Im Gegensatz zur oft ventilierten These, dass Investitionen in Grundlagenforschung häufig erst nach Jahrzehnten zu wirtschaftlich Zählbarem führen, ortet eine Studie nun auch recht rasche ökonomische Effekte. In der im Auftrag des Wissenschaftsfonds FWF durchgeführten Untersuchung habe sich gezeigt, dass die herkömmliche Sicht "falsch" bis "unfair" sei, hieß es am Mittwoch vor Journalisten. In Richtung künftige Regierung plädierte man, hier den Sparstift nicht anzusetzen.
Ja, die nächste Bundesregierung werde "massiv sparen müssen", allerdings nicht im Bereich Wissenschaft und Forschung, betonte Gabriel Felbermayr, Chef des Österreichischen Instituts für Wirtschaftsforschung (Wifo), angesichts der vom Wifo, dem Institut für Höhere Studien (IHS) und Joanneum Research (JR) durchgeführten Studie. Unter der Leitung von Wifo-Experte Jürgen Janger haben die Autoren u.a. verschiedene Datenquellen - über den Einfluss wissenschaftlicher Publikationen, Unternehmensgründungen oder Patenteinreichungen - ausgewertet oder eine Umfrage unter knapp 1.500 Leiterinnen und Leitern von Projekten durchgeführt, die von dem auf die Unterstützung von Grundlagenforschung spezialisierten FWF in den Jahren 2009 bis 2022 Gelder erhielten.
Studie zeigt "sehr deutlichen Multiplikatoreffekt" auf
Gefunden habe man "einen sehr deutlichen Multiplikatoreffekt", der im Wettbewerb und nach dem Exzellenzprinzip vergebenen Förderungen, so Felbermayr. Man habe es hier mit einem der wenigen echten Hebel in Richtung Wirtschaftswachstum im rohstoffarmen und eher auf die Weiterentwicklung traditioneller Industriezweige fokussierten Hochlohnland Österreich zu tun. Trotzdem leiste man sich sozusagen, aus wissenschaftlicher Sicht exzellent bewertete Projektideen nicht weiterzuführen: So habe der FWF im vergangenen Jahr rein aus Budgetknappheit höchst vielversprechende Vorhaben in der Höhe von 80 Millionen Euro nicht fördern können, betonte erneut Wissenschaftsfonds-Präsident Christof Gattringer - ein Faktum, das auch IHS-Direktor Holger Bonin ansprach.
Angesichts zahlreicher Unternehmens-Neugründungen, Patente oder ökonomisch relevanter Erkenntnisse, zu denen solche Projekte geführt haben, müsse man festhalten: Es gebe vermutlich noch viel mehr Beispiele, "die wir nicht sehen, weil das Budget fehlt", sagte Bonin. In der Studie angeführt werden beispielsweise 40 Lizenzen, über 170 Erfindungen und weltweit mehr als 800 Patente, die sich auf FWF-Mittel zurückführen lassen. Im Untersuchungszeitraum konnten Firmen überdies in etwa 150 neue oder weiterentwickelte Technologien sowie 200 neue Produkte zur Marktreife bringen. Dazu kämen mittlerweile 60 Start-ups, die auf mit den Förderungen ermöglichten Erkenntnissen fußen, und von denen 35 ihren Sitz in Österreich haben.
Auch kurzfristig positive Effekte
Es gebe aber auch kurzfristige Effekte, die dem Bereich zu Unrecht oft abgesprochen würden, wie Studien-Koordinator Janger sagte: Demzufolge kehre ein im Wettbewerb vergebener Forschungsförderungs-Euro schon nach einem Jahr 1,1-fach über Steuer- und Sozialversicherungseinnahmen zurück in die Staatskassen. Überdies bringe ein solcher Euro im Schnitt zwei Euro für das Bruttoinlandsprodukt, rechnete man bei der Studienpräsentation vor. Diese Werte lägen höher, als dies bei anderen staatlichen Investitionen der Fall ist, so die Wirtschaftsforscherinnen und -forscher, die ihre Zahlen noch eher "an der Untergrenze" angesiedelt sehen.
Insgesamt müsse man daran arbeiten, "mehr Geld in das Innovationsökosystem zu bringen" - und zwar trotz Sparprogrammen, so JR-Geschäftsführer Heinz Mayer. So würden es auch in Forschung und Entwicklung (F&E) starke Unternehmen machen und damit traditionell besser durch wirtschaftlich schwierigere Zeiten kommen.
Leuchtturm Quantenphysik
Nicht zuletzt brauche es den "langen Atem", so Bonin. Sehen könne man dies u.a. anhand von erfolgreichen Start-ups, die in den vergangenen Jahren im medizinisch-biologischen Bereich oder sogar aus der lange als höchst theoretisch angesehenen Quantenphysik heraus entstehen. Die Förderung der Grundlagenforschung habe hier in den 1970er Jahren begonnen und etwa zum Physik-Nobelpreis für Anton Zeilinger oder zur Firma ParityQC, einem Spin-off aus dem Umfeld der Universität Innsbruck, geführt. Dort zählt man inzwischen rund 60 Mitarbeiter und könne auf Aufträge des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) und vom japanischen IT-Konzern NEC verweisen. Die Quantenphysik sei ein echter "Leuchtturm in Österreich" geworden, so die beiden ParityQC-Chefs Magdalena Hauser und Wolfgang Lechner.
Service - Die Studie online: https://go.apa.at/ZA98oJeL
APA/red Foto: APA/HELMUT FOHRINGER