Botenstoff Serotonin spielt auch bei Krebs eine Rolle

19. Oktober 2017 - 12:25

Blutplättchen (Thrombozyten) und das in ihnen enthaltene Serotonin - ein Botenstoff mit wachstumsfördernden Eigenschaften - sind maßgeblich am Wiederauftreten von Krebs nach einer operativen Leberteilentfernung beteiligt. Eine Forschungsgruppe der MedUni Wien hat jetzt zum ersten Mal diese Auswirkungen auf das Tumorwachstum im Menschen nachgewiesen.

Zweischneidige Rolle von Serotonin
Zweischneidige Rolle von Serotonin

In einer früheren Arbeit aus dem Jahr 2014 konnte die Gruppe um Patrick Starlinger von der Universitätsklinik für Chirurgie der MedUni Wien/AKH darstellen, dass höhere Serotoninspiegel in Thrombozyten zu einem besseren klinischen Verlauf nach einer Leberresektion führen, da das in den Blutplättchen gespeicherte Serotonin vermutlich die postoperative Leberregeneration positiv beeinflusst und somit das Auftreten von Komplikationen vermindert wird. Basierend darauf wurde die Hypothese aufgestellt, dass eine medikamentöse Beeinflussung des Serotoninspiegels die Leberregeneration ankurbeln und die Funktion des Organs nach einem solchen Eingriff verbessern könnte. Dieser Ansatz wäre hilfreich, da ungefähr zehn bis 20 Prozent der Patienten nach einer Leberteilentfernung an einer akuten Leberdysfunktion leiden und dafür bisher keine adäquate Therapie verfügbar ist.

Universeller Wachstumsfaktor

Serotonin scheint jedoch einen relativ universellen Wachstumsfaktor darzustellen. So gibt es mehrere wissenschaftliche Berichte über eine tumorfördernde Wirkung von Serotonin. Tatsächlich zeigen zahlreiche Publikationen, dass die Haupttumorarten der Leber durch Stimulation mit Serotonin ein erhöhtes Wachstum aufweisen. Allerdings gab es zu diesem Phänomen lediglich experimentelle Daten und ein Beweis im menschlichen System konnte noch nicht gestellt werden.

Um den Effekt von Serotonin auf das Tumorwachstum im Menschen zu evaluieren, wurde für diese Studie, die im "Journal of Hepatology" erschienen ist, bei Patienten mit Leberresektionen der Serotoninspiegel in den Thrombozyten vor der Operation bestimmt. Es konnte erneut gezeigt werden, dass die Kranken mit besonders niedrigen Serotoninwerten vermehrt an Komplikationen und einem längeren Krankenhausaufenthalt nach der Operation leiden als jene mit besonders hohen Serotoninspiegeln in den Blutplättchen.

Analysierte man aber die Häufigkeit des Wiederauftretens der Tumorerkrankung, zeigte sich ein umgekehrtes Bild: Während Patienten mit besonders hohen Serotoninspiegeln vermehrt zu einem Rückfall leiden, zeigen jene mit sehr niedrigen Serotoninwerten ein geringeres Risiko. "Die durch diese Studie gewonnenen Erkenntnisse sind daher von höchster Wichtigkeit für die thrombozytenbasierten Therapie des postoperativen Leberversagens", wurde Starlinger in einer Aussendung der MedUni Wien zitiert, "während ein Anheben der in Thrombozyten enthaltenen Wachstumsfaktoren, wie zum Beispiel von Serotonin, bisher eine attraktive Therapie darstellte, sehen wir nun, dass diese Therapie nicht nur Vorteile bringen kann. Zwar verringert sich das Risiko für Komplikationen mit steigendem Serotoninspiegel, allerdings steigt parallel dazu das Risiko bereits innerhalb des ersten halben Jahres nach der potenziell heilenden Operation erneut an einem Tumor in der Leber zu erkranken."

Genaues Abwägen von Therapie-Optionen

Diese zweischneidige Rolle von Serotonin konnte nicht nur für primäre Lebertumoren, sondern auch für Metastasen bei Dick- und Enddarmkrebs bewiesen werden. "Diese Daten sollen keinesfalls bedeuten, dass eine Therapie des postoperativen Leberversagens basierend auf Thrombozyten oder Serotonin als Ganzes zu verwerfen ist", sagte Starlinger, "vielmehr zeigt diese Studie, dass eine genaue Definition der potenziellen Therapie und die verfügbaren Optionen sorgfältig untersucht werden müssen."

(APA/red, Foto: APA/APA (Fohringer))

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