Asiens forschungsintensivste Uni öffnet Türen für Österreichs Firmen

13. November 2017 - 9:25

Die Wirtschaftskammer Österreich bietet ihren Mitgliedsfirmen Zugang zu Forschungseinrichtungen in den USA, Europa und Asien. Kammerpräsident Christoph Leitl hat vergangene Woche Abkommen mit Forschungseinrichtungen in Südkorea, Japan und Singapur unterzeichnet. Der jüngste Partner, die NTU in Singapur, existiert erst seit 1991, ist aber bereits Asiens Forschungseinrichtung Nummer eins.

Ausrichtung auf Forschung und Industrienähe
Ausrichtung auf Forschung und Industrienähe

Der Weg dorthin ist mit Maßnahmen gepflastert, die für österreichische Ohren unglaublich klingen. Die Nanyang Technical University (NTU) hat 2007 den schwedischen Wissenschafter Bertil Andersson erst als wissenschaftlicher Leiter (provost) und dann als Präsident installiert. Eine seiner Anfangsaufgaben: Rund die Hälfte des wissenschaftlichen Personals austauschen, weil sie nicht die erhoffte Leistung brachten. Auch jetzt gibt es Bestellungen nur mit kontinuierlichem Leistungsnachweis.

70 Prozent der Lehrenden aus dem Ausland

Die NTU hat heute 33.000 Studenten und ein akademisches Personal (ohne Verwaltung) von 4.350 Personen. 70 Prozent von ihnen stammen aus dem Ausland. "Manche europäische Staaten sind da wohl zu nationalistisch" sagte Andersson anlässlich der Unterzeichnung des Kooperationsabkommens zwischen seinem Haus und der WKÖ. Die NTU arbeitet bei ihrer Forschung eng mit der Industrie zusammen. Er ziehe an der NTU zehnmal so viel Forschungsgeld von schwedischen Firmen an Land, wie in seiner Zeit als Professor in Schweden, vergleicht Andersson.

Der Unterschied sei, dass er sich in Schweden gefreut habe, mehr Geld für seine ohnehin laufende Arbeit zu bekommen. In Singapur werde hingegen mit dem Geld ein Team von Professoren zusammengestellt, das punktgenau dort forschen könne, wo der Bedarf besteht. Der Erfolg lasse sich daran messen, dass fast alle Industrie-Partner nach zwei Jahren ihre Programme ausweiten wollen. "Das ist wichtiger als eine weitere Publikation", meint Andersson. Trotzdem ist die NTU die Universität Asiens mit den meisten Publikationen und weltweit nach diesem Kriterium Nummer elf (QS World University Rankings).

Die gute Zusammenarbeit der Forscher mit der Industrie entstand nicht von selber. "Wir wissen, dass der Großteil unserer Professoren lausige Unternehmer sind", sagt Forschungsdirektor Timothy White. Daher habe die NTU eine sehr stark besetzte Abteilung, die sich um die Kooperation mit der Geschäftswelt kümmert. "Das macht unseren Erfolg aus", so White. An der NTU unterhalten daher zahlreiche Firmen und Institutionen, von Rolls Royce bis zu den US-Universitäten Stanford und Harvard eigene Forschungsgruppen.

voestalpine und Böhler mit an Bord

Zusätzlich dazu gibt es direkt angrenzend an den Campus das ARTC (Advanced Remanufacturing and Technology Centre), wo Forschungsergebnisse möglichst rasch industriell umgesetzt werden sollen. Ergebnisse erwartet man hier innerhalb von 3 bis 15 Monaten. Aus Österreich sind die voestalpine und ihre Tochter Böhler Partner.

Die NTU hat abgesehen von dem aktuellen Abkommen mit der WKÖ mehrere Bezugspunkte in Österreich. Es gibt 19 Kooperationen (Memorandum of Understanding) vom Studentenaustausch bis zur wissenschaftlichen Zusammenarbeit mit österreichischen Institutionen. Gemeinsame Ausbildung gibt es etwa mit dem AIT (Austrian Institute of Technology) sowie der Universität für Bodenkultur (BOKU) aber auch mit der TU Graz werde zusammengearbeitet, sagte Andersson. Er selber habe sich beim Wiener Bürgermeister Michael Häupl für die Schaffung des "Complexity Science Hub Vienna" (CSH) eingesetzt. Beim Studentenaustausch liegen Österreicher allerdings nur unter "ferner liefen". "Wir hoffen da auf mehr", so Andersson.

Auch auf dem Campus der NTU, auf dem die Hälfte der Studenten und ein guter Teil der Professoren wohnt, gibt es ein Wahrzeichen mit Österreich-Bezug. Das Sportzentrum, angesichts der Dachform als "the wave" (die Welle) bezeichnet, ist aus Holz mit einer Dachspannweite von 72 Metern - geliefert von dem Tiroler Unternehmen Binderholz. Bis vor kurzem war Holzbau in Singapur noch nicht zugelassen, nun steht einer der größten Holzbauten Asiens am Campus. Der österreichische Wirtschaftsdelegierte Volker Amann verweist darauf, dass er mit seinem Team intensives Lobbying für Holz als anerkanntem Baustoff betrieben habe. Die zuständigen Bauexperten seien nach Österreich eingeladen und dort von der Feuerpolizei bis zu Architekten mit Spezialisten ins Gespräch gebracht worden. Wenige Monate danach sei Holz zugelassen worden, obwohl es dafür in den Tropen angesichts von Termiten und hoher Feuchtigkeit als wenig geeignet gegolten habe.

Sehr offen für Veränderung

Singapur ist insgesamt sehr offen für Veränderungen. Auch der 200 ha große Campus der NTU ist eine permanente Baustelle, weil laufend neue Institute dazu kommen oder alte umgestaltet werden. Unter anderem eine Medizin-Fakultät, die in Kooperation mit dem Imperial College aus Großbritannien entstand.

Andersson, der mit Jahresende das Haus verlässt, ist neben vielen anderen Tätigkeiten auch Mitglied der österreichischen Akademie der Wissenschaften und Träger der Wilhelm Exner Medaille und war Mitglied des Forschungsstrategischen Beirats im AIT. Sein Nachfolger wird mit 1. Jänner 2018 der in Indien geborene US-Amerikaner Subra Suresh.

(Diese Meldung entstand im Rahmen einer Reise auf Einladung der WKÖ)

(APA/red, Foto: APA/APA (AFP))

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