ein Teil der günstigen Wirkung der UDCA wahrscheinlich durch die Anregung der Autophagie bedingt sein dürfte.

In einem nächsten Schritt wollen die Forscher das Zusammenspiel von FXR und Rubicon noch genauer untersuchen. Sie wollen die Mechanismen nützen, um die Zellreinigung in der Leber gezielt zu beeinflussen und damit die Behandlung cholestatischer Lebererkrankungen vorantreiben.

Service: K. Panzitt, E. Jungwirth, E. Krones, j.M. Lee, Martin Wagner et al.: " FXR-dependent Rubicon induction impairs autophagy in models of human cholestasis", Journal of Hepatology, https://doi.org/10.1016/j.jhep.2020.01.014

(APA/red, Foto: APA/Med Uni Graz)

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