Erzberg: Vortrieb für "Zentrum am Berg" voll angelaufen

15. September 2017 - 15:10

Am obersteirischen Erzberg entsteht bis zum Jahr 2019 ein europaweit einzigartiges Tunnelforschungszentrum. Als Basis für das "Zentrum am Berg" (ZaB) in Eisenerz dienen mehrere stillgelegte Stollen im Berg, die ausgeweitet und verlängert werden. Die Vortriebsarbeiten sind mittlerweile voll angelaufen, war bei einem Besuch zu erkennen. Rund 30 Millionen Euro werden investiert.

Leichtfried sieht Förderungen "ausgezeichnet angelegt"
Leichtfried sieht Förderungen "ausgezeichnet angelegt"

Herzstück des Tunnelforschungszentrums auf rund 1.050 Metern Seehöhe werden zwei parallel verlaufende Autobahn- und zwei Eisenbahntunnel, sowie eine fünfte Röhre als reine Versuchsstrecke sein, schilderte der Leiter des "Zentrums am Berg", Robert Galler von der Montanuniversität Leoben. Sie alle sollen zu Forschungs- und Entwicklungszwecken im Bereich des Tunnel- und Untertagebaus sowie deren Betrieb, Sicherheit und Erforschung der Risiken genutzt werden.

Die Auto- und Eisenbahnröhren werden nach rund 400 Metern im Erzberg auf den alten, außer Betrieb befindlichen Pressler-Stollen stoßen. Dieser soll auf einer Länge von rund einem Kilometer ausgebaut und ebenfalls der Forschung und Entwicklung dienen, wie Galler erklärte. Die gesamte Infrastruktur soll auch als Trainings- und Schulungszentrum für Einsatzorganisationen im Krisen- und Katastrophenszenario, für Wartungs- und Instandhaltungspersonal sowie für die Nutzer der Straßen- und Bahninfrastruktur dienen.

Tunnelanschlag vor rund einem Jahr

Vor rund einem Jahr wurde das Großprojekt offiziell mit einem Tunnelanschlag zum Südportal, an dem die Eisenbahntunnel beginnen, gestartet. "Aktuell wird am Vortrieb für die beiden großen Eisenbahnstollen gearbeitet", sagte der ZaB-Leiter am Freitag bei einer Baustellenbesichtigung. Der Vortrieb ist nach den ersten rund eineinhalb Monaten etwa 80 Meter in den Berg vorangetrieben worden.

Bei einem Pressetermin hatte Infrastrukturminister Jörg Leichtfried (SPÖ) selbst eine Sprengung für die Stollen ausgelöst und zeigte sich erfreut über den Baufortschritt. "Es ist eine unglaubliche Leistung von Menschen, die so etwas hier aus dem Boden stampfen. Darauf kann man wirklich stolz sein", sagte der Minister. Das investierte Geld - das Infrastrukturministerium beteiligt sich an den Förderungen mit sechs Millionen Euro - sei "ausgezeichnet angelegt".

"Besser zu sein als die anderen, mehr zu wissen, darum geht es, um vorne dabei zu sein. Jeder Euro, der in Forschung und Entwicklung fließt, sichert Arbeitsplätze, stärkt unsere Betriebe und steuert der Abwanderung aus den Regionen entgegen", begründete der Infrastrukturminister die Investitionen. Die Gesamtkosten von 30 Millionen Euro teilen sich das Land Steiermark (zwölf Mio. Euro), das Wissenschaftsministerium, des Verkehrsministerium sowie der Montan-Uni (je sechs Mio. Euro). Im Vollbetrieb ist mit jährlichen Kosten in der Höhe von einer halben Million Euro zu rechnen. Sie sollen zur Gänze aus dem operativen Betrieb durch Forschungsprojekte mit der Wirtschaft lukriert werden. Schon während des Baus wird gezielt Grundlagenforschung zum Tunnelbau durchgeführt. EU-Projekte, wie zum Beispiel zur unterirdischen Speicherung der Energie aus Solar- und Windkraftanlagen, sind bereits angelaufen, schilderte Galler.

Schichtarbeit rund um die Uhr

Etwa 50 Arbeiter sind seit Anfang August auf der aktuellen Baustelle für die beiden rund 400 Meter langen Eisenbahntunnel beschäftigt, hieß es vonseiten der ausführenden Firma Swietelsky. Sie wohnen größtenteils in Vordernberg und Eisenerz. Bisher haben sie in Schicht rund um die Uhr an sieben Tagen der Woche gearbeitet. Im Oktober wird auf Tagesbetrieb umgestellt, schilderte Galler. Für die Autobahnröhren haben die Vortriebsarbeiten noch nicht begonnen, die Vorarbeiten für das West-Portal laufen jedoch in diesen Wochen an, wie Galler sagte.

Seit den 1970er-Jahren ist die Region Eisenerz eine der vielen europäischen Industrieregionen mit ökonomischen Problemen. Der durch die internationale Konkurrenz unrentabel gewordene Untertage-Erzabbau führte zu einem drastischen Einbruch der Wirtschaft und zu Abwanderung. Die früher als Stärke empfundene Spezialisierung der gesamten wirtschaftlichen Ausrichtung auf den Bergbau wurde zu einem Hemmschuh für die regionale Entwicklung. Weil immer mehr Jugendliche aus der Region ihr Glück "auswärts" suchen, ist auch die Einwohnerzahl beispielsweise von Eisenerz von 13.000 im Jahr 1961 auf weniger als 4.500 rückgegangen. Die VA Erzberg betreibt am Erzberg nach wie vor den größten Bergbaubetrieb Österreichs im Tagebau, beschäftigt rund 200 Mitarbeiter und baut jährlich rund 8,5 Mio. Tonnen Gestein ab, um es zu Feinerz zu verarbeiten. Sie stellen das Innere des Berges für die Forschung zur Verfügung.

(APA/red, Foto: APA/APA (BMVIT/J. Zinner))

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