European Universities nehmen langsam Gestalt an

23. März 2021 - 7:59

Die EU hat sich mit ihrer Idee der European Universities hohe Ziele gesteckt: Die Allianzen aus mehreren europäischen Hochschulen sollen ein Gegengewicht zu renommierten US-Unis, Orte pädagogischer Neuerung und exzellenter Forschung werden. 41 Netzwerke wurden in der Pilotphase 2019 und 2020 genehmigt, acht der 279 beteiligten Hochschulen sind aus Österreich. Wie European Universities in der Praxis aussehen können, soll eine Allianz um die Fachhochschule St. Pölten ausloten.

FH St. Pölten als Koordinatorin des Projekts EUDRES
FH St. Pölten als Koordinatorin des Projekts EUDRES

Die FH St. Pölten ist Koordinatorin des Netzwerks EUDRES (Engaged and Entrepreneurial European University as Driver for European Smart and Sustainable Regions, kurz E3UDRES2): 43 Fakultäten aus sechs europäischen Ländern mit 55.700 Studierenden und 7.300 Mitarbeitern sollen darin gemeinsam an der Entwicklung smarter und nachhaltiger Regionen arbeiten, außerdem sollen sie ein Pilotprojekt für eine European University entwickeln. Anregungen dazu liefern bei der EUDRES-Eröffnungskonferenz am gestrigen Montag und heute, Dienstag, Vortragende wie der portugiesische Wissenschaftsminister Manuel Heitor.

Startschuss war bereits im Herbst 2020

Start des auf drei Jahre angelegten Projekts war im Herbst 2020. Die Zusammenarbeit mit den anderen ebenfalls kleinen und stark regional verankerten Hochschulen aus Belgien, Lettland, Portugal, Rumänien und Ungarn schlage sich allerdings schon jetzt im Alltag der FH St. Pölten nieder, betont Hannes Raffaseder, Projektleiter & Chief Research and Innovation Officer der Fachhochschule: In "I-Living Labs" arbeiten Studentinnen und Studenten aus sechs Ländern ein Semester lang miteinander zu gesellschaftlichen Fragestellungen. Auch gemeinsam konzipierte Lehrveranstaltungen (Joint Modules) stehen in diesem Semester und im nächsten Wintersemester bereits zur Wahl, wenn auch noch lange nicht flächendeckend.

Die Verbesserung der Lehre ist generell einer der Schwerpunkte von EUDRES. Hier gibt es laut Raffaseder eine intensive Zusammenarbeit zu neuen didaktischen Konzepten, die weit über das hinausgehe, was im Rahmen der bisherigen Austauschprogrammen für Studierende und Mitarbeiter passiert sei.

Ziel: Europäische Universität mit European Degree als Abschluss

Mittel- bis längerfristig soll EUDRES tatsächlich zu einer Europäischen Universität werden, bei der die Institutionen zwar eigenständig bleiben, aber zu einem gemeinsamen Campus mit mehreren über Europa verteilten Standorten zusammenwachsen. Studenten sollen sich dann an einer Hochschule einschreiben und an allen an der Allianz beteiligten Institutionen studieren können, als Abschluss soll es ein European Degree geben. Derzeit wird all das allerdings noch durch die unterschiedlichen nationalen Gesetze verhindert, mehr als ein Vermerk im an das Abschlusszeugnis angehängten Diploma Supplement ist vorerst nicht möglich. "Das ist ein Prozess, der Jahre in Anspruch nehmen wird - wenn er überhaupt gelingt", sagt Raffaseder.

Eine der Aufgaben von EUDRES ist es, ein Pilotprojekt für eine solche Europäische Universität zu entwickeln - "und zwar für eine, die zukunftsweisend agiert". Die europäischen Hochschulen hätten oft eine lange Geschichte, in den vergangenen 20 Jahren seien allerdings mit Wissenstransfer, Innovation und gesellschaftlichem Engagement zusätzliche Dimensionen hinzugekommen, die international schon deutlich mehr gelebt würden als an europäischen und auch österreichischen Hochschulen. Das Ziel sei, weit wegzukommen vom Bild der Universität als akademischer Elfenbeinturm.

Das spiegelt sich auch in den drei Themenfeldern im Bereich Forschung, die die EUDRES-Allianz sich vorgenommen hat: Kreislaufwirtschaft, Wohlbefinden, humane Nutzung künstlicher Intelligenz. Dazu wurden institutsübergreifende Forschergruppen eingerichtet, die etwa auch gemeinsam europäische Forschungsanträge stellen können. Dieses Bündeln der Kräfte ist überhaupt eine der Stärken der European University, schildert Raffaseder. "Gemeinsam haben wir mehr Personal und somit mehr Expertise, mehr Infrastruktur und eine bessere Positionierung und damit mehr Möglichkeiten in Richtung Wirtschaft und andere Forschungsinstitutionen."

Inhaltlich will EUDRES zum "Treiber für intelligente und nachhaltige europäische Regionen" werden. Immerhin lebe der Großteil der Europäer in kleinen oder mittelgroßen Städten und deren Umland. Dort soll die hohe Lebensqualität erhalten bleiben, gleichzeitig sollen in den regional verankerten KMUs zukunftsweisende und nachhaltige Arbeitsplätze entstehen.

Stärkung des Hochschulen-Netzwerkes

Dafür sollen sich die Hochschulen untereinander und vor allem noch stärker als bisher mit regionalen Netzwerken austauschen. Das geschehe zwar schon jetzt, "aber wenn wir ehrlich sind, reden wir hier noch stark aneinander vorbei". Die Kluft zwischen dem, was die Hochschulen beforschen, und dem Bedarf der lokalen Wirtschaft sei teilweise noch groß. Während sich etwa die Wissenschafter mit Blockchain und Künstlicher Intelligenz beschäftigen, habe ein großer Teil der KMUs noch nicht einmal einen Webauftritt, der halbwegs dem aktuellen State of the Art entspricht. Hier müsse in Europa die Geschwindigkeit, mit der Innovationen von den Hochschulen in die Märkte oder in die Gesellschaft gebracht werden, noch deutlich gesteigert werden, sagt Raffaseder.

Neben der FH St. Pölten sind auch die FH Vorarlberg, die FH Management Center Innsbruck, die Universitäten Graz und Innsbruck, die Montanuni Leoben sowie die Wirtschaftuni und die Universität für Bodenkultur Teil einer European University.

Service: Konferenzprogramm unter http://go.apa.at/05JGgKzD, Überblick zu allen European Universities mit österreichischer Beteiligung unter http://go.apa.at/sdhBiyPL

(APA/red, Foto: APA/FH St. Pölten/Foto Kraus)

tutor18

Studium.at Logo

© 2010-2021  Hörsaal Advertainment GmbH

Kontakt - Werbung & Mediadaten - Datenschutz - Impressum

Studium.at versichert, sämtliche Inhalte nach bestem Wissen und Gewissen recherchiert und aufbereitet zu haben.
Für etwaige Fehlinformationen übernimmt Studium.at jedenfalls keine Haftung.