Am Freitag (31. Mai) hat das Wiener Biotech-Unternehmen Valneva berichtet, dass das entscheidende Expertengremium die EU-Zulassung seines Chikungunya-Impfstoffs empfohlen hat. Am selben Tag gab es noch eine positive Nachricht. In "Lancet Infectious Diseases" sind Resultate aus klinischen Studien für den von Valneva mit Pfizer entwickelten Borreliose-Impfstoff erschienen. Drei Teilimpfungen könnten vor der Erkrankung schützen.
"VLA15 (Kandidatvakzine; Anm.) war sicher, wurde gut vertragen und hat eine robuste Antikörperantwort gegen alle sechs OspA-Serotypen (Borreliose-Varianten; Anm.) hervorgerufen. Diese Resultate stützen die weitere klinische Entwicklung von VLA15 in einer jeweiligen Dosierung von 180 Mikrogramm (Dosis des Antigens in der Vakzine; Anm.) und einem Impfschema 0-2-6 Monate (Tag eins, nach zwei Monaten und nach einem halben Jahr; Anm.), was die beste Immunantwort bringt", schrieben Nicole Bezay und ihre Co-Autoren in "Lancet Infectious Diseases".
Das österreichisch-französische Biotechunternehmen hat sich von Anbeginn auf die Entwicklung von Vakzinen spezialisiert. Der erste Impfstoff war einer gegen die Japan-Enzephalitis, es folgte als Produkt ein Cholera-Impfstoff, in den USA wurde im Herbst 2023 die von Valneva stammende weltweit erste Chikungunya-Vakzine zugelassen. Letzeres wird jetzt wohl auch in der EU nach Empfehlung der EU-Arzneimittelbehörde EMA erfolgen.
VLA15 von Valneva in Kooperation von Pfizer ist derzeit der weltweit einzige Borreliose-Impfstoff in klinischer Entwicklung. Es handelt sich um eine Subunit-Vakzine mit Alum-Adjuvans (Adjuvans zur Impf-Verstärkung; Anm.). Der Impfstoff soll die sechs häufigsten Typen des OspA-Oberflächenproteins von Borrelia burgdorferi sensu lato (Zecken; Anm), die in Nordamerika und in Europa vorkommen, abdecken. OspA ist eines der hauptsächlichen Proteine, die von Borrelia burgdorferi bei Infektion von Zecken produziert werden.
An den beiden Studien mit per Zufall jeweils einzelnen Dosierungsgruppen bzw. Placebo zugewiesenen Probanden nahmen insgesamt etwas mehr als 800 Probanden im Alter zwischen 18 und 65 Jahren teil. In der ersten Studie bekamen die Teilnehmer jeweils eine Vakzine-Dosis am ersten Tag, nach einem und nach zwei Monaten, in der zweiten Studie lautete das Impfschema auf eine intramuskuläre Injektion am Tag eins, nach zwei und nach sechs Monaten. Die Antigendosis betrug je nach Gruppe 90, 135 oder 180 Mikrogramm.
Gute Immunantwort
Der Impfstoff löste eine gute Immunantwort aus. Am besten war sie bei drei Teilimpfungen mit dem zweiten Impfschema. Auch die Verträglichkeit war gut. Mittlerweile führt Pfizer VLA15 eine Zulassungsstudie der Phase III (Wirksamkeit und Verträglichkeit) mit rund 6.000 Probanden (inklusive Placebo-Gruppe) in sechs Staaten durch. Jetzt geht es darum zu beweisen, dass die Vakzine - abseits der immunologischen Resultate aus der Phase II - in der Realität Menschen vor der Erkrankung schützt. Bis diese Ergebnisse vorliegen, wird es noch einige Zeit dauern. Das hat Pfizer bereits im August 2022 mitgeteilt.
Der Markt für effektive Borreliose-Vakzine ist groß: In den USA erkranken jährlich rund 476.000 Personen an einer solchen Infektion. In Europa geht man von jährlich 130.000 Patienten aus. Es gibt zwei Erkrankungsgipfel - abhängig von der Zeit, welche Personen in der freien Natur verbringen: das Kindesalter und ältere Menschen. Eine Borreliose-Vakzine gab es bereits in den USA. Sie wurde allerdings 2002 wieder vom Markt genommen.
An der Entwicklung gut verträglicher und wirksamer Borreliose-Impfstoffe haben sich Generationen von Wissenschaftern buchstäblich die Zähne ausgebissen. Während der österreichische Virologie-Doyen Christian Kunz ehemals den fast hundertprozentig wirksamen FSME-Impfstoff gegen die von Zecken übertragene Virusinfektion entwickeln konnte, gestaltete sich das bei der Borreliose als bakterielle Erkrankung wesentlich schwieriger. Die ehemalige Wiener Immuno AG scheiterte damit nach ersten viel versprechenden Ergebnissen in der Weiterentwicklung nach der Phase I klinischer Untersuchungen.
Bei der neuen Vakzine werden eigentlich die Zecken geimpft. Die durch die Impfung hervorgerufene Antikörperantwort gegen OspA ist im Grunde eine Impfung der Zecken via Antikörper. Wird nämlich OspA blockiert, könnten die Borrelien die Zecken während des Stiches nicht verlassen und somit die Betroffenen infizieren.
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