Diplomstudium
Ziel des vierjährigen Studiums ist eine Ausbildung, die den angehenden Schauspielern und Regisseuren handwerkliches Können, Handlungsfähigkeit und intellektuelle Kompetenz für eine sich ständig wandelnde Theaterrealität verleiht.
Der erste Studienabschnitt (Grundstudium) umfasst 1 Semester. Nach dem gemeinsamen Grunstudium gliedert sich das Studium in die Studienzweige Schauspiel und Schauspielregie. Für den Studienzweig Schauspiel beträgt der zweite Studienabschnitt 2 Semester und der dritte Studienabschnitt 5 Semester. Für den Studienzweig Schauspielregie beträgt der zweite Studienabschnitt 3 Semester und der dritte Studienabschnitt 4 Semester.
Das Schauspiel- und Regiestudium im Rahmen der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien erfordert eine von hohem Anspruch geprägte künstlerische, handwerkliche und intellektuelle Ausbildung. Das entspricht den Bedingungen des gegenwärtigen deutschsprachigen Theaters in doppelter Hinsicht. Einerseits müssen die Absolventen1 in der Lage sein, aufgrund ihrer Qualifikation, den großen Anforderungen des Berufstheaters gewachsen zu sein. Andererseits soll gerade ihre erworbene Qualifikation sie dazu befähigen, dieses nicht nur weiterzuentwickeln, sondern auch in seinen krisenhaften Erscheinungen zu konterkarieren. Diese doppelte Anforderung, die aber in Wahrheit eine untrennbare Einheit bildet, hat gerade in den letzten Jahren besondere Bedeutung erlangt. Mehr denn je ist eine Befähigung notwendig, die den wechselnden Moden und Sensationen eine über ästhetische Konjunkturen hinausweisende fundierte praktische und geistige Haltung entgegensetzen kann. Die Ausbildung am Max Reinhardt Seminar basiert diesen Erfordernissen entsprechend auf einer umfassenden Erarbeitung sprachlicher, theoretischer, körperlicher und musikalischer Fähigkeiten, die sich in der zentralen Arbeit an Rolle und Stück realisieren. Dabei wird über das Erlernen von Fertigkeiten hinausgehend, das Vermögen vermittelt, diese schöpferisch und mit kritischem Bewusstsein einzusetzen. Die praktische und theoretische Kenntnis wesentlicher Theaterpositionen und –methoden ist hierfür eine wichtige Grundlage. Allerdings geht es nicht darum, diese museal zu pflegen oder in autoritärer Scholastik bloß beizubringen, sondern sie in ihren wesentlichen Gehalten für die gegenwärtige Arbeit nutzbar zu machen. Nur als integrales Moment ist der Bezug auf Methoden sinnvoll, niemals als ein von den konkreten Erfordernissen des Dramas und der Schauspieler isolierter Kursus. Bei selbstverständlicher handwerklicher Kompetenz wird der Förderung der individuellen Fähigkeiten und Möglichkeiten des einzelnen Studierenden besonderes Gewicht beizumessen sein. Das Schauspiel- und Regiestudium am Max Reinhardt Seminar ist praktisch orientiert. Der hohe Stellenwert, den die theoretischen bzw. wissenschaftlichen Fächer im Rahmen des Studiums einnehmen, steht dazu nicht im Widerspruch. Die Kenntnis der Geschichte des Theaters und der Literatur, die Auseinandersetzung mit historischen, ästhetischen und politischen Fragen, die Fähigkeit der kritischen Lektüre von Texten, vor allem aber das Vermögen zur ständigen Reflexion der eigenen Tätigkeit ist wesentlicher Teil der Kultur dieser Institution. Erst durch die Verbindung der praktischen Ausbildung mit den theoretischen bzw. wissenschaftlichen Fächern entsteht die Qualität eines Studiums an einer Kunstuniversität. Diese Art der Verbindung von Praxis und Theorie soll eine Persönlichkeit der Studierenden befördern, die im Theaterbetrieb sich mit Selbstbewusstsein und Intellektualität zu behaupten weiß. Ein Spezifikum der Ausbildung am Max Reinhardt Seminar ist die sich auf zahlreiche Bereiche erstreckende gemeinsame Ausbildung von Schauspiel- und Regiestudenten. Solch enge Bezogenheit der beiden Studienzweige aufeinander entspricht der Vorbereitung auf die realen Theaterverhältnisse. Seit der Gründung des Seminars ist dieser Zusammenhang der beiden Berufe – über alle Änderungen der