Knochenjob: Mit Künstlicher Intelligenz gegen Arthrose

24. Januar 2018 - 10:40

Der Trend zu Künstlicher Intelligenz in der Medizin lässt auch in Österreich Start-ups in diesem Hightech-Bereich sprießen. Die Vision des Image Biopsy Lab (IB Lab) ist es, Ärzten aus einem simplen Röntgenbild umfangreiche Informationen zu liefern, wodurch mögliche weitere – und teurere – Untersuchungen nicht mehr notwendig sind. Noch ist man aber nicht soweit. Erste Erfolge wurden hingegen schon bei der Früherkennung und Diagnose von Kniearthrosen erzielt.

Software ermöglicht rasche Entscheidungsfindung
Software ermöglicht rasche Entscheidungsfindung

Hier kommt eine Software zum Einsatz, die die Röntgenbilder analysiert und dann Orthopäden und Radiologen mehr oder weniger in Echtzeit einen Diagnose-Vorschlag macht. "Der Arzt hat sofort einen Überblick über den Status des Gelenks und kann sehr schnell entscheiden", erklärte Richard Ljuhar, Chef und Mitgründer des IB Labs, im Gespräch mit APA-Science.

Das System nutzt den Angaben zufolge Deep Learning-Methoden und wurde an mehr als 150.000 Röntgenbildern trainiert. "Die Software weiß, wie ein gesundes Knie aussieht und kann unterschiedliche Krankheitsstadien anhand der Röntgenbilder automatisiert erkennen. Auffälligkeiten werden markiert und ein Diagnose-Vorschlag erstellt", so Ljuhar. Außerdem liefere das System auch einen sehr detaillierten und strukturierten Bericht, "nicht nur eine Aneinanderreihung von kryptischen lateinischen Wörtern", den man den Patienten mitgeben könne.

Vorschläge zu rund 85 Prozent angenommen

Rund 10 bis 15 Prozent der Bevölkerung seien ab einem gewissen Alter von Gelenksabnutzungen betroffen. "Arthrosen nehmen zu, weil wir schwerer und älter werden und uns weniger bewegen", sagte der TU Wien-Absolvent. Ärzte hätten wenig Zeit und müssen schnell entscheiden. Bilddaten zu analysieren und Knochenerkrankungen im Frühstadium zu erkennen, sei aber sehr aufwendig. Aktuell würden die Diagnose-Vorschläge der Software im Schnitt zu 80 bis 85 Prozent von den Ärzten bestätigt. "Wir wollen auf über 90 Prozent kommen. Daran müssen wir noch arbeiten", so Ljuhar.

Er wies auch darauf hin, dass es unter Ärzten zum Teil eine deutlich höhere Schwankungsbreite bei den Entscheidungen gebe. Im Rahmen der Validierung in klinischen Studien werde deshalb für ein Röntgenbild teilweise eine halbe Stunde aufgewendet. In der Praxis sei das unmöglich. Bis Ende des Jahres wolle man eine Zulassung nach dem Medizinproduktegesetz erreichen, "wo unsere Software einer Arzt-Diagnose entspricht".

An Vorhersage wird noch gearbeitet

Die aktuelle Forschung gehe aber über die reine Röntgenbefundung hinaus. "Wir haben Modelle entwickelt, durch die eine Vorhersage des Risikos möglich ist. In Studien haben wir zu 80 Prozent prognostizieren können, dass Patienten in den nächsten vier Jahren eine signifikante Verschlechterung des Kniegelenks erfahren werden", erklärte Ljuhar. Das komme bereits in klinischen Studien zur Anwendung.

Hervorgegangen ist das IB Lab aus dem Wiener Medizintechnikunternehmen Braincon. "Ende 2016 haben wir erkannt, dass man als eigenständiges Unternehmen schneller wachsen kann und schließlich von AWS, Inits, Wiener Wirtschaftsagentur und Co. mehr als eine Million Euro an Fördergeldern erhalten." Mit den Bilddatensätzen, die man im Lauf der Jahre aufgebaut hat, wurden dann Algorithmen entwickelt, die quasi selbstlernend sind. Ein wichtiger Partner sei hier die Donau-Universität Krems. Stefan Nehrer, Leiter des Zentrums für Regenerative Medizin und Orthopädie, habe das IB Lab mitgegründet und fungiere jetzt als Chief Medical Officer.

Das Unternehmen beschäftigt derzeit ein Dutzend Mitarbeiter. Für heuer rechnet man mit rund 200.000 Euro Umsatz. Für das weitere Wachstum seien noch 1,5 Mio. Euro Risikokapital notwendig. Entsprechende Gespräche mit Investoren würden laufen und sollen noch heuer abgeschlossen werden.

(APA/red, Foto: APA/IB Lab)

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