Foto Wien: Shop des Jüdischen Museums widmet sich Rudi Weissenstein

21. März 2019 - 15:59

Mit rund einem Dutzend Schwarz-Weiß-Fotos ist sie sicher einer der kleinsten Ausstellungen im Rahmen des gestern eröffneten Festivals Foto Wien, mit der Geschichte, die sie erzählen, aber wohl eine der historisch bedeutsamsten: "The PhotoHouse" macht im Museumsshop des Wiener Jüdischen Museums mit dem Lebenswerk des jüdischen Fotografen Rudi Weissenstein (1910-1992) bekannt.

Ausstellung "The PhotoHouse" dauert bis 11. April
Ausstellung "The PhotoHouse" dauert bis 11. April

Weissenstein wurde in Iglau als Sohn einer deutschsprachigen jüdischen Familie geboren. Im Alter von 8 Jahren begann er zu fotografieren. 1929-31 absolvierte er eine Ausbildung an der Graphischen Lehr- und Versuchsanstalt in Wien und arbeitete später als Fotograf für Zeitungen in Wien und Prag. Gegen den Willen seiner Eltern schloss er sich der zionistischen Bewegung an und emigrierte 1936 nach Palästina. In Tel Aviv gründete er mit seiner bereits 1921 emigrierten Frau Miriam (1913-2011) das Pri-Or Photohouse, das heute mit über einer Million fotografischer Negative zu den größten privaten Archiven der historischen Fotografie zählt. Es zeugt von der Geschichte und dem Geist, der Atmosphäre und den Menschen Israels von den 1930er- bis zu den 1970er-Jahren.

Seit dem Tod von Miriam Weissenstein verwaltet der 1977 geborene Enkel Ben Peter Weissenstein das Vermächtnis seiner Großeltern. "Er kam als Idealist nach Palästina und starb dort als ein ganz anderer Mensch", erzählt der Nachkomme, der zur heutigen Ausstellungseröffnung nach Wien gekommen ist. Er möchte mit seinem Engagement im Photohouse den Fokus auf Rudi Weissenstein als Mensch mit Emotionen, seinem Schmerz und seiner "Sicht auf das Leben und die Welt" legen. "Es war eine Gesellschaft zwischen Verzweiflung und Hoffnung, die sich in Wellen abwechselten", so der studierte Humanwissenschafter im Gespräch mit der APA. "Nicht nur für ihn war es ein Traum, sondern für eine ganze Gesellschaft."

Tagebücher zeugen von Einsatz

Neben den Fotonegativen zeugen auch Weissensteins Tagebücher vom großen Einsatz des Fotografen. Im Archiv finden sich Bilder von bedeutsamen wie alltäglichen Ereignissen, von bekannten Persönlichkeiten ebenso wie von einfachen Arbeitern, Landwirten und Bürgern. Viele seiner Fotografien gelten als Ikonen bei der Dokumentation der Entwicklung Palästinas zum Staat Israel. Berühmt wurde etwa ein Foto, das den Premierminister und Staatsgründer Israels, Ben David Ben-Gurion, während der Verlautbarung der Unabhängigkeitserklärung 1948 zeigt.

Die Aufarbeitung des gesamten Archivmaterials erforderte besondere Anstrengungen: "Dank meiner Großmutter ist es uns gelungen, viele deutsche Anmerkungen zu den gesammelten Negativen ins Hebräische zu übersetzen", erzählte der Enkel von einer Arbeit, die noch immer nicht abgeschlossen ist. Durch Investorenprojekte war das Archiv in Tel Aviv gezwungen, sich vorübergehend einen neuen Ort zu suchen. Doch noch in diesem Jahr soll die Umsiedlung an die ursprüngliche Adresse in der Allenby Street erfolgen.

Im Jahr 2011 kam der Dokumentarfilm "Life in Stills" heraus, der vom Lebenswerk des Ehepaars Weissenstein erzählt. Auch der Enkel ist überzeugt davon, dass das Werk seiner Großeltern nicht nur dokumentarischen Charakter hatte und zum kulturellen Aufschwung der Stadt Tel Aviv beitrug: "Archive können ermutigen, Dinge von anderen Blickwinkeln aus zu sehen und zu begreifen."

Der Museumsshop Gottfried & Söhne arbeitet seit seiner Eröffnung im Vorjahr mit dem Archiv zusammen. Hier kann man neben hochwertigen Prints berühmter Weissenstein-Fotos auch den 2016 publizierten Fotoband "Rudi - Discovering the Weissenstein Archive" erwerben. Auf 160 Seiten lässt sich der minimalistisch gehaltene Einblick der Ausstellung deutlich vertiefen.

Service: "The PhotoHouse", Ausstellung im Jüdischen Museum Wien, Museumsshop, Wien 1, Dorotheergasse 11, Eröffnung am 21. März um 18:00 Uhr, Ausstellungsdauer bis 11. April, http://www.jmw.at/de/node/5114

(APA/red, Foto: APA)

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