Großen Erdbeben auf der Spur: Forschung am Grund der Kärntner Seen

23. Oktober 2017 - 12:10

Vor 670 Jahren, 1348, erschütterte ein massives Erdbeben den Raum Kärnten und Friaul. Verheerende Schäden waren die Folge. Damals stürzte ein Teil des Villacher Hausbergs Dobratsch herunter und verschloss das Gailtal, woraufhin sich die Gail zu einem See aufstaute. War dieses Erdbeben einzigartig in seiner Stärke oder kommen ähnliche Erschütterungen in mehr oder weniger regelmäßigen Abständen vor?

Forscher entnehmen im Wörthersee Sedimentkerne
Forscher entnehmen im Wörthersee Sedimentkerne

Dieser Frage geht eine Forschungsgruppe der Universität Innsbruck in den nächsten vier Jahren nach. Und sie macht es dort, wo massive Erschütterungen konserviert werden: am Grund der Seen. "Die Sedimente sind wie Jahresringe bei einem Baum", erklärte Projektleiter Jasper Moernaut im Gespräch mit der APA. Erdrutsche unter Wasser, wie sie etwa durch Erdbeben ausgelöst werden, verewigen sich dort. "Am Land unterliegt ein Erdrutsch der Erosion, oder Menschen tragen das Geröll weg und bauen Straßen. Am Seegrund gibt es das alles nicht." Und die Zusammensetzung der Erdrutsch-Sedimente unterscheidet sich deutlich von den üblichen Ablagerungen.

Aktuell entnehmen der belgische Geologe und sein Doktorand Christoph Daxer im Wörthersee an unterschiedlichen Stellen Sedimentkerne. Die letzte Eiszeit, welche die Landschaft geformt hat, hatte ihren Höhepunkt vor 20.000 Jahren. Seit etwa 18.000 Jahren, seit sich die Gletscher zurückgezogen haben, gibt es die Kärntner Seen, erklärt Moernaut. "Große Erdbeben gibt es alle 200 oder 300 Jahre. Die letzten 800 Jahre sind durch historische Quellen relativ gut dokumentiert." Aber wie oft gibt es ein Beben, das Berge einstürzen lässt? Ein Beben wie 1348?

Rückschlüsse auf Häufigkeit

In der Veldener Bucht sind die Forscher bereits fündig geworden. Hier zeigen die Ablagerungen am Seegrund einen großen Erdrutsch an. Die Vermutung liegt nahe, dass das Erdbeben von 1348 der Auslöser gewesen sein könnte. Die Auswertung der Proben wird Gewissheit bringen. Die aktuell gezogenen Proben sind noch vergleichsweise klein. Plexiglasröhren, die mit einem Gewicht beschwert in den Boden gestoßen werden, fördern etwa die oberen eineinhalb Meter Seegrund zutage. Im kommenden Sommer wird in einem nächsten Schritt rund 15 Meter tief gebohrt. Moernaut: "Vielleicht 14.000 Jahre werden wir dann im Sedimentkern haben."

Aus diesen Zeitabschnitten und dem Vergleich mit Proben von anderen Kärntner Seen hoffen die Geologen, Schlüsse auf die Häufigkeit von großen und sehr großen Erdbeben im Alpenraum ziehen zu können. "Die Frage ist auch, ob der Rückgang der Vergletscherung und die dadurch verringerte Stabilität die großen Erdbeben erst möglich gemacht haben", erläutert Moernaut.

Das Forschungsprojekt ist auf vier Jahre ausgelegt. Das Gesamtbudget von 400.000 Euro wird in erster Linie durch eine Förderung des Wissenschaftsfonds gespeist. Weitere Unterstützung gibt es durch die Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG), welche den seismologischen und historischen Teil beiträgt, von Geologen der Universitäten Wien und Salzburg, sowie vom Kärntner Institut für Seenforschung.

(APA/red, Foto: APA/APA (Strasser))

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