Zwar gibt es nur noch geschätzte 20.000 Vertreter eines der nächsten Verwandten des Menschen - des Bonobos -, die Tiere präsentieren sich einer neuen genetischen Analyse zufolge aber als erstaunlich unterschiedlich. Ein Forschungsteam unter Leitung der Universität Wien und des University College London hat nun im Fachblatt "Current Biology" gezeigt, dass es eigentlich drei dem Erbgut nach unterschiedliche Gruppen sind, die bereits seit 145.000 Jahren getrennte Wege gehen.
Die Menschaffen, die sich genetisch lediglich zu rund einem Prozent vom Menschen unterscheiden und damit zusammen mit den Schimpansen unsere engsten Verwandten im Tierreich darstellen, kommen in freier Wildbahn nur in der Demokratischen Republik Kongo vor, wie es am Dienstag in einer Aussendung der Uni Wien heißt. Für viel Aufsehen sorgte in den vergangenen Jahrzehnten vor allem das Sozialverhalten der auch als Zwergschimpansen (Pan paniscus) bezeichneten Tiere: Das Faktum, dass Sex ein sehr zentrales Vehikel zum Schmieden von Beziehungen und zum Aufbau und Erhalt von Bindung in den erstaunlich friedlichen Gruppen ist, hat den Tieren viel Publicity eingebracht.
Bonobos leben in den Wäldern im Herzen Afrikas
Anders als Schimpansen, die in verschiedenen Teilen Afrikas zuhause sind, leben Bonobos ausschließlich auf einem rund 550.000 Quadratkilometer großen Gebiet in den Wäldern im Herzen Afrikas. Die nähere Erforschung der Tiere wurde in den vergangenen Jahrzehnten auch durch kriegerische Auseinandersetzungen in der Demokratischen Republik Kongo erschwert, wie die Wissenschafterinnen und Wissenschafter um die Studien-Erstautorin Sojung Han vom Department für Evolutionäre Anthropologie der Uni Wien in ihrer Arbeit schreiben.
Da Bonobos zudem unter Schutz stehen, sei es höchst herausfordernd, an DNA-Proben zu gelangen. Das Team konnte seine Analysen nun aber auf Erbgut-Spuren von 61 freilebenden Tieren, 20 zumindest in freier Wildbahn geborener Individuen und zehn durchgehend in Gefangenschaft lebender Bonobos stützen. War man in der Vergangenheit eigentlich davon ausgegangen, dass es sich bei den Menschenaffen um eine genetisch sehr einheitliche Population handelt, die sich auch recht ähnlich verhält, sei diese Annahme nun nicht mehr haltbar.
"Zumindest" drei Einheiten identifiziert
Stattdessen identifizierte das Team "zumindest" drei Einheiten, die erbguttechnisch sogar so weit auseinander liegen, wie es manche der vier Unterarten der Schimpansen tun. Die Forscher schreiben in ihrer Publikation von einer "Zentral"-Gruppe sowie einer "West"- und einer "Entfernt-westlichen"-Gruppe im Verbreitungsgebiet der Tiere. Sie unterscheiden sich auch hinsichtlich ihrer Entwicklungsgeschichte und dem Grad an Inzucht untereinander. Gerade die "Entfernt-westliche"-Gruppe lebte offenbar sehr lange isoliert. Der entsprechend kleine Genpool mache sie auch besonders anfällig, wenn sich Umweltveränderungen einstellen oder der Druck des Menschen auf die Gruppe größer wird, schreiben die Wissenschafter.
Ein weiteres Ergebnis der Analyse ist, dass die Populationsgröße der Bonobos offenbar immer eher klein war. Die neuen Erkenntnisse sollte man jedenfalls berücksichtigen, wenn es um Aktivitäten zur Erhaltung ihres Lebensraumes, um die Planung von Auswilderungen oder die Umsiedlung von Tieren geht, heißt es.
APA/red Foto: APA/APA/dpa/BORIS ROESSLER