Corona - Uni Graz entwickelte aus Bakterienmembran Impfstoffplattform

14. Oktober 2021 - 16:23

Wissenschafter an der Universität Graz haben einen Impfstoffkandidaten gegen den Covid-19-Erreger entwickelt, der auch als Nasenspray verabreicht werden kann. Als Trägermaterial für das intranasale Vakzin dienen Teile von Bakterienhüllen. Der Vakzin-Kandidat sei günstig in der Produktion, bei Raumtemperatur haltbar und ohne ausgebildetes Personal zu verabreichen, schilderte Stefan Schild vom Institut für Molekulare Biowissenschaften an der Universität Graz gegenüber der APA.

Himadri Thapa, Stefan Schild und Anna Müller legen Grundlage für Nasenspray
Himadri Thapa, Stefan Schild und Anna Müller legen Grundlage für Nasenspray

Gramnegative Bakterien sind für eine Reihe von Infektionen bei Tieren und Menschen verantwortlich. Die Krankheitserreger wie etwa Cholera- oder Kolibakterien produzieren an ihrer äußeren Membran jedoch auch kleine Ausstülpungen (Vesikel), die sie abschnüren und abstoßen können, wie Schild erklärte. Er erforscht seit mehr als einem Jahrzehnt die Biologie, Physiologie und Wirtskolonisierung dieser lange nicht beachteten Membranvesikel.

"Im Grund sind diese Vesikel nicht lebende Kopien der Bakterien: Ihre Oberfläche entspricht der Oberfläche der Außenhaut der lebenden Bakterien exakt", schilderte Schild sein Forschungsinteresse. Diesen Umstand machten sich die Grazer Forscher für die Entwicklung von Impfstoffen bereits zunutze: Stellt man aus Cholera-Vesikel einen Impfstoff her, kann das menschliche Immunsystem mit dem Abbild der Cholerabakterien-Außenmembran konfrontiert werden und Antikörper bilden. Nun kamen die Forscher aber auch auf die Idee, die abgeschnürten Außenmembranen als Trägermaterial für die Rezeptorbindungsdomäne des SARS-CoV-2-Spike-Proteins zu nutzen.

In enger Zusammenarbeit mit Kollegen der Tufts University (Massachusetts) gelang es den Forschern Cholerabakterien (Vibrio cholerae) und Kolibakterien genetisch so zu verändern, dass sie erhöhte Mengen an entgifteten Außenmembranvesikeln produzieren. Diese wurden dann mit den Informationen über das charakteristische Spike-Protein des Covid-Erregers beladen bzw. "dekoriert", wie es Schild bezeichnete. "Der Impfstoff-Kandidat ist sehr stabil, er kommt ohne Kühlkette aus und wir können ihn spritzen, oral verabreichen oder eben auch als Nasenspray einsetzen", fasste Schild zusammen.

Robuste Immunantwort

Im Mausmodell rief die intranasale Immunisierung durch dieses Komponenten-Vakzin nicht nur eine robuste Immunantwort gegen die bakteriellen Bestandteile der äußeren Membran der Bakterien hervor, sondern auch nachweisbare Antikörpertiter gegen das Spike-Protein. "Die Immunantwort in Mäusen war durchaus ordentlich - das ist aber noch kein Beweis, dass es auch am Menschen funktioniert", betonte Schild. Ihre Ergebnisse haben die Forscher in der jüngsten Ausgabe des Fachjournals "Frontiers in Microbiology" publiziert. In Summe habe sich der Impfstoffkandidat ähnlich wirksam gezeigt wie bereits zugelassenen Vakzine.

Die aktuelle Pandemie-Welle wird der Impfstoffkandidat nicht mehr brechen. Schild sah dennoch großes Potenzial für die neue Technologie. Er schätzt vor allem die einfache Produktion und Verteilung als großes Plus ein: "In Afrika sind erst drei Prozent der Bevölkerung immunisiert, und die derzeit verfügbaren Impfstoffe werden sicher nicht ausreichen, um die Pandemie dauerhaft unter Kontrolle zu bringen". Darüber hinaus könne aber das Trägermaterial für eine ganze Reihe weiterer Infektionskrankheiten adaptiert werden. "Wir haben die Plattformtechnologie entwickelt und wissen, wie wir bestimmte Strukturen, die Proteine, auf die Membranstücke bringen. Das Werkzeug ist entwickelt und wir haben im Proof-of principle gezeigt, dass es funktioniert. Jetzt suchen wir entsprechend starke Industriepartner", schloss Schild.

Service: H. Bahadur Thapa, A.M. Müller, A. Camilli, Stefan Schild: "An intranasal vaccine based on outer membrane vesicles against SARS-CoV-2", Frontiers in Microbiology, https://www.frontiersin.org/articles/10.3389/fmicb.2021.752739/abstract

(APA/red, Foto: APA/Uni Graz)

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