Faßmann schafft Ombudsstelle für Wertefragen und Kulturkonflikte

20. Dezember 2018 - 11:41

Die Wiener Lehrerin und Buchautorin ("Kulturkampf im Klassenzimmer") Susanne Wiesinger wird Ombudsfrau für Wertefragen und Kulturkonflikte im Bildungsministerium. In ihrer neuen Funktion will sie zunächst bei einer "Zuhörtour" Probleme erheben und als weisungsfreie Anlaufstelle Lehrer, Direktoren, Eltern und Schüler bei Missständen beraten, hieß es kürzlich bei einer Pressekonferenz.

Heinz Faßmann (l.) und Susanne Wiesinger
Heinz Faßmann (l.) und Susanne Wiesinger

Mit ihrem Buch hat die an einer Neuen Mittelschule (NMS) in Wien-Favoriten unterrichtende Pädagogin eine Debatte über negative Auswirkungen eines konservativen Islam auf die Schulen ausgelöst. Nun will sie in ihrer neuen Funktion vor allem "genau hinschauen". Probleme müssten angesprochen werden. "Es hilft nichts, wenn man sie ständig relativiert und als Einzelfälle abtut." Ihren Wechsel vom Klassenzimmer in die neue Ombudsstelle begründete sie damit, dass sie "nicht nur Staub aufwirbeln" wollte: "Ich bin auch an Lösungen interessiert."

Faßmann bezeichnete Werte- und Kulturkonflikte im Klassenzimmer als "fast zwangsläufige Konflikte in einer Einwanderungsgesellschaft, die zuletzt pluralistischer geworden ist": "Unterschiedliche Vorstellungen, was gut und was schlecht ist, treffen aufeinander." Durch die Ombudsstelle solle den Lehrern der Rücken gestärkt werden.

Onlinebefragung und Fokusgespräche

Wie bereits angekündigt, habe er außerdem beim Soziologen und Politikberater Kenan Güngör eine Studie über Werte- und Kulturkonflikte in Auftrag gegeben. Mittels einer Onlinebefragung und Fokusgesprächen soll dieser herausfinden, wie oft es tatsächlich zu solchen Konflikten komme. "Ich möchte eine solide empirische Grundlage haben." Dabei gehe es etwa um die Teilnahme am Turnunterricht, an Klassenfahrten oder auch die Beurteilung des Nahostkonflikts oder Antisemitismus.

Wiesinger solle selbstständig, unabhängig und weisungsfrei arbeiten, betonte Faßmann. Sollte sie bei etwaigen Mediationsverfahren die Hilfe des Ministeriums benötigen, werde sie diese erhalten. "Mir war wichtig, dass ich parteiunabhängig arbeiten kann", betonte auch Wiesinger. "Ich bin eine Rote, sogar eine linke Rote. Und das werde ich auch bleiben."

In ihrer Tätigkeit will sie sich nicht nur auf NMS konzentrieren, sondern alle Schultypen einbeziehen. Die Lehrer sollen dabei ermutigt werden, Probleme anzusprechen. "Mit dem Schweigen hat man nur die Rechten gestärkt, weil die haben es angesprochen - zurecht."

Stärker bei Eltern ansetzen

Mögliche Ergebnisse ihrer Tour wollte sie nicht vorwegnehmen. "Vielleicht muss man die Verteilung der Ressourcen ändern bzw. wo man das Geld einsetzt." Generell müsse man auch stärker bei den Eltern ansetzen, etwa mit einem Netzwerk an Kulturvermittlern. Eventuell müsse man auch auf verpflichtende Elternschulungen setzen - "es kann aber auch etwas anderes sein".

Die immer wieder angesprochenen zusätzlichen Sozialarbeiter und Psychologen seien natürlich auch wichtig, meinte Wiesinger. "Die müssen dann aber auch die Muttersprache der Eltern bzw. Kinder können, sonst verpufft das." Davor brauche man aber vor allem mehr Lehrer - zumindest müssten jene Ressourcen, die da sind, auch tatsächlich besetzt werden. Außerdem müssten die Jugendämter besser ausgestattet werden: "Die müssen die Familien wieder begleiten und nicht nur Gefährdungsmeldungen aufnehmen."

Darüber hinaus wird im Bildungsministerium 2019 eine eigene Abteilung für Schule und Integration eingerichtet. Außerdem soll die Schulaufsicht für den Religionsunterricht stärker in den Pädagogischen Dienst der mit Jahresbeginn neu entstehenden Bildungsdirektionen eingebunden werden.

(APA/red, Foto: APA)

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