Natur des Jahres 2018: Stare und andere neue Stars

18. Dezember 2017 - 11:40

Alte Bekannte wie Stare, Welse und Grasfrösche sowie kaum geläufige Wesen wie Barockesel, Tigerschnegel und Skorpionsfliegen finden sich unter den Arten des Jahres 2018. Naturschutzorganisationen und Wissenschafter küren vor Jahreswechsel Lebewesen zur "Natur des Jahres", um auf ihre besondere Schutzbedürftigkeit hinzuweisen und unbekannte Arten in das Rampenlicht zu rücken.

Die Lebensräume der Igel schwinden
Die Lebensräume der Igel schwinden

Zum "Tier des Jahres" ernannte der Naturschutzbund Österreich den Igel. Er ist in der Dämmerung und Nacht aktiv und verschläft die kalte Jahreszeit, für die er sich einen formidablen Fettpolster anfressen muss, um zu überleben. Seine Nahrung sind Regenwürmer, Schnecken, Raupen, Käfer und Eier sowie Jungtiere bodenbrütender Vögel. Bei Gefahr rollen sich Igel zu einem Stachelball zusammen. Sie werden im Schnitt vier Jahre alt, allerdings ist die Sterblichkeit beim ersten Winterschlaf hoch. Hauptfeind ist der Straßenverkehr. Der Igel gilt hierzulande vor allem als gefährdet, weil seine Lebensräume schwinden. Die Bestände unterstützen könne man laut Naturschutzbund mit einem "nicht allzu penibel aufgeräumten Garten mit Unterschlupfmöglichkeiten".

Obwohl man ihn immer noch in großen Scharen sieht, haben die Bestände des Stars in den vergangenen paar Jahren um die Hälfte abgenommen. Er wurde von BirdLife Österreich und dem Naturschutzbund Deutschland (NABU) zum "Vogel des Jahres" gekürt. Aus der Entfernung ist er recht unscheinbar, bei näherer Betrachtung sieht man allerdings sein Gefieder prächtig metallisch glänzen. Er kommt in Städten genauso wie auf dem Land vor, doch geeignete Lebensräume mit Brutmöglichkeiten und passender Nahrung sind vor allem durch die intensive Landwirtschaft im Schwinden. Außerdem wird er vor allem von den Winzern alles andere geschätzt, weil er sich gerne vor ihnen an die Lese der Weinbeeren macht. Dabei galt er noch Anfang des 20. Jahrhunderts als wichtiger Vertilger landwirtschaftlicher Schädlinge.

"Fisch des Jahres" darf sich der größte Wasserbewohner Österreichs als Auserwählter des Österreichischen Fischereiverbands, des Bundesamts für Wasserwirtschaft und des Österreichischen Kuratoriums für Fischerei nennen. Der Wels lebt tief in der Dunkelheit von Seen oder langsam fließender Gewässern und versteckt sich zudem gerne hinter Baumstämmen, im Wurzelwerk, in Höhlen und Spalten. Der bis zu drei Meter große Räuber hört und riecht ausgezeichnet, dafür sind seine Augen vergleichsweise winzig. Mit seinen Barteln lockt er Beute an, und wenn sie nahe genug ist, reißt er sein riesiges Maul auf, wodurch der Sog seine Opfer in ebendieses befördert. Dies können Fische sein, Würmer, Schnecken, Insekten, Krebse, Frösche, aber auch Ratten, Mäuse und Vögel, die ins Wasser gelangt sind. Außer Anglern hat er keine natürlichen Feinde und zählt oft bis zu 80 Jahren. Seine Bestände sind noch stabil, doch es fehlt ihm wie vielen anderen Fischen an seichten, bewachsenen Uferstellen zum Ablaichen. Deswegen wird er als gefährdet eingestuft.

Eine "Allerweltsart", die allerdings zu den gefährdeten Tieren gehört, hat die Deutsche Gesellschaft für Herpetologie und Terrarienkunde in Kooperation mit der Österreichischen Gesellschaft für Herpetologie zum "Lurch des Jahres" gewählt: den Grasfrosch. Er ist bräunlich gefleckt und ausgewachsen sechs bis neun Zentimeter lang. Wenn die Temperaturen im Frühling über die Fünf-Grad-Marke steigen, wandern die Grasfrösche von ihren Winterverstecken in die Laichgewässer und gehören damit zu den ersten Amphibien, die sich nach der kalten Jahreszeit regen. Sie fressen Insekten und Spinnentiere, Schnecken und Würmer. Gefressen werden sie wiederum von Mardern, Füchsen, Wildschweinen, Eulen, Greifvögeln, Reihern und Störchen. Fische und Molche laben sich außerdem an ihren Eiern und Kaulquappen. Mehr als diese natürlichen Feinde bedrohen ihn aber die Zerstörung seiner Lebensräume durch die intensive Landwirtschaft, sowie Pestizide und Straßen.

Ein kaiserlich, königliches Relikt ist - wie schon im Vorjahr - "Nutztier des Jahres": der österreichisch-ungarische weiße Barockesel. In dieser Zeit galten weiße Tiere als Botschafter des "Guten", das bleiche Grautier wurde damals als Statussymbol gehalten. Es wird in der Regel 30 bis 40 Jahre alt und ist im Karpatenbecken und Ostösterreich zuhause. Mit nur jeweils gut hundert Hengsten und Stuten ist der Barockesel selten geworden und somit hoch gefährdet. Ernannt wurde er von "Arche Austria". Neben der Landschaftspflege obliegt ihm nach erfolgter Ausbildung etwa ein Job als Reitesel, Kutschenzieher, Tragtier für Wanderer oder Therapieassistent (Asinotherapie). Möglicherweise gibt es auch noch nicht registrierte Exemplare auf Bauernhöfen, die dort bei landwirtschaftlichen Tätigkeiten aushelfen.

