Deutschklassen: Kritik auch aus Tirol und von Städten

11. April 2018 - 11:57

Kritik am Begutachtungsentwurf zur Einführung von Deutschförderklassen kommt nach Wien unter anderem auch aus Tirol und vom Städtebund. Der Tiroler Landesschulrat bemängelt in seiner Stellungnahme sowohl die Segregation der Schüler sowie die Einschränkung der Schulautonomie, der Städtebund befürchtet Raumprobleme durch die zusätzlichen Klassen. Die Begutachtung endet am 12. April.

Bedenken wegen Trennung vom Fachunterricht
Bedenken wegen Trennung vom Fachunterricht

Mit den Deutschförderklassen werden die bisherigen Sprachfördermaßnahmen (maximal elf Wochenstunden) ausgeweitet: Schüler, die nicht ausreichend Deutsch sprechen, müssen ab kommendem Schuljahr verpflichtend 15 (Volksschule) bzw. 20 (Neue Mittelschule/AHS-Unterstufe) Wochenstunden eine Deutschförderklasse besuchen. Diese sogenannten außerordentlichen Schüler werden in diesen Stunden nach eigenem Lehrplan Deutsch unterrichtet, für Gegenstände wie Zeichnen, Musik oder Turnen werden sie altersgemäß anderen Klassen zugeteilt. Eingerichtet werden Deutschförderklassen ab sechs außerordentlichen Schülern pro Schulstandort.

Ein Wechsel in die regulären Klassen ist nach jedem Semester bei entsprechenden Sprachkenntnissen möglich. Werden die erforderlichen Sprachkenntnisse in der Deutschförderklasse während des Wintersemesters erlangt, kann im darauffolgenden Sommersemester der Unterricht in der betreffenden Klasse (mit Deutschförderkurs) besucht werden. Ansonsten muss im Regelfall die Schulstufe wiederholt werden.

"Stark segregierend"

"Die im Bundesgesetz vorgesehenen Deutschförderklassen bzw. Deutschförderkurse sind stark segregierend und schließen Schülerinnen und Schüler in weiten Teilen von der Teilnahme am Fachunterricht aus", leitet der Tiroler Landesschulrat seine Stellungnahme ein. Zahlreiche wissenschaftliche Untersuchungen würden zeigen, dass "eine ausschließlich additive Förderung bzw. eine Trennung von Sprachenlernen und Fachlernen den Spracherwerb erschweren".

Außerdem widerspreche der Entwurf dem gerade erfolgten Ausbau der Schulautonomie: "Durch die stringente Vorgabe und die verpflichtende Einführung der Deutschförderklassen bzw. -kurse ist der im Schulautonomiepaket festgeschriebene 'Gestaltungsspielraum in der Unterrichtsorganisation'..., für den einzelnen Standort nicht mehr möglich."

Städtebund: Schulen sollen selbst entscheiden

Auch der Städtebund stellt sich auf den Standpunkt, dass "im Sinne der Schulautonomie jede Schule selbst entscheiden sollte, welcher Förderbedarf besteht und welche Unterstützung für die SchülerInnen am sinnvollsten erscheint". Zweifel meldet er an der Einschätzung des Bildungsministeriums an, dass für die Einrichtung der Klassen kein zusätzlicher Raumbedarf nötig ist, der die Schulerhalter (im Pflichtschulbereich vielfach die Städte, Anm.) finanziell belasten könne.

Diese Einschätzung beruhe darauf, dass jene Räume, die bisher für die Deutschförderung verwendet wurden, auch gleichermaßen für die Deutschförderklassen und -gruppen benutzt werden. Allerdings würden die Gruppen nach den Plänen der Regierung künftig größer. "So ist zu befürchten, dass die Raumgröße oftmals nicht ausreicht, d.h. dass nicht alle Räume, die bisher für Sprachförderung herangezogen wurden, wie Werkraum, GTS (Ganztagsschulraum, Anm.), Arztzimmer, etc., künftig für 'volle' Deutschförderklassen á 25 Kinder verwendet werden können." Dazu komme, dass diese meist nicht für Unterrichtszwecke ausgestattet seien, also etwa über keine Tafel verfügten.

NÖ mit finanziellen Bedenken

Weniger inhaltliche als finanzielle Bedenken hat das Land Niederösterreich: "Durch die Einführung von Deutschförderklassen ist mit einem massiven Personalmehraufwand für das Land Niederösterreich zu rechnen, dessen Kosten in der Folge dem Land NÖ nicht ersetzt werden", heißt es in der Stellungnahme der Landesregierung. Man erwarte sich eine Abgeltung dieser Mehrkosten durch den Bund.

Ebenfalls auf die Schulautonomie pocht der Verein der Direktorinnen und Direktoren der AHS in Wien. "Eine autonome Schule weiß am besten, in welcher Form die Deutschförderung für ihre SchülerInnen organisiert werden soll", heißt es in der Stellungnahme. Das könne integrativ, teilweise integrativ oder in Form einer Deutschförderklasse sein. So seien etwa bei mehreren Parallelklassen auch mehr als sechs außerordentliche Schüler in einem Jahrgang integrativ beschulbar.

(APA/red, Foto: APA/APA (dpa))

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