Astronomen fordern Umbenennung von wichtigstem Universum-Gesetz

31. August 2018 - 12:23

Der belgische Astrophysiker Georges Lemaitre hat das Hubble-Gesetz, das die Expansion des Universums beschreibt, Jahre vor dem bisherigen Namensgeber Edwin Hubble entdeckt. Bei einer Konferenz in Wien forderten Astronomen daher, es in "Hubble-Lemaitre-Gesetz" umzubenennen. Damit würde die "fundamentale Beteiligung beider Forscher an der Entwicklung der modernen Kosmologie" gewürdigt.

Lemaitre publizierte Erkenntnisse vor Hubble
Lemaitre publizierte Erkenntnisse vor Hubble

Lemaitre veröffentlichte 1927 seine Berechnungen und theoretischen Abwandlungen. Darin zog er den Schluss, dass sich aus Albert Einsteins allgemeiner Relativitätstheorie ein dynamisches Universum ergibt, was schon Alexander Friedmann 1922 erklärt hat, während Einstein selbst zunächst von einem statischen, gleichbleibenden Universum ausging, um es später als "größte Eselei seines Lebens" zu bezeichnen. Ein expandierendes Universum brächte die Rotverschiebung des Lichts fernab gelegener Galaxien mit sich, so Lemaitre, und die Rotverschiebung sei umso größer, je weiter weg vom Beobachter eine Galaxie liegt. Das spätere Hubble-Gesetz und die Hubble-Konstante (eine Maßzahl für die Expansionsrate) waren bereits in Lemaitres Publikation enthalten.

Doch er hat sie damals in einem unbedeutenden Fachmagazin in der für die Wissenschaft unbedeutenden französischen Sprache veröffentlicht. Die Wissenschaftswelt nahm deshalb keine Notiz davon. Bei der dritten Generalversammlung der Internationalen Astronomischen Union (IAU) 1928 in den Niederlanden traf Lamaitre dann Hubble, und die beiden tauschten sich über die Bedeutung der Rotverschiebung aus.

Hubble auf Anerkennung bedacht

Drei Jahre später veröffentlichte Hubble mit seinem Assistenten Milton Humason in einem amerikanischen Fachjournal (PNAS) mehr oder weniger die selben Dinge, die in Lemaitres französischer Publikation enthalten waren. Kurz darauf war die Expansion des Kosmos mit dem "Hubble-Gesetz" gebrandet. "Man hat das Gesetz nach dem sehr offensiv und freimütig kommunizierenden Herrn Hubble benannt, der auch sehr bedacht war, für seine Erkenntnisse ausreichend Anerkennung zu bekommen", sagte Thomas Posch vom Institut für Astronomie der Universität Wien gegenüber der APA. Er habe zwar mit seinen Beobachtungen einen großen Anteil am Hubble-Gesetz, das gleiche könne man aber auch von Lemaitre mit seinen mathematisch-theoretischen Abhandlungen und Interpretationen sagen.

Außerdem hat Lemaitre explizit von einem expandierenden, dynamischen Universum gesprochen, in dem der Raum selbst sich ausdehnt, und dass die "Flucht der Galaxien" nicht bloß eine Bewegung im fixen Raum ist. Dies ist umso beachtlicher, als Lemaitre auch Theologe und Priester war. Hubble hingegen habe sich nicht festgelegt, wie die Bewegungen der Galaxien zu interpretieren sind. Er war dazu "bemerkenswert schweigsam", zitierte Posch Biografen Hubbles.

Wissenschaft vor Sichtbarkeit

Lemaitre übte sich zeitlebens in Bescheidenheit und stellte seine eigene Sichtbarkeit dem wissenschaftlichen Fortschritt hintan, meinten die Astronomen bei der 30. Generalversammlung der Internationalen Astronomischen Union (IAU), die am 31. August in Wien endet. Sie haben dort am Donnerstagabend (30. August) durch eine Abstimmung mit großer Mehrheit eine Resolution beschlossen, die fordert, ihm wenigstens jetzt für seine fundamentalen Arbeiten Ehre zukommen zu lassen, und jenes Gesetz zur Expansion des Universums, an dem er mindestens genau so viel Anteil hat, wie der bisherige Namensspender, in Zukunft als "Hubble-Lemaitre-Gesetz" zu bezeichnen. Allerdings folgt nun auch eine elektronische Abstimmung, bei der nicht in Wien anwesende IAU-Astronomen noch bis Oktober ihre Meinung kundtun können.

Service: https://www.iau.org

(APA/red, Foto: APA/APA (AFP/ESA))

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