Archäologin Ladstätter: Grabungen am Hemmaberg statt in Ephesos

20. Mai 2020 - 13:23

Vor 125 Jahren begann die österreichische Grabung in Ephesos, die "die österreichische Archäologie verändert hat", so Grabungsleiterin Sabine Ladstätter, Direktorin des Österreichischen Archäologischen Instituts (ÖAI), im Gespräch mit der APA. Wegen der Corona-Pandemie kann die diesjährige Kampagne in Ephesos vorerst nicht gestartet werden, dafür gibt es eine große Grabung am Hemmaberg in Kärnten.

Ladstätter: "Wir haben unser Ephesos-Programm auf Herbst verschoben"
Ladstätter: "Wir haben unser Ephesos-Programm auf Herbst verschoben"

Frage: Die Corona-Pandemie hat sicher auch Ihre Pläne durchkreuzt - wie wollten Sie das 125-Jahr-Jubiläum der österreichischen Grabungen in Ephesos begehen?

Ladstätter: Ich wäre heute in der Früh so wie Otto Benndorf nach Ephesos hinausgegangen, das habe ich mir fest vorgenommen. Wir mussten auch ein für Herbst geplantes internationales Kolloquium in Wien absagen, ebenso wie Feierlichkeiten in Selcuk in der Türkei. Wir haben uns aber umorientiert und werden nächstes Jahr einfach "125plus" feiern.

Welche Bedeutung haben die 125-jährigen Grabungen in Ephesos?

Ladstätter: Der erste Spatenstich des damaligen Grabungsleiters Otto Benndorf hat vor allem die österreichische Archäologie verändert und einen ganz maßgeblichen Beitrag geleistet, dass diese heute noch einen extrem hohen internationalen Stellenwert hat.

Wie wirkt sich die Corona-Pandemie auf die Grabungen in Ephesos aus?

Ladstätter: Wir haben unser Ephesos-Programm auf Herbst verschoben, weil wir für die Mitarbeiter Sicherheit benötigen. Wir planen nun einmal, von September bis in den Herbst hinein zu arbeiten. Ich bin zuversichtlich, dass das möglich sein wird, weil sich auch in der Türkei die Zahlen dramatisch verbessern. Derzeit arbeitet nur meine Stellvertreterin mit einem türkischen Team im Depot.

Sind auch andere Grabungen des ÖAI betroffen?

Ladstätter: Wir haben alle Grabungen verschoben. Stattdessen werden wir im Sommer im Kärnten eine große Grabung machen, weil die Archäologie grundsätzlich ja alle Vorschriften erfüllen kann: Wir arbeiten im Freien und wir können Abstand halten, sind also ein Bereich, wo das Gesundheitsrisiko gering ist.

Was konkret planen Sie in Kärnten?

Ladstätter: Wir wollen am Hemmaberg in Unterkärnten eine spätantike und wahrscheinlich auch slawische Befestigungsanlage ergraben. Da geht es vor allem um die Klärung der Chronologie, wann und wie die Siedlung befestigt wurde, ob es auch eine slawische Siedlung gab, die auf die spätantike folgte, also ob es eine Siedlungskontinuität von der Spätantike bis ins Mittelalter gegeben hat. Das ist eine ganz zentrale Fragestellung in der europäischen Geschichte.

Können Sie einen groben historischen Überblick der Siedlung geben?

Ladstätter: Wir wissen von einer spätantiken, christlichen Siedlung aus dem 5. und 6. Jahrhundert nach Christus am Hemmaberg, das war das größte frühchristliche Wallfahrtsheiligtum der Ostalpen. Im frühen 7. Jahrhundert wurde die gesamte Anlage zerstört und darauf liegend finden sich Spuren einer slawische Besiedlung. Die Slawen wanderten im 7. Jahrhundert ein, waren noch nicht christianisiert, zerstören die christlichen Anlagen, nutzen aber die Gebäude und lebten vom 7. bis 9. Jahrhundert dort weiter. Uns interessiert u.a. die Abfolge der Befestigungsanlagen. Durch die immer besseren Datierungsmethoden hoffen wir, dass wir über organisches Fundmaterial einen ganz genauen Aufschluss über die unterschiedlichen Phasen und deren chronologische Einordnung bekommen.

(Das Gespräch führte Christian Müller/APA)

(APA/red, Foto: APA/APA (Hochmuth))

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