Studienpläne hindurch – ein Grundsatz des Studiums gewesen. So sehr die Entwicklung des Theaters die Lehre prägen und verändern kann, dieses Moment der Gemeinsamkeit zwischen Schauspiel- und Regieausbildung bleibt Substanz aller Theaterarbeit und damit auch Substanz des Studiums. Die Orientierung am Berufstheater erfordert eine Ausbildung, die frühzeitig die Erfahrung mit theaterpraktischen Voraussetzungen auf einem professionellen Niveau anbietet. Der Theaterbetrieb des Max Reinhardt Seminars soll dies als wesentlicher Teil des Studiums garantieren: Gastregisseure inszenieren Stücke mit Schauspielstudenten; Regiestudenten inszenieren ebenfalls mit Schauspielstudenten unter fachkundiger Betreuung. Für die Aufführungen des Seminars stehen Schlosstheater Schönbrunn, Neue- und Alte Studiobühne sowie die Arenabühne zur Verfügung. Auch wenn die künftige Berufspraxis von Schauspielern und Regisseuren sich zwar vorzugsweise nicht aber ausschließlich aufs Theater beziehen mag, ist doch das Festhalten an einer Theaterausbildung richtig. Denn diese vermittelt ein schauspielerisches oder inszenatorisches Können, das auch in anderen Medien einsetzbar ist. Die Realität der Berufsausübung zeigt, dass die fundierte und konzentrierte Ausbildung hierfür eine sehr gute Voraussetzung ist, sich in vielfältigen Bereichen dauerhaft und eigenständig zu behaupten. Daneben sind – gemäß der gegenwärtigen Arbeitsrealität – Lehrveranstaltungen in anderen Medien (Film, Fernsehen, Hörspiel usw.) vorgesehen. Darüber hinaus kann während des Studiums natürlich die Fähigkeit erworben werden, auch in weiteren Bereichen des Theaters oder des Kulturbetriebs qualifiziert zu arbeiten.
Die Zulassungsprüfung Darstellende Kunst dient dem Nachweis der Begabung für das Studium. Die Beherrschung der deutschen Sprache ist Voraussetzung für die Aufnahme des Studiums. Für den Studienzweig Schauspielregie ist die allgemeine Universitätsreife zusätzlich durch ein österreichisches Reifezeugnis nachzuweisen oder ist ein gemäß § 64 Abs. 1 Z 2-4 und 6 Universitäts-gesetz 2002, BGBl. I Nr. 120/2002, i.d.g.F. gleichwertiger Nachweis zu erbringen. Die Zulassungsprüfung gliedert sich für die Kandidaten in mehrere Abschnitte, die jeweils verschiedene Aufgabenstellungen beinhalten:
a) Szenische Präsentation zweier Rollenausschnitte (von vier vorzubereitenden).
b) Szenische Präsentation der verbliebenen beiden Rollenausschnitte.
c) Absolvieren verschiedener szenischer, körperlicher, musikalischer und theoretischer Tests.
d) Inszenierungsgespräch (Dramenanalyse, szenische Lösung) über eines der beiden vorzubereitenden Stücke. Prüfung zu den theoretischen und historischen Kenntnissen der Kandidaten auf dem Gebiet des Theaters, der Literatur und Kultur.
e) Inszenierungsgespräch über das zweite Stück.
f) Absolvieren verschiedener Tests mit szenischen Aufgaben.
Für Bewerber, die bekannt geben, dass sie sich nach dem Grundstudium für den Studienzweig Schauspiel entscheiden, entfallen die Prüfungsteile, die unter d), e) und f) angeführt sind. Für
Bewerber, die bekannt geben, dass sie sich nach dem Grundstudium für den Studienzweig Schauspielregie entscheiden, entfallen die Prüfungsteile, die unter a), b) und c) angeführt sind. Die
Berechtigung, nach dem Grundstudium, entgegen der ursprünglichen Absicht, den Studienzweig Schauspielregie bzw. Schauspiel zu wählen, ist vorhanden. Vorbedingung dafür ist die nachträgliche erfolgreiche Ablegung der anderen Prüfungsteile.
In allen Abschnitten ist es möglich, mit den Bewerbern an weiteren Aufgaben zu arbeiten, die entweder vor Beginn oder während der Prüfung bekannt gegeben werden. Welche Unterlagen allenfalls als Grundlage der Inszenierungsgespräche vorzulegen sind (Konzeption), wird mit eventuellen Einreichterminen zeitgerecht bekanntgegeben.
Voraussetzung für den Prüfungsteil b) ist das positive Bestehen von a), für c) das positive Bestehen von b). Voraussetzung für den Prüfungsteil e) ist das positive Bestehen von d), für f) das positive Bestehen von e).