Bifie wird zu IQS: Bildungsforschungsinstitut dockt am Ministerium an

29. Juni 2020 - 6:05

2008 wurde das Bundesinstitut für Bildungsforschung, Innovation & Entwicklung des österreichischen Schulwesens (Bifie) als eigenständige Einrichtung geschaffen. Ab 1. Juli wird es als "Institut des Bundes für Qualitätssicherung im österreichischen Bildungswesen" (IQS) wieder zur nachgeordneten Dienststelle des Bildungsressorts. Die Bifie-Geschichte war von Pannen und Polit-Streitereien geprägt.

Besonders holprig lief der Betrieb 2014
Besonders holprig lief der Betrieb 2014

Das Bifie ist derzeit unter anderem für internationale Studien wie PISA sowie nationale Erhebungen wie die Bildungsstandards zuständig und erstellt die nationalen Bildungsberichte. Ursprünglich verantwortete es auch die Erstellung und Organisation der Zentralmatura, diese Agenden wurden allerdings schon 2017 ins Bildungsministerium überführt.

Die Aufgaben des Bifie übernimmt nun mit Juli das "Institut des Bundes für die Qualitätssicherung im österreichischen Bildungswesen", das wie seine Vorgängerinstitution in Salzburg beheimatet sein soll. Die Anbindung an das Ministerium soll laut den Erläuterungen zum Gesetz nicht nur zu einer schlankeren Struktur führen, evidenzbasierte Qualitätssicherung und Schulverwaltung sollen so auch näher zusammenrücken.

Eigene Rechtspersönlichkeit ab 2008

Hervorgegangen war das Bifie ursprünglich aus dem 2005 eingerichteten Bundesinstitut für Bildungsforschung, Innovation und Entwicklung des Bildungswesen (ebenfalls Bifie). In diesem hatte die damalige Bildungsministerin Elisabeth Gehrer (ÖVP) das Zentrum für Schulversuche und Schulentwicklung (ZSE) und andere Stellen, die mit Bildungsforschung befasst waren, als nachgeordnete Dienststelle des Ministeriums zusammengeführt. Unter SPÖ-Ministerin Claudia Schmied wurde mit Jahresbeginn 2008 das Wort "Bildungswesen" durch "Schulwesen" ersetzt und das Bifie mit einer eigenen Rechtspersönlichkeit ausgestattet. Es wurden Hauptstandorte in Salzburg und Wien sowie kleinere Zweigstellen in Graz und Klagenfurt eingerichtet.

Schon bei der Bestellung der ersten Direktoren des Instituts durch Schmied kamen erste Vorwürfe der politischen Einflussnahme auf: Immerhin war "Mister PISA" Günter Haider selbst einst als SPÖ-Kandidat für das Bildungsressort gehandelt worden, sein Co-Direktor Josef Lucyshyn wurde der ÖVP zugerechnet. Beide sollten Schmied wegen ihrer pointierten Kritik an der Bildungspolitik unbequeme Partner sein. Lucyshyn wurde schließlich (laut Disziplinarbehörde zu Unrecht) fristlos entlassen, Haider nicht wiederbestellt.

Kritik durch den Rechnungshof

Wenig schmeichelhaft fiel ein Bericht des Rechnungshofs zum Bifie aus: Das Institut sei teuer, keinesfalls effizienter als seine Vorgängereinrichtung und intransparent. Von Schüler-, Eltern- und Lehrervertretern wurde dem Bifie in der Vergangenheit immer wieder mangelnde Sensibilität vorgeworfen. So mussten nach Elternprotesten bei der Ausgangs-Testung für die Bildungsstandards Fragen, die als zu intim empfunden wurden, aus den Fragebögen entfernt werden. Der Vorwurf der mangelnden Vorbereitung auf die Zentralmatura führte sogar zur Verschiebung der Einführung um ein Jahr.

Und auch von Wissenschaftern wurde öfter angemerkt, dass man um viel Geld Daten sammle, die dann unter Verschluss gehalten würden. Einem offenen Brief zufolge soll es ein Verbot gegeben haben, im Wahljahr Studien zu veröffentlichen.

Besonders holprig lief der Betrieb 2014: Zuerst führte ein angebliches Datenleck u.a. beinahe zur Absage der Teilnahme an der PISA-Studie 2015. Dann folgte eine Pannenserie bei der Generalprobe zur Zentralmatura an AHS: Ohne breite Information wurden die Notenschlüssel bei den Fremdsprachen nach oben korrigiert, in Mathematik wurden an mehreren Wiener AHS fehlerhafte Testhefte ausgeteilt und einer der ausgewählten Texte bei der Deutsch-Matura wurde von Germanisten als mögliche Pardonierung des Holocaust kritisiert. Der Wiener Stadtschulrat wiederum kündigte wegen Pannen und Mängeln wie zu spätem bzw. fehlerhaftem Druck von Testheften die Zusammenarbeit beim Wiener Lesetest.

Direktoren mussten Posten räumen

Wegen der Probleme bei der Zentralmatura-Generalprobe mussten schließlich die beiden damaligen Bifie-Direktoren Martin Netzer - mittlerweile Generalsekretär im ÖVP-geführten Bildungsministerium - und sein der SPÖ zugerechneter Ko-Direktor Christian Wiesner ihre Posten räumen. Weitere Folge war die Überführung des Wiener Bifie-Standorts, wo die Zentralmatura federführend abgewickelt wurde, samt Personal in das Bildungsministerium.

Die vergangene ÖVP-FPÖ-Koalition hat schließlich die Auflösung als eigenständiges Institut beschlossen. Oppositionsparteien und Bildungsforscher haben sich dagegen ausgesprochen, sie fürchteten um die wissenschaftliche Unabhängigkeit.

(APA/red, Foto: APA/APA (Neubauer))

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