Epigenetik-Analyse für bessere Glioblastom-Klassifizierung

27. August 2018 - 17:05

Epigenetische Merkmale könnten in Zukunft die Basis für eine verbesserte Klassifizierung der hoch gefährlichen Glioblastome darstellen. Eine "Methylierungs-Landkarte" durch Analyse von rund 200 Gewebeproben von Patienten hat jetzt ein internationales Wissenschafterteam mit überwiegend österreichischer Beteiligung erstellt und in "Nature Medicine" publiziert.

Damit lassen sich klinisch relevante Tumoreigenschaften vorhersagen
Damit lassen sich klinisch relevante Tumoreigenschaften vorhersagen

"Glioblastome sind Hirntumore mit verheerender Prognose. Selbst unter bester medizinischer Versorgung liegt die mediane Überlebenszeit (die Hälfte darüber, die Hälfte darunter; Anm.) nur bei etwas mehr als einem Jahr. Nur sehr wenige Patienten leben länger als drei Jahre. Trotz intensiver Bemühungen gab es in den vergangenen zehn Jahren nur wenig Fortschritt in der Therapie. Eine ganze Reihe von Studien der Phase III (Wirksamkeit; Anm.) mit zielgerichteten Medikamenten haben dabei versagt, das Gesamtüberleben zu verbessern", schrieben die Wissenschafter.

Hirntumorregister als Basis

Die neue Arbeit basiert auf dem Österreichischen Hirntumorregister, das von Adelheid Wöhrer vom Institut für Neurologie der MedUni Wien (AKH) in Kooperation mit zahlreichen österreichischen Krankenhäusern aufgebaut worden ist. Eine der beiden Erstautorinnen der Arbeit ist Johanna Klughammer vom Forschungszentrum für Molekulare Medizin (CeMM) in Wien.

Bei vielen onkologischen Erkrankungen zeigt schon die Genetik der Tumorzellen selbst eine große Variabilität. Doch hinzu kommt noch die Epigenetik. Das sind Faktoren, welche die Ablesbarkeit der DNA verändern, indem sie diese erleichtern oder erschweren. "In der Studie wurde das sogenannte Methylierungsmuster von Tumorgewebe von rund 200 Patienten untersucht", sagte Glioblastom-Spezialist Matthias Preusser von der Klinischen Abteilung für Onkologie der Wiener Universitätsklinik (MedUni Wien/AKH). Methylierung bedeutet, das chemische Anhängen von Methylgruppen an DNA-Teile. "Eine solche Methylierung führt üblicherweise zum Stilllegen der Ablesung des betroffenen DNA-Abschnitts", fügte Preusser hinzu, einer der in "Nature Medicine" angeführten Co-Autoren der Studie.

Sehr unterschiedliche Ergebnisse

Die Resultate der Untersuchungen waren sehr unterschiedlich. Beim Vergleich von primärem Tumormaterial und von Gewebe aus nach der Ersttherapie wieder aufgetauchten Glioblastomen zeigten sich nur subtile Unterschiede im Methylierungsmuster. Man hätte hingegen eventuell annehmen können, dass sich diese Methylierung im Lauf der Erkrankung verändert. Doch das dürfte kaum der Fall sein.

Auf der anderen Seite zeigte sich, dass die Methylierung der Tumor-DNA offenbar einen Einfluss auf das "Mikroklima" (Microenvironment) besitzt. "Da gibt es Unterschiede bei der Art und der Zahl von Immunzellen, welche in den Tumor einwandern", sagte Preusser. Interessanterweise zeigten Tumoren, in welchen mehr "Fresszellen" (Makrophagen) gefunden wurden, eine aggressivere Verlaufsform. Immunzellen können offenbar auch das Wachstum von bösartigen Tumoren sogar antreiben. Schneller wachsende Glioblastome zeigten an bestimmten Stellen eher einen mittleren Methylierungsgrad. Langsam wachsende Tumoren wiesen eher extreme Methylierungsmuster auf.

"Es hat sich gezeigt, dass die Untersuchung von Gliobastomen auf ihr Methylierungsmuster hilfreich bei der Klassifikation der beim einzelnen Patienten vorliegenden Erkrankung sein kann", sagte Preusser. Dadurch ließen sich in Zukunft möglicherweise Therapien genauer abstimmen und damit die Wirksamkeit erhöhen.

"Die Sequenzierung der DNA-Methylierungen - als einzelner Test - kann dazu benutzt werden, um eine große Bandbreite an klinisch relevanten Tumoreigenschaften vorherzusagen", wurde dazu CeMM-Wissenschafterin Johanna Klughammer, eine der beiden Erstautorinnen der Studie, in einer Aussendung zitiert. "Damit stellt sie einen wirkungsvollen Ansatz dar, um die molekulare Heterogenität dieser Hirntumore zu charakterisieren."

Falsche Befunde bei Genanalysen

Erst Mitte März dieses Jahres hatte ein internationales Wissenschafterteam mit hauptsächlicher bzw. wesentlicher deutscher und österreichischer Beteiligung die Methylierungsmuster an rund 450 Genen von Zellproben von rund 2.800 Gehirntumorpatienten bestimmt. "Es hat sich im Rahmen der Analyse herausgestellt, dass im Vergleich zu den histologischen Untersuchungen (durch die Pathologen unter dem Mikroskop; Anm.) die Befunde in rund zwölf Prozent der Fälle falsch war oder überhaupt eine andere Tumorform gegeben war", sagte Preusser als Co-Autor der Studie damals.

Im Internet (www.nolecularneuropathology.org) wurde von Heidelberger Experten auf der Basis dieser Arbeit eine Plattform geschaffen, in welche die Methylierungsdaten aus Untersuchungen von Gewebematerial von Gehirntumoren eingegeben werden können. Zurück kommt dann ein Befund über die Klassifikation. Das System ist selbstlernend und soll als Service zur Verfügung stehen.

(APA/red, Foto: APA/APA (AFP))

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