Albedo-Effekt von Stauseen verzögert Klima-Wirkung von Wasserkraft

25. Februar 2021 - 17:05

Bisher ging man von einem kühlenden Einfluss von Wasserkraft auf das Klima aus, spart sie doch CO2-Emissionen ein, wenn damit fossile Energieträger ersetzt werden. Doch die erste Abschätzung des sogenannten "Albedo-Effekts" von Stauseen zeigt nun, dass durch die geringere Sonnenlicht-Reflexion der Wasserfläche im Vergleich zum Umland die positive Wirkung von Wasserkraft auf das Klima verzögert wird, berichten Innsbrucker Forscher im Fachjournal "Nature Energy".

CO2-Einsparung konkurriert mit wärmender Albedo-Wirkung
CO2-Einsparung konkurriert mit wärmender Albedo-Wirkung

Als "Albedo" wird jener Anteil an Sonnenstrahlung bezeichnet, der von einer Oberfläche reflektiert wird. Dass die Albedo von Seen deutlich niedriger ist, als jene der meisten anderen terrestrischen Ökosysteme, war bereits bekannt. Georg Wohlfahrt vom Institut für Ökologie der Universität Innsbruck hat nun gemeinsam mit Südtiroler Kollegen anhand von weltweit 724 Stauseen deren Albedo-Effekt mit den Emissions-Einsparung gegengerechnet. Sie zeigten dabei, dass ein teilweise beträchtlicher Teil der Effekte der CO2-Einsparungen durch Wasserkraft durch die höhere Albedo der Speicherseen zunichtegemacht wird.

Wann übertrifft die CO2-Einsparung den Albedo-Effekt?

Sobald ein Stausee errichtet wird, konkurrieren zwei Effekte: Während die wärmende Albedo-Wirkung der Wasserfläche unmittelbar eintritt, steigert sich die CO2-Einsparung erst nach und nach, bleibt doch dieses Treibhausgas über mindestens hundert Jahre in der Atmosphäre. "Wir haben erstmals berechnet, wie lange es bei einem Wasserspeicherkraftwerk dauert, bis der CO2-Einsparungseffekt den Albedo-Effekt besiegt", erklärte Wohlfahrt in einer Aussendung, also "einfach gefragt, wie lange dauert es, bis ein Stausee netto auf das Klima kühlend wirkt?"

Der Studie zufolge benötigt rund die Hälfte der untersuchten Stauseen aufgrund des Albedo-Effekts weniger als vier Jahre, um netto auf das Klima kühlend zu wirken. Sie können daher zu den mittelfristigen Klimastabilisierungszielen beitragen.

19 Prozent der Speicherseen benötigen bereits mehr als 40 Jahre, um netto kühlend zu wirken, und 13 Prozent sogar mehr als 80 Jahre. Angesichts einer durchschnittlichen Lebensdauer einer Wasserkraftanlage von rund 80 Jahren sei der Neubau solcher Wasserkraftwerke zur Erreichung mittelfristiger Klimaziele kontraproduktiv, betont der Wissenschafter.

Erwärmende Wirkung in Tropen noch größer

Das gilt vor allem für Wasserkraftwerke in den Tropen, wo die Sonneneinstrahlung hoch und damit der Albedo-Effekt, und damit die erwärmende Wirkung aufs Klima, größer ist. Wasserkraftwerke in hohen, insbesondere nördlichen, Breitengraden hätten dagegen einen Vorteil, schreiben die Wissenschafter in ihrer Arbeit. Allerdings würden 90 Prozent der derzeit in Planung oder Bau befindlichen Wasserkraftwerke zwischen dem 40. nördlichen und 40. südlichen Breitengrad liegen, was die Forscher als "besonders problematisch" bezeichnen.

Entscheidend ist auch das Verhältnis zwischen jährlicher Energieerzeugung und Seefläche. Je kleiner der Energieertrag in Relation zur Seefläche ist, desto stärker ist der Albedo-Effekt. "Worst case ist daher ein flacher, großer Stausee im tropischen Klima", betonte Wohlfahrt.

Als Konsequenz ihrer Berechnungen regen die Wissenschafter an, dass die Berechnung des Albedo-Effektes bei Genehmigungsverfahren von Wasserkraftanlagen genauso berücksichtigt wird wie negative Auswirkungen auf die Umwelt.

Service: http://dx.doi.org/10.1038/s41560-021-00784-y

(APA/red, Foto: APA)

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