Eine Impfung unter die Haut und ein Booster in die Nase sollen die Wirksamkeit von Covid-19-Impfungen verbessern und möglichst schon Infektionen mit SARS-CoV-2 verhindern. Auch Wissenschafter der MedUni Wien arbeiten an einem solchen Konzept. Es gibt gute Resultate aus Tiermodellen.
Die Arbeitsgruppe vom Zentrum für Pathophysiologie, Infektiologie und Immunologie (Leitung: Ursula Wiedermann-Schmidt) mit Erstautor Joshua Tobias hat das Prinzip einer verbesserten Covid-19-Impfung vor kurzem in der Fachzeitschrift "Vaccines" (https://doi.org/10.3390/vaccines12070795) inklusive ihrer eigenen Arbeiten mit einer solchen Strategie vorgestellt. "Die Entwicklung der systemischen Covid-19-Vakzine (Vakzine, die injiziert werden; Anm.) hat eine signifikante Verringerung der Schwere der Erkrankung, der Zahl der Spitalsaufnahmen und der Sterblichkeit gebracht und so zur Eindämmung der Pandemie geführt. Trotzdem konnten die Vakzine nicht die Verbreitung des Virus (SARS-CoV-2; Anm.) stoppen, weil sie nur eine beschränkte mukosale Immunität (in den Schleimhäuten; Anm.) erzeugen", schrieben die Wissenschafter.
SARS-CoV-2 wird bleiben
Doch SARS-CoV-2 wird bleiben. Impfstoffe bzw. Impfstrategien, welche die Übertragung der Viren stoppen, wären dringend notwendig. Die Wissenschafter: "Der obere Atemtrakt und der Nasenraum sind die primären Eintrittspforten, über die eine Infektion mit SARS-CoV-2 erfolgt. Deshalb wäre eine Impfung über die Schleimhaut bzw. nasal, um eine Immunreaktion in der Mukosa (Schleimhaut; Anm.) und eine weitere Übertragung des Virus zu verhindern, dringend notwendig."
Zwar hat die Covid-19-Impfung laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) in Europa bis März 2023 mehr als 1,4 Millionen Menschen (25.000 in Österreich) das Leben gerettet, doch die weiterhin hohe Transmissionsrate inklusive der Problematik des Post-Covid-Syndroms bedeuten eine anhaltende Herausforderung. Die Wiener Wissenschafter stellen deshalb den Stand und die Zukunftsaussichten für eine neue Strategie dar: Zunächst könnte eine Erstimpfung mit einem injizierbaren Impfstoff zur Auslösung einer systemischen Immunreaktion erfolgen. Das führt vor allem zur Bildung von IgG-Antikörpern, die im Blut zirkulieren und von dort zu einem gewissen Grad auch in die Schleimhäute gelangen. Außerdem wird dadurch die Bildung von B-Gedächtniszellen angeregt.
Darauf könnte dann eine Impfung als Booster mit einer nasalen Vakzine erfolgen. Zwar würden auch dadurch im Blut zirkulierende Antikörper entstehen, doch in den Schleimhäuten der Eintrittspforte für SARS-CoV-2 würde es auch zu hohen Konzentrationen von IgA-Antikörpern (auch von IgG-Antikörpern) kommen. Die Impfung sollte damit überhaupt schon das Eindringen der Viren in den Organismus verhindern.
Die Wissenschafter listen beispielsweise mehr als ein Dutzend nasal zu verabreichender Covid-19-Vakzine auf, die in Großbritannien, Indien, China und Russland entwickelt werden (klinische Studien). Einige davon wurden bereits in China, Indien und Russland zugelassen.
Auch in Wien präklinische Studien und Tiermodelle
Zu dem Thema gibt es aber auch in Wien präklinische Studien bis hin zu Tiermodellen. So haben die Wissenschafter unter Verwendung dreier monoklonaler Antikörper (Sotrovimab, Tixagevimab und Cilgavimab), die zur Behandlung von Covid-19 verwendet worden sind, ein Peptid (Protein-Bruchstück) des Spike-Eiweiß von SARS-CoV-2 identifiziert, das sich besonders gut als Antigen in einer Vakzine eignen sollte. Als Impfstoff soll es B-Lymphozyten zur Bildung von Antikörpern anregen. Zur Verbesserung der Wirksamkeit wurde das Antigen an ein Trägerprotein (ungefährliches Diphtherie-Toxoid) gebunden. Hinzu kommt noch ein Adjuvans (Montanide).
Tobias und das Wissenschafterteam erprobten dieses Prinzip mit der Vakzine auf der sogenannten Mimotop-Plattform-Basis an Labormäusen. Ein Teil von ihnen bekam die Vakzine als nasalen Impfstoff, ein Teil als Injektion unter die Haut (mit Adjuvans), die dritte Gruppe der Mäuse erhielt die Vakzine zunächst injiziert (Priming) und dann zusätzlich noch nasal (Booster). Das Hauptergebnis: Mit der Kombinationsimpfung wurde eine besonders gute Immunreaktion (IgA- und IgG-Antikörper sowie T-Zell-Antwort) sowohl im Blut als auch in den Schleimhäuten (Mukosa) registriert.
Egal ob dieses Projekt selbst zu einem breit anwendbaren Covid-19-Impfstoff führt oder nicht, eines erwarten die Wiener Wissenschafter mit einiger Sicherheit: "Es ist nicht unwahrscheinlich, dass in den kommenden Jahren eine wachsende Zahl von mukosalen Vakzinen gegen SARS-CoV-2 weltweit für die Verwendung zugelassen werden. Möglicherweise werden sogar alle Covid-19-Vakzine mukosale Impfstoffe werden." Das wäre eine echte Revolution in der Vakzinologie.
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