Adipositas - Operation laut Gesundheitsökonomie effizient

17. Mai 2018 - 11:59

Magen-Bypass-Operationen oder ähnliche Eingriffe sparen Geld und verlängern das Leben von Adipositas-Patienten. Das hat eine gesundheitsökonomische Abschätzung von Wiener Experten ergeben. Fachleute der MedUni Graz haben einen Behandlungspfad für die optimale Betreuung von Fettleibigen entwickelt.

Kostenersparnis durch Eingriffe
Kostenersparnis durch Eingriffe

Rund 670 Millionen Menschen weltweit leiden an Adipositas. "Eine rezente Studie der MedUni Wien gemeinsam mit dem Institut für pharmaökonomische Forschung und der Österreichischen Gesellschaft für Adipositaschirurgie zeige, dass durch operative Eingriffe sehr viel Geld gespart werden, aber auch die Lebensqualität verbessert und das Leben der Betroffenen verlängert werden kann, hieß es kürzlich in einer Aussendung der MedUni Wien anlässlich des Europäischen Adipositas-Tages (19. Mai).

Unbehandelt führt das krankhafte Übergewicht zu Folgeerkrankungen wie Diabetes, Herz-Kreislauf-Krankheiten, Fettleber oder Hyperlipidämie (eine allgemein erhöhte Konzentration des Cholesterins und der Triglyceridwerte im Blut). Bariatrische Eingriffe zur starken Gewichtsreduktion haben offenbar einen positiven Effekt. "Wir konnten berechnen, was 20 Jahre später passieren würde, wenn dieser Eingriff nicht gemacht wird bzw. was sich die Betroffenen alles an Kosten sparen und an Lebenszeit gewinnen", wurde Gerhard Prager, Präsident der Österreichischen Fachgesellschaft für Adipositaschirurgie und Leiter der Adipositas-Ambulanz im Wiener AKH, zitiert.

Mehr Lebenszeit

Die zentralen Ergebnisse: Pro Patient werden durch einen solchen Eingriff 24.600 Euro an Kosten gespart. Jeder Betroffene, der in diesen 20 Jahren Diabetes bekommen hätte, gewinnt 3,7 Jahre an Lebenszeit. Für vermiedene Herz-Kreislauf-Erkrankungen ergab sich ein durchschnittlicher Gewinn von 3,4 Jahren Lebenszeit.

Ab einem Body-Mass-Index (BMI) von 30 gilt man als fettleibig/adipös, aber einem BMI von 35 plus Diabeteserkrankung übernimmt laut den Experten die Krankenkasse die Kosten für die Operation (ohne Diabetes ab einem BMI 40). "Die MedUni Wien-Experten würden sich Schweizer Verhältnisse in Österreich wünschen: Dort zahlt die Krankenkasse (solche Eingriffe; Anm.) ab einem BMI von 35 ohne Einschränkung. An der Universitätsklinik für Chirurgie der MedUni Wien/AKH Wien werden jährlich rund 400 derartige Operationen durchgeführt, das Doppelte, so Prager, wäre wünschenswert. In ganz Österreich gibt es jährlich 3.500 dieser Eingriffe, in der Schweiz sind es 6.000", schrieb die MedUni Wien.

Das Institut für Allgemeinmedizin und evidenzbasierte Versorgungsforschung (IAMEV) an der MedUni Graz hat jetzt einen "Behandlungspfad" für die Betreuung von Übergewichtigen und Adipösen in der medizinischen Primärversorgung erstellt. "Leitlinienkonforme Behandlungspfade und Disease Management Programme tragen nachweislich dazu bei, die Versorgung bei chronischen Erkrankungen und anderen Volkskrankheiten zu verbessern", sagte die Leiterin des Instituts, Andrea Siebenhofer-Kroitzsch. Das Institut kooperiert auch mit dem Hauptverband der Sozialversicherungsträger.

Kontinuierliche Betreuung empfohlen

Der Behandlungspfad widmet sich dem Thema "Übergewicht und Adipositas". In Österreich sind 42 Prozent der Erwachsenen und 24 Prozent der Kinder im Alter zwischen sieben und 14 Jahren übergewichtig. Insgesamt wird eine kontinuierliche Betreuung durch ein multidisziplinäres Team – bestehend aus Ärzten, Diätologen, Psychologen und Bewegungstherapeuten - empfohlen. Bei Erwachsenen, die einen BMI von mehr als 30 aufweisen oder bei einem BMI von mehr als 25 bereits Begleiterkrankungen wie Diabetes oder Bluthochdruck haben, ist jedenfalls eine Gewichtsreduktion erforderlich.

"Diese soll in erster Linie mit einer Änderung des Lebensstils durch eine Kombination von Ernährungs-, Bewegungs- und Verhaltenstherapie erzielt werden. Medikamente können in eingeschränkten Fällen dabei unterstützen", sagte Projektleiter Thomas Semlitsch. Sollte das Abnehmen auf diesem Wege nicht gelingen, könne bei einem BMI von mehr als 40 (oder mehr als 35 mit einer vorliegenden Begleiterkrankung) auch eine Operation erfolgen.

Bei übergewichtigen Kindern und Jugendlichen ist die Änderung des Lebensstils die wichtigste Maßnahme. Wenn bereits schwerwiegende Begleiterkrankungen vorliegen, kann ab dem zwölften Lebensjahr im Einzelfall zusätzlich eine medikamentöse Therapie überlegt werden. Diese sollte jedoch ausschließlich in auf Kinder spezialisierte Einrichtungen begonnen werden. Die bariatrische Chirurgie wird bei Kindern und Jugendlichen nicht empfohlen, kann aber nach der Pubertät unter ähnlichen Bedingungen wie bei Erwachsenen eventuell angezeigt sein. Am 26. Mai gibt es im Hörsaalzentrum der MedUni Wien einen Adipositas-Aktionstag.

Service: https://allgemeinmedizin.medunigraz.at/ und www.meduniwien.ac.at/adipositastag

(APA/red, Foto: APA)

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