COP27 - Klimakonferenz für Wissenschafter Steurer Teil des Problems

7. November 2022 - 8:23

Alle Augen sind im Kampf gegen die menschengemachte Klimakrise seit Sonntag auf den ägyptischen Badeort Sharm el-Sheikh gerichtet. Die 27. Ausgabe der Weltklimakonferenz COP findet diesmal dort statt. Die Staatengemeinschaft versucht, etwa Auswirkungen des Klimawandels zu lindern und den Ausstoß von schädlichen Treibhausgasen zu minimieren. Reinhard Steurer, Professor für Klimapolitik an der Wiener Universität für Bodenkultur, reiht sich aber in eine Reihe von Kritikern ein.

Nach wie vor stellen "fossile Interessen die größte Delegation bei Klimakonferenzen", kritisiert Steurer
Nach wie vor stellen "fossile Interessen die größte Delegation bei Klimakonferenzen", kritisiert Steurer

Im Interview mit der APA erklärt Steurer, warum die Veranstaltung für ihn Teil des Problems ist. "Das primäre Ziel ist es, unseren fossilen Status quo möglichst schonend umzubauen, egal was das für das Weltklima und unsere Zukunft bedeutet", so Steurer. Und auch mit Österreich selbst geht er hart ins Gericht: "Österreich ist nach wie vor gut im Scheinklimaschutz und schlecht darin, Emissionen angemessen zu reduzieren." Die Klimaziele bis 2030 würden deutlich verfehlt werden.

APA: Sie haben sich im Vorfeld der Weltklimakonferenz sehr kritisch zur Veranstaltung geäußert. Sie sagen, die Konferenz ist Teil des Problems und nicht der Lösung. Warum genau?

Reinhard Steurer: So wie seit Jahrzehnten wird auch die kommende Klimakonferenz in erster Linie mehr leere Versprechungen bringen. Weil keine weitreichenden, aber dringend nötigen Entscheidungen zur Reduktion von Treibhausgasen möglich sein werden, wird auch die COP27 also eher Teil des Problems als Teil der Lösung sein. Das wird sich erst dann ändern, wenn Regierungen entweder Druck von einer Mehrheit der Bevölkerung oder durch ernsthafte Klimaschutz-Auflagen beim Handel bekommen. Bis dahin werden wir so tun, als würden Klimakonferenzen etwas bringen, während Emissionen nach wie vor weltweit steigen statt zu sinken.

APA: Wie lautet ihre Einschätzung dazu, dass Coca Cola Sponsor der Konferenz ist und eine für Greenwashing kritisierte PR-Firma der COP, auch die Initiative "Oil and Gas Climate" betreut?

Steurer: Das bringt gut auf den Punkt, dass es bei den Klimakonferenzen nicht primär darum geht, das Weltklima zu stabilisieren. Das primäre Ziel ist es, unseren fossilen Status quo möglichst schonend umzubauen, egal was das für das Weltklima und unsere Zukunft bedeutet. Wie sonst kann man erklären, dass fossile Interessen nach wie vor die größte Delegation bei Klimakonferenzen stellen? Das ist so, wie wenn das Kali-Drogenkartell eine internationale Konferenz gegen Drogenmissbrauch dominieren würde: absurd und zugleich bezeichnend dafür, dass man es nicht wirklich ernst meint.

APA: Welche Ergebnisse erwarten Sie von der Konferenz?

Steurer: Bei der COP27 wird es vor allem um Anpassung und die Kompensation von Schäden gehen. Die Vermeidung von Emissionen wird eine untergeordnete Rolle spielen und dazu erwarte ich mir auch so gut wie nichts. Angesichts global weiter steigenden Emissionen ist das eine tragische Schwerpunktsetzung, die auf ein weiteres verlorenes Jahr in der internationalen Klimapolitik hinauslaufen wird. Wenn sich diese Einschätzung als realistisch abzeichnet, sollten Delegationen mit mehr Ambition darüber nachdenken, die Konferenz vorzeitig zu verlassen. So würde es dem Veranstalter zumindest schwerer fallen, die COP als Erfolg zu verkaufen.

APA: In Österreich fehlt seit über 670 Tagen ein Klimaschutzgesetz. Wie glaubwürdig kann Österreich damit auf der COP auftreten?

Steurer: Die Klimapolitik Österreichs ist in den letzten Jahren zwar besser als das, was wir davor hatten, aber sie bleibt weit hinter den eigenen Zielsetzungen zurück. Obwohl sich schon jetzt abzeichnet, dass Österreich sein Klimaziel für 2030 gravierend verfehlen wird, findet mangels Klimaschutzgesetz keine Kurskorrektur statt. Somit ist klar: Österreich ist nach wie vor gut im Scheinklimaschutz und schlecht darin, Emissionen angemessen zu reduzieren. Zum Scheinklimaschutz gehört auch so zu tun, als wäre man auf einem guten Weg, während man die eigenen Ziele verfehlen wird. In diesem Sinne bin ich mir sicher, dass die österreichische Delegation den österreichischen Scheinklimaschutz bei der COP gut verkaufen wird, ohne dass der Schwindel auffällt.

(Das Interview führte Sandra Walder/APA)

(APA/red, Foto: APA/APA/Gindl/BARBARA GINDL)

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