Gefährlich klingt der Name des vom Naturschutzbund und der Österreichischen Entomologischen Gesellschaft erwählten "Insekt des Jahres": Gemeine Skorpionsfliege. Doch was vermeintlich ein bedrohlicher Giftstachel ist, entpuppt sich bei näherem Hinsehen als männliches Kopulationsorgan und ist somit für Menschen und andere Lebewesen harmlos.

Die Fliegen haben charakteristisch dunkle Flügelzeichnungen, meist in Form von Bändern. Sie kommen im Gebüsch, auf Lichtungen in Wäldern, in Brennnesselstauden und auf Wiesen vor. In der Luft nur mäßig geschickt, klettern sie umso besser und können sich sogar auf Spinnennetzen fortbewegen. Bei Gefahr verlegen sie sich aufs Verstecken. Neben reifen Beeren und Obst frisst die Skorpionsfliege Aas von Insekten und Fischen.

Auch die "Spinne des Jahres" ist für Menschen keine Gefahr. Die Fettspinne verdankt ihren Namen einem fettig-glänzenden Aussehen vor allem am Hinterleib. Bei einer Körpergröße von vier bis sieben Millimetern ist sie in verschiedenen Brauntönen gefärbt. Sie baut dreidimensionale Deckennetze mit nach unten hängenden Fangfäden, die als einzige mit Klebetropfen versehen sind. Fettspinnen kommen in und an Gebäuden in ganz Mitteleuropa vor und sind recht häufig. Sie fressen kleine Insekten und andere Spinnen. Ihre Ernennung, die übrigens europaweit zählt, verdankt sie 83 Arachnologen aus 26 Ländern. In Österreich wurde die Wahl vom Naturhistorischen Museum Wien koordiniert.

Der Tigerschnegel ist zwar hierzulande recht verbreitet, trotzdem aber eher unbekannt. Der Titel "Weichtier des Jahres" soll ihm zu mehr Ruhm verhelfen, meinen der Naturschutzbund und die Malakologen (Weichtierexperten) der Universität Salzburg. Er ist eine große Nacktschnecke, die Eier und Jungtiere einer ungeliebten Verwandten verzehrt, der "Spanischen Wegschnecke", die sonst kaum Feinde hat und sich massenhaft vermehrt. Mit bis zu 20 Zentimetern ist der Tigerschnegel eine der größten Weichtiere Europas. Für Gärtner ist er keine Plage, da er außer anderen Schnecken und ihren Gelegen nur Pilze und Aas frisst.

Zur "Blume des Jahres" kürte der Naturschutzbund den "Langblättrigen Ehrenpreis". Er säumt Flüsse an naturnahe Flussauen. Dieser Lebensraum sei einer der stärksten bedrohten Ökosysteme in Österreich. Rund drei Viertel des auch für den Hochwasserschutz und CO2-Speicherung wichtigen Auenbestandes seien bereits verschwunden. Die lila Blüten des Langblättrigen Ehrenpreis sind im Hochsommer zu bewundern und traubenförmig. Oft laben sich Bienen, Hummeln und Fliegen an ihrem Nektar. Er ist auch als Garten- und Balkonpflanze beliebt.

Von Totholz der Weiß-Tanne ernährt sich der "Pilz des Jahres", nämlich der Gestielte Tannen-Schwarzborstling. Seine Fruchtkörper sind dunkelbraun gefärbt, haben Becher- oder Teller-Form und einen dünnen Stiel. Er kommt in Europa, Amerika und Asien vor, ist aber alles andere als häufig. Deshalb gilt er etwa in Österreich als stark gefährdet. Auf diese Tatsache will die Österreichische Mykologische Gesellschaft mit seiner Ernennung aufmerksam machen.

Als dichte, bis zu zehn Zentimeter hohe Polster an schattigen, feuchten Felsen wächst das "Echte Apfelmoos". Über diese hinaus ragen kugelige Kapseln. Es verbreitet sich durch Sporen und wurde vom Naturschutzbund Österreich und der Bryologisch-lichenologischen Arbeitsgemeinschaft für Mitteleuropa zum "Moos des Jahres" gekürt, ebenso wie einen anderen Felsbewohner namens "Fransen-Nebelflechte" zur "Flechte des Jahres". Sie hat graue bis weißliche runde "Lager" und erreicht meist etwa fünf Zentimeter Durchmesser. In der Sonne kann sie völlig austrocknen und monatelang in einen Ruhezustand verfallen.

Auch Kulturpflanzen können zu Ruhm und Ehren kommen, so wie der "Salzburger Rosenstreifling" als "Streuobstsorte des Jahres". Da er immer mehr aus den Obstwiesen der Salzburger Bauern verschwindet, hat ihm ARGE Streuobst zu diesem Titel auserlesen. Es handelt sich hierbei um eine rote Apfel-Variante, die man frisch genießen oder für Saft und Most pressen kann. Die Bäume sind hinsichtlich des Bodens anspruchslos, bevorzugen aber sonnige Hänge.

Service: http://naturschutzbund.at/natur-des-jahres.html

(APA/red, Foto: APA/APA (dpa))

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