Astronomie-Kongress: Wissenschaft mit Teleskop der Zukunft

17. August 2018 - 10:23

Auch wenn das Extremely Large Telescope (ELT) der Europäischen Südsternwarte (ESO) frühestens 2024 in Betrieb geht, läuft schon lange die wissenschaftliche Arbeit für das künftig größte optische Teleskop der Welt. Dieser "Frühen Wissenschaft mit ELT" widmet sich ein Symposium bei der Generalversammlung der Internationalen Astronomischen Union (IAU), die am 20. August in Wien beginnt.

Riesiger Sprung von gegenwärtigen Teleskopen zum ELT
Riesiger Sprung von gegenwärtigen Teleskopen zum ELT

Das Superteleskop der ESO wird derzeit in der chilenischen Atacama-Wüste auf der Spitze des Berges Armazones (3.048 Meter) gebaut. Sein Hauptspiegel wird einen Durchmesser von 39 Metern haben und sich aus rund 800 sechseckigen, beweglichen Spiegel-Elementen zusammensetzen. Die ersten davon wurden Anfang des Jahres von der deutschen Firma Schott gegossen. Das rund 1,1 Milliarden Euro teure Teleskop wird 13 Mal mehr Licht einfangen können als bisherige Geräte. Der Sprung von gegenwärtigen Teleskopen zum ELT sei etwa so groß wie jener von Galileos Auge zu seinem Teleskop, heißt es seitens der ESO.

Das Symposium "Early Science with ELT" im Rahmen der IAU-Tagung vom 20. bis 31. August in Wien werde für die beteiligten Wissenschafter "die erste Gelegenheit sein, der gesamten astronomischen Community mitzuteilen, welche Forschungspläne man mit dem neuen Teleskop hat und warum das unbedingt und möglichst rasch gemacht werden soll", erklärte der Astrophysiker Bodo Ziegler von der Universität Wien, der in der Österreichischen Gesellschaft für Astronomie und Astrophysik (ÖGAA) die ESO-Arbeitsgruppe leitet, im Gespräch mit der APA. "Kontinuierliche Lobby-Arbeit" sei wichtig, um die Kollegen zu überzeugen, dass es interessant und machbar ist, was man plane.

Beobachtungszeit heiß begehrt

Schließlich ist die Beobachtungszeit ein rares Gut und entsprechend heiß begehrt: 80 Prozent der zur Verfügung stehenden Zeit werden im internationalen Wettbewerb vergeben, Astronomen aus den 15 ESO-Mitgliedsländern, darunter Österreich, können dafür Anträge stellen. 20 Prozent der Zeit stehen fix jenen internationalen Konsortien zur Verfügung, die für Entwurf und Bau der Instrumente des Teleskops verantwortlich sind.

An diesen Instrumenten - quasi die Netzhaut des ELT, wo das vom Riesenspiegel gesammelte Licht verarbeitet wird - wird bereits seit Jahren gearbeitet. Fix geplant sind laut Ziegler derzeit drei, die sogenannten "First-Light-Instrumente": Dabei handelt es sich um die "Multi-AO Imaging Camera for Deep Observations" (MICADO), den "Mid-Infrared ELT Imager and Spectograph" (METIS) und "High Angular Resolution Monolithic Optical and Near-infrared Integral Field Spectrograph" (HARMONI).

An den Konsortien für die Entwicklung von MICADO und METIS sind Wissenschafter der Universitäten Wien, Innsbruck, Graz und Linz sowie des Johann Radon Instituts für Numerische und Angewandte Mathematik (Ricam) der Akademie der Wissenschaften (ÖAW) beteiligt. Die hohe Empfindlichkeit und Bildauflösung von MICADO solle es ermöglichen, sehr leuchtschwache Sterne, Sternentstehungsgebiete und besonders weit entfernte Galaxien aufzunehmen. METIS ist speziell auf längere Wellenlängen, den mittleren Infrarot-Bereich, zugeschnitten und sei daher besonders gut dafür geeignet Exoplaneten zu suchen und zu charakterisieren, sagte Ziegler.

Drittes Instrument entwickelt

Ebenfalls mit österreichischer Beteiligung wird ein drittes Instrument entwickelt, das derzeit allein von den beteiligten Institutionen, also ohne ESO, finanziert wird. Dabei handelt es sich um den Multiobjekt-Spektrographen MOSAIC. Damit will man die allerersten Objekte im Universum, also Sterne und Galaxien, die nur 400 Mio. Jahre nach dem Urknall entstanden sind, beobachten und ihr Licht in die verschiedenen Wellenlängen zerlegen ("Spektroskopie"). "So lassen sich Informationen über die Himmelskörper gewinnen, etwa ihre chemische Zusammensetzung, wie schnell sich etwa ein Stern um das Zentrum seiner Galaxie bewegt oder wie schnell sich eine Galaxie von der Erde entfernt", sagte Ziegler, der an MOSAIC beteiligt ist.

Die Mitarbeit an der Instrumenten-Entwicklung sei nicht nur wegen der Beobachtungszeit wichtig, sondern auch, um sie auf seine eigenen Bedürfnisse zuzuschneiden. "Die Instrumentierungen werden ganz stark von der Wissenschaft, die man machen möchte, getrieben - das ist ein Wechselspiel zwischen den Wünschen der Astronomen und der technischen Machbarkeit", sagte Ziegler. Da Österreich aufgrund beschränkter finanzieller Kapazitäten nicht federführend in den Konsortien mitarbeiten konnte, galt es Nischen für seinen Beitrag zu finden. Dabei handelt es sich vor allem um Software-Entwicklung und Instrumenten-Kalibrierung - Bereiche, die - jeweils leicht adaptiert - für alle drei Instrumente angewendet werden können.

Bereits 2014 konnten die Astronomen aus den Hochschulraum-Strukturmitteln 1,5 Mio. Euro lukrieren, weitere drei Mio. Euro kommen von den beteiligten Universitäten, in Summe also 4,5 Mio. Euro für die Jahre 2014 bis 2017. Bis 2020 kommen weitere drei Mio. Euro dazu, ebenfalls wieder zu einem Drittel aus den Strukturmitteln und zu zwei Drittel von den Unis, sagte Ziegler, der die beiden Strukturmittel-Projekte leitet.

Ziegler schätzt, dass es nach dem derzeit für 2024 geplanten "First Light" noch einmal zwei Jahre dauern wird, bis die Instrumente mit dem Teleskop zusammenspielen und perfekt funktionieren. Sobald diese Phase vorbei ist, werde dann MOSAIC eingebaut. Es bleibt also noch genug Zeit für die "Early Science".

Service: https://www.eso.org/public/austria/teles-instr/elt/

(APA/red, Foto: APA/APA (AFP/ESO/Calcada))

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