"For Forest" - Experte: Höhere Baummortalität wird Wälder verändern

5. August 2019 - 9:59

Während im Herbst im Klagenfurter Wörthersee-Stadion im Rahmen des Kunstprojekts "For Forest" von Menschenhand ein Wald errichtet wird, haben viele heimische Wälder mit der Klimaerwärmung und ihren Folgen zu kämpfen. Das aktuell in manchen Regionen verstärkte Baumsterben ist greifbar und wird Österreichs Wälder verändern, wie der Forstwirt Rupert Seidl im Gespräch mit der APA erklärte.

Wie wird der Wald in einer wärmeren Zukunft aussehen?
Wie wird der Wald in einer wärmeren Zukunft aussehen?

"Das Klima hat vielfältige Auswirkungen auf den Wald", so der Wissenschafter vom Institut für Waldbau der Universität für Bodenkultur (Boku) Wien. Eine "erhöhte Baummortalität" wurde in den vergangenen Jahren etwa im Waldviertel verzeichnet. Die Region ist nicht nur im übertragenen Sinn ein "Hotspot": Die im Schnitt hohen Temperaturen in Kombination mit weniger Niederschlag "bringen einige der Bäume an ihre Grenzen".

Die Wärme erleichtert wiederum beispielsweise Borkenkäfern das Leben, während die Abwehrkräfte der Bäume geschwächt sind. In der Folge kann das zur explosionsartigen Vermehrung der kleinen Käfer führen, die hierzulande natürlich vorkommen, deren Bestand sich in der Regel aber im Gleichgewicht mit dem Ökosystem befand.

Gestresste Bäume und ihre Gegenspieler

An dem Beispiel werde deutlich, dass sich gerade ein "Kreislauf aufschaukelt", in dem in manchen Regionen gestresstere Bäume gestärkten Gegenspielern gegenüberstehen. Erhöhte Baummortalität sei einerseits ein recht klar sichtbares Phänomen und andererseits auch ein wirtschaftliches Problem für Waldbesitzer. Auch Österreichs größter Forsteigner - die Bundesforste (ÖBf) - setzen sich bereits intensiv mit Strategien für einen Wald in einer wärmeren Zukunft auseinander. Speziell problematisch ist eine Schwächung des Waldes in Regionen, in denen er auch Schutzfunktionen für Siedlungen vor Steinschlag, Hangrutschungen oder Lawinen erfüllt.

Die aktuelle Situation sei anders als beim in den 1980er-Jahren viel diskutierten "Waldsterben". Dieses wurde regional durch das industrielle Verbrennen von stark schwefelhaltiger Kohle verursacht, "was man dann auch aufgrund dieses Aufschreis in den Griff bekommen hat", sagte Seidl. Nun sind hingegen andere und vielschichtige Prozesse am Laufen.

Comeback für Lärche und Eiche

"Wenn Bäume sterben, stirbt aber nicht der Wald. Denn auch dort, wo jetzt etwa im Waldviertel viele Bäume sterben, kommen neue nach. Insofern ist das auch immer eine Chance für eine nächste Generation, die vielleicht besser an die klimatischen Bedingungen angepasst ist. Hier kann man auch steuern", sagte der Wissenschafter. Als wärmeliebendere Baumart habe die Eiche voraussichtlich gute Chancen auf ein großflächigeres Comeback.

Die ÖBf sehen auch für die im Vergleich zu Österreichs verbreitetstem Baum - der Fichte - deutlich sturmstabilere Lärche mehr Anteile voraus. Ebenso wichtiger dürften Tanne, Zirbe, Ahorn oder Linde werden. Im niederschlagsärmeren Waldviertel, im Wienerwald oder im Kobernaußer Wald (OÖ) werden außerdem Lärchen und Douglasien künftig größere Rollen spielen, hieß es kürzlich.

In den gebirgigeren Teilen des zu rund 50 Prozent bewaldeten Landes fielen durch die Erwärmung Limitierungen im Pflanzenwachstum zumindest teilweise weg: "Die Vegetationsperiode wird tendenziell länger", so Seidl. Bleiben diese Lagen von Trockenstress oder Borkenkäfern halbwegs verschont, würde dort das Wachstum zumindest kurzfristig angekurbelt. "Die Klimaänderungen haben also durchaus unterschiedliche Auswirkungen auf das System."

Wald kann CO2-Emissionen nicht lösen

Die öfters angestellte Rechnung, mit großflächiger Aufforstung viel Treibhausgas CO2 aus der Atmosphäre zu holen und so der Erwärmung entgegenzuwirken, sei "prinzipiell eine gute", so Seidl. Der Wald könne aber lediglich einen Beitrag zum Abfedern des Klimawandels leisten, "er kann aber nicht unser ursächliches Problem - nämlich die Emission von Treibhausgasen - lösen", betonte der Forscher, der für Österreich flächenmäßig "kein sehr großes Potenzial" für den Zuwachs an Waldflächen sieht.

Das Ansinnen, den Wald stärker ins Bewusstsein der Menschen zu holen, sei "eine wichtige Sache. Auch weil es damit kokettiert, ein sonst sehr häufig in der Landschaft vorhandenes, aber von vielen nicht wahrgenommenes Element ins Zentrum zu rücken", sei das "For Forest"-Projekt durchaus interessant. Das Spiel damit, dass es dadurch Beachtung findet, weil es inmitten eines Stadions steht, "empfinde ich als spannenden Denkanstoß", sagte der Wissenschafter, der sich erfreut zeigte, dass die Kunst sich wieder mit dem Thema "Wald" auseinandersetzt.

Er hoffe, dass es den Veranstaltern auch gelingt, von dem Aufbau im Stadion und der intellektuellen Auseinandersetzung damit, "wieder die Brücke zum tatsächlichen Ökosystem Wald" zu schlagen. Gerade im waldreichen Kärnten lasse sich laut Seidl gut darstellen, was der Wald für die Gesellschaft eigentlich alles leiste.

(APA/red, Foto: APA)

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