Fünf eingeschleppte Schädlinge könnten Baumbestand massiv verringern

24. April 2018 - 11:06

Lediglich fünf eingeschleppte Baumschädlinge könnten Europas Wälder in den kommenden Jahrzehnten deutlich verändern. Das ist das Ergebnis einer im Fachblatt "Nature Communications" erschienenen Prognose österreichischer Forscher. Vor allem die durch den Klimawandel zukünftig höheren Temperaturen könnten den Schädlingen dabei helfen, bis zu zehn Prozent der Bäume zu schädigen.

Für Eichen gefährlich: Pilzähnlicher Organismus namens Phytophthora ramorum
Für Eichen gefährlich: Pilzähnlicher Organismus namens Phytophthora ramorum

Durch die gesteigerte Mobilität und den intensivierten weltweiten Handel gelangen durch Menschenhand seit einigen Jahrzehnten vermehrt Arten in Weltregionen, in denen sie ursprünglich nicht heimisch waren. Wenn die Umstände dort einigermaßen passen, können sie sich in der neuen Heimat nachhaltig ausbreiten. Gelingt das, werden diese Lebewesen als "Neobiota" bezeichnet.

Käfer, Fadenwurm, Schadpilz

Die Wissenschafter um Rupert Seidl von der Universität für Bodenkultur (Boku) Wien und Stefan Dullinger von der Universität Wien gingen in ihren Prognosen der möglichen zukünftigen Ausbreitung eines Schädlings-Quintetts aus dieser Rubrik nach: Darunter befindet sich der ursprünglich in Südostasien heimische, rund drei Zentimeter große Asiatische Laubholzbockkäfer (Anaplophora glabripennis). Diese Spezies richtete ab Mitte der 1990er-Jahre in den USA große Schäden an und tauchte in Europa zum ersten Mal 2001 in Oberösterreich auf.

Weiters analysierten sie das zerstörerische Potenzial des Kiefernholznematoden (Bursaphelenchus xylophilus), einem ursprünglich in Nordamerika heimischem, ungefähr einen Millimeter kleinen Fadenwurm, der etwa bereits in Portugal unangenehm auffiel. Außerdem widmeten sich die Forscher dem pilzähnlichen Organismus Phytophthora ramorum, der in den USA unter dem illustrativen Namen "Sudden Oak Death" (plötzlicher Eichentod) bekannt ist, und etwa in Großbritannien sein Unwesen treibt. Das gilt auch für den vor allem für Rotbuchen gefährlichen Erreger Phytophthora kernoviae. Der fünfte im Bunde ist der Schadpilz Fusarium circinatum. Er hat es auch auf europäische Kiefernarten abgesehen und wurde bisher vor allem nach Spanien und Frankreich eingeschleppt.

Unscheinbare Organismen mit weitreichenden Folgen

Dabei handle es sich "zwar um eher unscheinbare Organismen, allerdings mit relativ massiven Auswirkungen auf sichtbare Organismen wie Bäume", sagte Dullinger im Gespräch mit der APA. Das Team hat daher die verschiedenen möglichen Ausbreitungsszenarien untersucht und die Folgen davon auf den Wald sowie den dort gespeicherten Kohlenstoff abgeschätzt. Da der "Erfolg" dieser Bio-Invasoren davon abhängt, ob sie klimatisch in den neuen Lebensraum passen, gingen in die Rechnungen Modelle der Klimaveränderung ein.

Prinzipiell könne man sagen, je wärmer es wird, desto größer das potenzielle Verbreitungsgebiet der Schädlinge in Europa, so Dullinger. In einem mittleren Erwärmungs-Szenario könnten sie bis zu zehn Prozent der europäischen Baumbiomasse befallen und die Kohlenstoffspeicherung in europäischen Wäldern um bis zu 400 Millionen Tonnen reduzieren, was ungefähr dem Treibhausgasausstoß Österreichs über 20 Jahre hinweg entspräche. Betroffen wären hier bis zu zehn Prozent der Baumbiomasse. Leichter hätten es die fünf Schädlinge in einem wärmeren Klima vor allem in Nord- und Osteuropa, wo insbesondere der Kiefernholznematode große zusätzliche Schäden anrichten könnte. Bliebe das Klima hingegen in etwa auf heutigem Stand, würde sich der in der Biomasse gespeicherte Kohlenstoff bei maximal möglicher Ausbreitung der Schädlinge "nur" um etwas über 300 Mio. Tonnen reduzieren. "Das ist ein weiterer Hinweis darauf, dass wir uns bemühen sollten, das Ausmaß des Klimawandels gering zu halten", sagte Dullinger.

Angesichts dieser potenziellen Schäden müsste besonderes Augenmerk darauf gelegt werden, die Ausbreitung dieser Organismen beispielsweise durch Quarantänezonen und gezieltes Fällen befallener Bäume zu unterbinden. Bei Holzimporten in die EU würde laut dem Forscher glücklicherweise bereits darauf geachtet, nicht noch mehr dieser Schädlinge einzuführen.

Service: https://dx.doi.org/10.1038/s41467-018-04096-w

(APA/red, Foto: APA/APA (dpa))

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