Filterblasen in Sozialen Medien erschweren Klimawandelmaßnahmen

5. Juli 2021 - 10:41

Filterblasen in den Sozialen Medien verhindern, dass Menschen konstruktiv diskutieren, wie man globale Katastrophen in den Griff bekommt, berichtet ein Forscherteam mit österreichischer Beteiligung. Sie werden durch Algorithmen gestärkt, die den Leuten mehr Werbung zeigen sollen, und könnten nur durch konstruktive Diskussion an den Rändern angegriffen werden, erklären die Forscher. Die Studie ist im Fachjournal "Scientific Reports" erschienen.

Umweltaktivistin Greta Thunberg
Umweltaktivistin Greta Thunberg

Ein Team um Astrid de Wijn von der Universität Stockholm und Andrew Ringsmuth vom Wegener Center für Klima und Globalen Wandel der Universität Graz und vom Complexity Science Hub (CSH) Wien untersuchte mit einem mathematischen Modell, wie man gegen solche Filterblasen vorgehen könnte.

Bei globalen Problemen wie dem Klimawandel gibt es in der sozialen Dynamik zwei Stadien, erklärte Ringsmuth der APA: "Zunächst polarisiert sich die Gesellschaft rasch in zwei Gruppen von Menschen: Jene, die mit den nötigen Maßnahmen einverstanden sind und kooperieren, und jene, die sich den Veränderungen widersetzen". Dann gibt es ein lange andauerndes "Seilziehen" zwischen ihnen. Anstrengungen der einen Gruppe bewirken dabei nur steigenden Widerstand der anderen. Einen Gewinner könne es eigentlich nur geben, wenn sich eine der Gruppen größtenteils auflöst.

Gruppenmitglieder bestärken sich gegenseitig

Das wird aber von "Filterblasen" effektiv behindert. Die Mitglieder der beiden Gruppen mit jeweils recht einförmigen Ansichten bestärken sich gegenseitig in ihrer Meinung. Sie teilen selektiv Informationen untereinander aus, die zu ihrem Weltbild passen und blenden gegenteilige Argumente und Fakten großzügig aus.

"Wir glauben, dass hier die sozialen Mediennetzwerke eine entscheidende Rolle spielen", so de Wijn: "Um uns länger zu beschäftigen und mehr Werbung zeigen zu können, verwenden sie Algorithmen, die primitive Instinkte ansprechen. Sie verstärken entweder unser Zugehörigkeitsgefühl durch Inhalte, mit denen wir bereits einverstanden sind, oder empören uns mit Dingen, die wir einer konträren Gruppe zuordnen." Dadurch entstünden "Meinungsblasen" von beispiellosem Ausmaß und ein aufgeheizter öffentlicher Streit, der genau das Gegenteil von dem ist, was man bräuchte: Einen sachlichen Diskurs, wie man das Problem lösen könnte.

Sachlichen Austausch kann es eigentlich nur an den Rändern dieser Meinungsblasen geben, so die Forscher. Demnach sollten einzelne Mitglieder der einen Blase mit exponierten Mitgliedern der anderen Blase in Kontakt treten und sie mit alternativen Ansichten konfrontieren: Zum Beispiel, dass es vielleicht doch nötig ist, rasch gegen den Klimawandel anzukämpfen. "Man muss dabei oft sehr schwierige Konversationen durchziehen, denn niemand will seine Weltansicht angegriffen wissen und wir alle ignorieren gerne unbequeme Evidenz", meinte Ringsmuth: "Unsere Forschung zeigt aber, dass diese Interaktionen unerlässlich sind, um den Klimawandel im nötigen Ausmaß und mit der nötigen Geschwindigkeit abzuschwächen."

Die gute Nachricht aus den Modellläufen sei, dass es manchmal sehr schnell geht, eine Blase zum Platzen zu bringen. Außerdem können kleine Änderungen etwa in den sozialen und politischen Rahmenbedingungen große Auswirkungen haben, ob "das System zur kompletten Kooperation oder Ablehnung kippt", erklären die Forscher. Sehr hilfreich wäre es freilich, wenn aus den Filterblasen generierenden, nicht wirklich "sozialen" Medien solche würden, die konstruktiven Austausch zwischen den einzelnen Gruppen fördern. "Diese könnten ein starker Motor für gemeinsame Anstrengungen sein", so Ringsmuth.

Service: https://doi.org/10.1038/s41598-021-87109-x

(APA/red, Foto: APA/APA/AFP)

tutor18

Studium.at Logo

© 2010-2021  Hörsaal Advertainment GmbH

Kontakt - Werbung & Mediadaten - Datenschutz - Impressum

Studium.at versichert, sämtliche Inhalte nach bestem Wissen und Gewissen recherchiert und aufbereitet zu haben.
Für etwaige Fehlinformationen übernimmt Studium.at jedenfalls keine Haftung.