Digitalisierung und KI verändern das Gesundheitswesen

12. Oktober 2018 - 14:23

Das Herz ist ein komplexes Organ. Keine zwei Herzen sind genau gleich. Sie unterscheiden sich in der Größe, in der Form der Gefäße. Eine hochpräzise Magnetresonanztomografie ist somit von unterschiedlichen Parametern abhängig. Ärzte können sich dabei immer mehr auf die Unterstützung künstlicher Intelligenz (KI) verlassen, die die Maschine auf Basis einstudierter Situationen und Erfahrungen automatisch an jeden Patienten anpasst.

Künstliche Intelligenz verbessert die Computertomografie
Künstliche Intelligenz verbessert die Computertomografie

"Wir glauben, dass Algorithmen der KI in der Bildgebung, aber auch im Gesamtkontext der Labormedizin immer wichtiger werden", betonte Bernd Ohnesorge, Leiter der Region Europa, Mittlerer Osten und Afrika von Siemens Healthineers, im Gespräch mit APA-Science. Die Zentrale der Zone Zentralosteuropa und Türkei befindet sich in Wien, wo in Zusammenarbeit mit dem Allgemeinen Krankenhaus (AKH) und der Medizinischen Universität Wien Forschung zu radiologischen Bildgebungsverfahren wie Magnetresonanz (MR) und Computertomographie (CT) betrieben wird. Neueste Innovationen werden hier direkt im klinischen Alltag getestet und weiterentwickelt.

Die Medizinbranche befindet sich im Umbruch. Die Bevölkerung wächst und wird gleichzeitig immer älter. Die Anzahl der Patienten steigt schneller als die Kapazitäten wachsen, besonders im Bereich der radiologischen Bildgebung, erklärte Jörg Aumüller, Global Product Manager Artificial Intelligence von Healthineers, anlässlich der Eröffnung der neuen Healthineers Unternehmenszentrale im Headquarter in Erlangen (Deutschland). Dieser demografische Wandel stellt die Medizinbranche vor neue Herausforderungen, die durch den Einsatz von Digitalisierungsstrategien - wie eben der KI - bewältigt werden sollen. "Wir glauben, dass man hier die Effektivität im Gesundheitswesen massiv steigern kann", so Andre Heinz, Head of Human Resources bei Siemens Healthineers. Durch Digitalisierung könne die Medizinbranche personalisierter, transparenter werden. Die Dokumentenlast würde erleichtert, der einzelne Patient mehr im Mittelpunkt stehen.

Das schnellste CT der Welt

Von der Produktion von Röntgenröhren - den Anfängen von Healthineers am Ende des 19. Jahrhunderts - hat man sich mittlerweile weiterentwickelt. Am AKH, das sich zu einem Referenzzentrum der radiologischen Bildgebung für Europa entwickelt hat, wird modernste Medizintechnik betrieben. "Wir verwenden am AKH den schnellsten Computertomografen der Welt", gab Ohnesorge ein Beispiel. Das Gerät sei in Sachen Geschwindigkeit, von schnellen Scans bis zu kurzen Belichtungszeiten und dementsprechend geringer Strahlungsexposition, der Spitzenreiter der CT-Technik.

"Am AKH nutzen wir KI in unseren Geräten", sagte Ohnesorge. Bei einer Computertomografie werde beispielsweise der Patient durch eine Kamera automatisch erfasst und korrekt im Gerät positioniert, so dass eine Untersuchung in bester Qualität mit minimaler Strahlenexposition stattfinden kann. "Das sind modellbasierte Verfahren auf Basis vieler Hunderter Patientendaten. Bei Einsatz der KI in der Medizintechnik geht es darum, dass Algorithmen aus einer Vielzahl von Daten, die über das Bild- oder Laborergebnis hinausgehen und sowohl den Patientenkontext als auch den Kontext früherer ärztlicher Entscheidungen miteinbeziehen, Befund- und Diagnosevorschläge machen können."

Das Berufsbild des Radiologen würde sich dementsprechend ändern, gab Thomas Friese, General Manager für Datenarchitektur und digitale Plattformen, zu verstehen. Durch den Einsatz von KI für einfache Vorgänge würden ihre Kapazitäten frei für die komplexeren Fälle. Die künstliche Intelligenz würde somit als Assistenz eingesetzt. "Wir halten es für unwahrscheinlich, dass Radiologen ganz ersetzt werden."

Digitalisierte Gesundheit

Nicht nur in Wien, auch an einem zweiten österreichischen Healthineers-Standort in Innsbruck habe Österreich eine europäische Vorreiterrolle inne. Am ITH icoserve, einem Tochterunternehmen von Siemens Healthineers und Tirol Kliniken, werden Software-Lösungen und Dienstleistungen im Gesundheitswesen bereitgestellt - zum Beispiel zur Datenintegration für die elektronische Gesundheitsakte ELGA in der Mehrzahl der Bundesländer. "Bei der Einführung einer elektronischen Gesundheitsakte ist Österreich führend in Europa", so Ohnesorge. "Es ist ein Thema, aus Daten Informationen und Wissen für Entscheidungen abzuleiten, und das andere Thema ist es, die Infrastruktur dafür zu schaffen. Diese Daten müssen ja auch digitalisiert und vernünftig archiviert zur Verfügung stehen."

Digitalisierung sei schließlich nicht nur für die Medizintechnik, sondern auch für die Anwendung in einem digitalisierten Gesundheitssystem extrem wichtig. "Die Daten, die von einem Patienten erhoben werden, sind in einer elektronischen Akte zugänglich, damit wiederholte Untersuchungen vermieden werden", betonte Ohnesorge. "Wenn der Patient von einem Krankenhaus in ein anderes geht und man dort auf ein Röntgenbild aus dem vorherigen Krankenhaus zugreifen kann, ist das einfach im Sinne aller. Diese Digitallösung hat sich in Österreich sehr gut etabliert und kann für die gleichen Herausforderungen in anderen Ländern zum Einsatz kommen." So gebe es bereits ein Abkommen mit der Schweiz und Überlegungen zur Einführung in Norddeutschland.

Durch die Integration und Vernetzung von immer mehr Datensätzen, neben Laborergebnissen also auch Lebensumfeld und die medizinische Vorgeschichte von Verwandten, könne man einen "holistischen Datensatz" generieren. So könne es in Zukunft möglich sein, mit Hilfe prädiktiver Modelle Verhaltensänderungen beim Patienten herbeizuführen, noch bevor Probleme überhaupt entstünden, so Friese.

Über Siemens Healthineers

Unter dem Namen Siemens Healthineers, zusammengesetzt aus "healthcare" (Gesundheit), "pioneer" (Pionier) und "engineer" (Ingenieur), sind die medizintechnischen Unternehmungen der Siemens AG zusammengefasst. Mit rund 48.000 Mitarbeitern in über 70 Ländern ist Siemens Healthineers Weltmarktführer in den Bereichen der Magnetresonanz- sowie Computertomografie. Von der Bildgebung bis zur Labordiagnostik ist die Siemens-Tochter in sämtlichen Bereichen des Gesundheitswesens tätig. Der Börsengang im März diesen Jahres war einer der größten Börsengänge in Deutschland der vergangenen 20 Jahre.

Von Anna Riedler

(Die Redakteurin war auf Einladung von Siemens Healthineers bei der Eröffnung der neuen Unternehmenszentrale in Erlangen.)

(APA/red, Foto: APA/Siemens AG Pressebilder/www.siemens.com/presse)

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