Dürre-Folgen bringen Bäume auf vielfältige Weise in Bedrängnis

16. August 2022 - 14:59

Die aktuell massive Trockenheit wird sich laut der Einschätzung von Experten des Bundesforschungszentrums für Wald (BFW) Bäume vor allem in näherer Zukunft schädigen. Die Bedrohungen für die heimischen Wälder sind unter den veränderten Bedingungen jedenfalls vielfältig. Erste Konsequenzen werden voraussichtlich im kommenden Frühjahr stärker sichtbar, so ein BFW-Forscher zur APA. Forstwirte müssten künftig mehr auf Artenreichtum setzen.

Die heimischen Wälder stehen unter Druck
Die heimischen Wälder stehen unter Druck

Zum wiederholten Mal war die erste Jahreshälfte auch heuer wieder sehr warm und trocken. Im Mittel wurden hierzulande Temperaturen gemessen, die rund 1,8 Grad Celsius über dem Mittelwert der Jahre 1981 bis 2010 lagen, heißt es am Dienstag in einer Aussendung des BFW. Dazu kommt im Österreich-Schnitt eine ungefähr 30 Prozent geringere Regenmenge als im langjährigen Mittel.

Am ausgeprägtesten zeigte sich die Trockenheit rund um Wien, im Bregenzerwald oder im Innviertel. Dort lagen die Niederschlagsdefizite 2022 laut der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) bisher bei einem Minus von 50 bis 70 Prozent wie die ZAMG berichtet. Vor allem im Juli waren auch der Nordosten, Osten und Süden Österreichs sowie das westliche Oberösterreich, der Salzburger Flachgau und Teile Vorarlbergs besonders trocken.

Bereits jetzt rieselt viel Laub

Wer momentan durch viele heimsche Wälder streift, kann beobachten wie bereits relativ viel Laub den Boden bedeckt. Das sei "noch eine Reaktion auf die zunehmende Trockenheit und hohe Temperaturen" und nicht etwa schon ein Anzeichen für eine Klimawandel-bedingte Verschiebung der Vegetationsphasen, betonte Bernhard Perny vom BFW. Die teils herbstliche Anmutung sei in erster Linie eine Reaktion auf den Wassermangel. Der äußert sich zuerst darin, dass die Bäume die Spaltöffnungen an den Blättern schließen und die Photosynthese zurückfahren.

Schon seit Juli ist bei einigen Baumarten "eine zunehmende Verfärbung des Laubes" und vermehrter Laubfall zu beobachten. Das ist vor allem bei der Buche so, obwohl sie tiefere Wurzeln als die flach wurzelnde Fichte schlägt. Der einigermaßen kuriose Effekt ist darauf zurückzuführen, dass die Fichte den aktuell fallenden Regen besser nutzen kann und der tiefer verwurzelte Laubbaum das Fehlen des tieferliegenden Wassers besonders stark zu spüren bekommt. Längerfristig leide aber natürlich die an die hohen Temperaturen nicht angepasste Fichte deutlich mehr unter der Trockenheit. Das Laubholz könne sich zudem dann in einem feuchteren Folgejahr viel besser regenerieren.

Trockenheit bedroht Leitungsbahnen der Bäume

Wenn es nicht bald ausgiebiger regnet, werde es bei einigen Nadel- und Laubbäumen weiter zu Verfärbungen und Blattverlusten kommen, zeigte sich Perny überzeugt. Hält die Dürre an, entstehen in den Leitungsbahnen des Baumes irreversible Embolien. Dann kann die Wasserversorgung oberhalb zusammenbrechen und Teile des Baumes oder der gesamte Baum absterben. Die trockenen Blätter und Nadeln haben dann auch Pilzinfektionen oder Insekten weniger entgegenzusetzen.

Bleiben die Rinden auch unter Trockenstress intakt, sind die Pflanzen auch für Borkenkäfer sehr attraktiv. Allerdings ist das Jahr für weitere, schon bald sichtbare Käferausbreitungen bereits zu fortgeschritten, "das Gros davon wird wahrscheinlich erst im Frühjahr auftreten", sagte Perny. Der Befall könne aber schon jetzt hurtig fortschreiten.

Dem etwas entgegen wirke, dass die Rindenqualität durch sich über mehrere Jahre hinweg wiederholende Trockenphasen insgesamt abnimmt. Das reduziert die Attraktivität der Bäume für Borkenkäfer. "Das ist aber eine Art Pyrrhussieg, weil natürlich der Baum selbst unter den Trockenschäden leidet." Seit dem ersten großen Trockenjahr 2003 ist klar, dass äußerlich beobachtbare Schäden oft zeitversetzt zu sehen sind: So haben etwa Nadelbäume ihre älteren Nadeln vielfach erst zwei bis drei Jahre später verloren.

Gefahr für Feinwurzeln

Unter der Erde trocknen mitunter die dünnen Feinwurzeln aus und müssen in der Folge erst wieder neu gebildet werden. "In dieser Zeit kann der Baum mit Wasser nicht so gut umgehen", so Perny. Regnet es dann wieder, droht der Baum länger im Wasser zu stehen, was Angriffe von Wurzelfäulepilzen begünstigt.

Kurzfristig können Forstwirte gegen die Dürreschäden nichts aktiv tun. Mittel -und langfristig sollte man aber auf artenreichere Mischwälder setzen und von den vielerorts immer noch präsenten Fichten-Monokulturen in tieferen Lagen wegkommen, heißt es seitens des BFW. Das sei schon länger bekannt, dementsprechend sei "auch wirklich viel" in diese Richtung verändert worden, sagte Perny: "Grundsätzlich sind wir am richtigen Weg." Das Motto müsse lauten: "mischen, mischen, mischen." Da und dort werde aber immer noch nicht ideal beraten, was den Baum-Mix betrifft. Hier bieten die Wissenschafter unter www.herkunftsberatung.at online Unterstützung an.

Service: https://bfw.ac.at/hkd/herkauswahl.einstieg

(APA/red, Foto: APA/APA/HERBERT PFARRHOFER/HERBERT PFARRHOFER)

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