Experiment zeigt: Mikroben könnten auf Saturnmond Enceladus gedeihen

27. Februar 2018 - 17:06

Selbst unter den unwirtlichen Bedingungen tief im von Eis bedeckten Wasserozean des Saturnmonds Enceladus könnten Mikroben gedeihen. Das zeigen Experimente internationaler Forscher unter Leitung österreichischer Mikrobiologen. Konkret erwies sich ein Archaea-Stamm als außerordentlich robust, der in der Tiefsee vor Japan vorkommt, berichteten die Forscher im Fachjournal "Nature Communications".

Wissenschafter stellten die möglichen Bedingungen auf Enceladus nach
Wissenschafter stellten die möglichen Bedingungen auf Enceladus nach

Enceladus ist vollständig von Eis bedeckt, unter dem sich vermutlich ein mondumspannender Wasserozean befindet. Bei den Vorbeiflügen der im Herbst vergangenen Jahres beendeten NASA-Raummission der Sonde "Cassini" wurden alle wesentlichen Zutaten für Leben entdeckt, neben Wasser auch Kohlenstoff, Stickstoff, Sauerstoff, Phosphor und Schwefel. Zudem wurden in den Wassereis-Geysiren, die in der Südpolregion des Mondes kilometerhoch emporschießen, Moleküle wie Kohlendioxid (CO2), Kohlenmonoxid (CO), Methan (CH4), Ammoniak und molekularer Wasserstoff (H2) nachgewiesen. Letzterer könnte durch hydrothermale Aktivität entstanden sein, die im Inneren des Saturnmondes vermutet wird.

Ein internationales Team um Simon Rittmann vom Department für Ökogenomik und Systembiologie der Universität Wien hat versucht, die nach bisherigem Wissen auf Enceladus vorherrschenden Bedingungen so gut wie möglich nachzubilden und geprüft, ob bei diesen Verhältnissen Mikroorganismen noch gedeihen. "Wir haben die ganze Studie und unsere Experimente angesichts der Unsicherheiten, die aufgrund der vorliegenden Daten bestehen, so breit wie möglich angelegt", sagte Rittmann im Gespräch mit der APA.

Besonders robuste, methanogene Organismen

Angesichts der in den Enceladus-Geysiren nachgewiesenen größeren Mengen von H2 und CO2 waren sogenannte methanogene Mikroorganismen aus der Gruppe der Archaea Ausgangspunkt der Experimente. Diese können molekularen Wasserstoff und Kohlendioxid als Energie- und Kohlenstoffquelle nutzen. Auf der Erde gedeihen solche Mikroorganismen in den unwirtlichen Bedingungen der Tiefsee, ohne Sonnenlicht, nur von heißen Quellen, CO2 und H2 und anderen anorganischen Substanzen versorgt. In den Experimenten entpuppte sich "Methanothermococcus okinawensis", ein Archaea-Stamm aus der japanischen Tiefsee, als besonders robust.

Gemeinsam mit Kollegen der Uni Linz setzten die Wiener Forscher Reinkulturen dieser Mikroben immer schwierigeren Bedingungen aus: Zuerst haben sie untersucht, wie die Organismen mit verschiedenen gasförmigen Hemmstoffen ("Inhibitoren") zurechtkommen, etwa Kohlenmonoxid oder Ethen. Dann kamen flüssige Inhibitoren dazu, etwa Formaldehyd oder hohe Ammoniumkonzentrationen - zunächst alleine, später in Verbindung mit den gasförmigen Hemmstoffen. All dies fand bei optimalen Wachstumstemperaturen (65 Grad Celsius) statt, dann wurde auch der Druck variiert.

Unter optimalen Bedingungen hat der Archaea-Stamm selbst einem Druck von 90 bar standgehalten. Sogar bei einer Kombination aller Inhibitoren und einem Druck von 50 bar haben die Archaea noch Methan produziert. "Es ist äußerst faszinierend, dass dieser Organismus unter diesen Bedingungen noch immer Methan produziert hat", sagte Rittmann.

Unter ähnlichen Bedingungen vermehrungsfähig

Neben diesen Arbeiten zur mikrobiellen Physiologie haben Kollegen der Unis Hamburg und Bremen astronomisch-geologische Modellierungen durchgeführt, um die chemisch-physikalischen Bedingungen nachzustellen, wie sie vermutlich unter der dicken Eisschicht des Enceladus-Ozeans vorherrschen. Demnach könnte selbst bei niedrigen Temperaturen ein Serpentinisierung genannter geochemischer Prozess - der auch auf der Erde stattfindet - genügend molekularen Wasserstoff freisetzen, um den Mikroben als Energielieferant zur Verfügung zu stehen.

Die Forscher konnten also zeigen, dass methanogene Mikroorganismen unter ähnlichen Bedingungen wie auf Enceladus vermehrungsfähig sind. "Ein Teil des in den Wassereis-Geysiren nachgewiesenen Methan könnte daher möglicherweise biologischen Ursprungs sein", so Rittmann. Die Autoren räumen aber ein, dass das Methan auch abiotisch, also ohne Beteiligung von Mikroben entstanden sein könnte. Für den tatsächlichen Nachweis von Leben auf dem Saturnmond müsste man typische Biosignaturen wie Lipide oder bestimmte Isotopenverhältnisse von CO2 und CH4 messen.

Die möglicherweise lebensfreundlichen Bedingungen auf dem Saturnmond weisen aber auch auf die Gefahr einer Kontamination solcher Himmelskörper mit irdischen Organismen hin, die durch Raumsonden dorthin gelangen. Um das zu vermeiden, und weil "Cassini" der Treibstoff ausging, hat die NASA entschieden, die Raumsonde in der Saturnatmosphäre verglühen zu lassen.

Service: http://dx.doi.org/10.1038/s41467-018-02876-y

(APA/red, Foto: APA/Simon Rittmann)

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