Singvogel-Männchen beteiligen sich musikalisch ein wenig am Brüten

15. September 2017 - 10:40

Einer Singvogelart, bei der unüblicherweise auch die Weibchen singen, ist die in Australien tätige Biologin Sonia Kleindorfer auf der Spur. In einer kürzlich im Fachblatt "Biology Letters" publizierten Arbeit fand sie heraus, dass sich der Vogelnachwuchs im Ei trotzdem stärker am väterlichen Gesang orientiert. Für den am Brüten sonst unbeteiligten Vater sei das ein Fenster, um Einfluss zu nehmen.

Gesänge des Weibchens und des Männchens wichtig
Gesänge des Weibchens und des Männchens wichtig

Im Gegensatz zu vielen anderen Singvogel-Arten besingen die Weibchen des Prachtstaffelschwanz (Malurus cyaneus) ihre Eier beim Brüten - und mehr noch, sie singen das ganze Jahr hindurch. Lange ging man davon aus, dass dieses Verhalten quasi Singvögel-Männchen vorbehalten ist. Die gängige Meinung war: Männchen machen mit buntem Federkleid und Gesang auf sich aufmerksam, und die Weibchen wählen aufgrund dessen ihren Favoriten aus.

Weibchen von Wissenschaft ignoriert

Mittlerweile stellt sich immer häufiger heraus, dass auch viele Singvogel-Weibchen singen. Trotzdem sei das Feld aber noch "mehr oder weniger unerforscht", sagte Kleindorfer: "Mich hat auch als Frau in der Wissenschaft interessiert, wie die gesamte Theorie die Weibchen ignorieren kann, obwohl auch sie manchmal bunt sind und viel singen."

Bei ihrem Forschungsobjekt, dem Prachtstaffelschwanz, sind die Weibchen allerdings eher grau - und singen trotzdem. "Normal würde man sagen, dass man unauffällig sein sollte, wenn die Hauptaufgabe die Brutpflege ist - was die Weibchen ja tun", sagte Kleindorfer. Tatsächlich ist das Singen für die Weibchen ein Risiko, da sie damit nachweislich Räuber anziehen, wie die Forscherin, die vor ihrem Engagement an der Flinders University in Adelaide (Australien) an der Universität Wien tätig war, in früheren Studien herausgefunden hat.

In ihrer aktuellen Studie ging es darum, festzustellen, ob die Embryonen im Ei anders reagieren, wenn ihre Eltern Laute von sich geben. Schon 2012 konnten Kleindorfer und ihr Team feststellen, dass die Jungvögel vor dem Schlüpfen die Rufe der Mutter lernen. "Nach dem Schlüpfen reproduziert das Neugeborene genau den Ruf der Mutter - und je besser sie das gelernt haben, desto mehr werden sie gefüttert", sagte Kleindorfer.

Nun konnte die Forscherin zeigen, dass die Gesänge des Weibchens und des Männchens wichtig sind. So haben die Kleinen im Ei einen anderen Herzrhythmus, wenn sie aus einer Familie kommen, in der viel gesungen wird. Interessanterweise dürfte vor allem die Rolle des Vaters besonders wichtig sein, da der Nachwuchs stärker auf den väterlichen Gesang reagiert. Das war vor allem dann der Fall, wenn der Vater häufig gesungen hat. "Er spielt hier also eine wichtige Rolle", so Kleindorfer.

Gesang der Mutter erhöht Räuberdruck

Der Grund dafür dürfte eben darin liegen, dass der Gesang der Mutter den Räuberdruck erhöht, während der Gesang des Vaters nebenan, der sich nicht direkt am Brüten beteiligt, nicht mit so viel Risiko behaftet ist. "Das ist gewissermaßen ein Fenster, in dem er Einfluss nehmen kann", sagte die Forscherin, die vermutet, dass das Singen für die Gehirnentwicklung der kleinen Vögel wichtig ist. Vor allem dürfte es die positive Entwicklung der räumlichen Vorstellungskraft der Tiere begünstigen.

Man könne sich vorstellen, dass die Präferenz für den Gesang des Vaters auch nach dem Schlüpfen weiter besteht. Söhne von sangesfreudigen Vätern hätten damit bessere Chancen, selbst gute Sänger zu werden. Töchtern könnte die Erfahrung mit dem musikalischen Vater wiederum bei der Partnerwahl helfen, indem es ihnen leichter fällt, Vertreter ihrer Spezies und damit Partner zu finden.

Service: http://dx.doi.org/10.1098/rsbl.2017.0302

(APA/red, Foto: APA/APA (dpa))

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