Biomarkerforschung: CBmed verbessert Datenauswertung

11. Juli 2017 - 10:55

Von Biomarkern verspricht man sich punktgenaue Diagnostik und Therapie, sie sollen aber auch die Früherkennung und Verlaufskontrolle optimieren. Um die Forschung voranzutreiben, werden unterschiedliche klinische Daten fusioniert und analysiert. Ein neues System zur optimierten Verarbeitung und Auswertung der Unmengen komplexer klinischer Daten entwickelt das Grazer CBmed gemeinsam mit SAP.

Grazer Zentrum kooperiert mit Softwarekonzern SAP
Grazer Zentrum kooperiert mit Softwarekonzern SAP

Nach der Inbetriebnahme einer Komplettlösung für Biomarker-Analyse an der Med-Uni Graz legt das österreichische Kompetenzzentrum für Biomarkerforschung in der Medizin (CBmed) einen weiteren Gang zu: Die bei der laufenden Krankenversorgung und biomedizinischer Forschung anfallenden großen Datenmengen will man in Kombination mit den Analysedaten des CBmed besser für die Patientenversorgung und Forschung nutzen können.

Patientenmangel bei Studien

Viele klinische Studien weltweit scheitern beispielsweise an der ausreichenden Zahl an teilnehmenden Patienten: So sei es bei rund einem Drittel aller klinischen Studien nicht möglich, die vorgegebene Zahl an erforderlichen Studienteilnehmern zu erreichen, wie das CBmed in Graz mitteilte. Aus Sicht von Harald Sourij, Leiter des Bereiches Metabolismus und Inflammation am CBmed, ist es "offensichtlich, dass der Prozess der Studienrekrutierung verbessert werden muss".

Mit der vom Grazer CBmed geplanten "innovativen Nutzung von Informationen für die klinische Versorgung und Biomarkerforschung" (IICCAB) will man u.a. die Möglichkeit schaffen, geeignete Kandidaten automatisch zu identifizieren und diese Informationen innerhalb der elektronischen Patientenakte hervorzuheben. Ärzte könnten dann noch während der Routineversorgung sofort die Studienteilnahme anbieten, ist die Vision der Grazer Forscher. Damit werde eine Alternative zum zeitaufwendigen Recherchieren in elektronischen Patientenakten geschaffen.

Damit verschiedene Daten zusammengeführt und für innovative Anwendungen verfügbar gemacht werden können, ist es notwendig, dass sie automatisch normiert werden. Da ein wichtiger Teil der klinischen Informationen ausschließlich als Text vorliegt, muss dieser mit Hilfe von sprachtechnologischen Verfahren zuerst analysiert und auf ein standardisiertes Vokabular abgebildet werden: "Eine besondere Schwierigkeit liegt darin, dass Befundtexte und Arztbriefe in der für Ärzte typischen kompakten Fachsprache einen wesentlichen Teil der elektronischen Patientenakte ausmachen", schilderte der Professor für Medizinische Informatik an der Med-Uni Graz, Stefan Schulz. Der Erfolg werde daher auch wesentlich davon abhängen, wie es gelingt, mit Hilfe von Text-Mining-Verfahren die entscheidenden Informationen aus den Texten automatisch herauszudestillieren.

Hochleistungs-Datenbank für Analyse

In der SAP-Technologie "Connected Health" glaubt das Grazer Kompetenzzentrum das geeignete System gefunden zu haben. Die Hochleistungs-Datenbank ermögliche es, die verschiedenen Datensätze unterschiedlicher Systeme der klinischen Routinedokumentation und weitere Datenquellen zu verschmelzen und die Daten in Echtzeit zu analysieren. "Wir erwarten uns, dass dies substanzielle Auswirkungen auf die Art wie wir in Zukunft Medizin betreiben, haben wird", so Sourij. In einem ersten Schritt will man bis 2018 im großen Maßstab klinische Daten zur besseren Weiterverwendung aufarbeiten, um dann in unterschiedliche Pilotanwendungen einfließen zu lassen.

Abseits vom Abwendungsbereich "Recruting" will man im Anwendungsszenario "Prediction" Vorhersagen zu künftigen Ereignissen, wie etwa Wiederaufnahmen von Patienten, erzielen. Die Anwendung "Patient Quick View" soll eine automatische Zusammenfassung entscheidungsrelevanter Patientendaten zur Verfügung stellen, abhängig von den Notwendigkeiten der Forschungssituation. Und "Coding" soll Ärzte bei der Codierung von Krankheitsfällen für administrative Zwecke helfen, indem die verfügbaren Daten analysiert und den Nutzern Vorschläge für passende Diagnosen- und Prozeduren-Codes unterbreitet werden. Die erste Phase des vom Bund (FFG) geförderten IICCAB-Projekts läuft bis Ende 2018. Kooperationspartner sind neben SAP die Steiermärkischen Krankenanstaltengesellschaft (KAGes) und die Med-Uni Graz mit der Biobank.

Ziel: Bis 2030 weltbestes Zentrum

Die Vision des K1-Kompetenzzentrums CBmed ist es, sich bis 2030 als weltweit führendes Zentrum für Biomarkerforschung im Bereich der personalisierten Medizin zu positionieren, wie Geschäftsführer Robert Fasching gegenüber der APA schilderte. Erreichen will man das, indem wissenschaftliche Expertise mit innovativen Technologien international führender Pharma-, Diagnostik- und medizintechnologischer Unternehmen vernetzt wird. Bisherige Schwerpunkte waren die Diagnose und Behandlung von Krebs, Stoffwechselerkrankungen und Entzündungen, künftig will man auch auf den Bereich Neurowissenschaften ausweiten, wie Fasching in die Zukunft blickte.

Das Grazer CBmed hat im Jänner 2015 seine Tätigkeit aufgenommen und steht im Eigentum der Med-Unis in Graz und Wien, der TU Graz, Universität Graz, dem Joanneum Research und dem Austrian Institute of Technology. Das Konsortium bestehe laut Fasching aus rund 20 wissenschaftlichen und mehr als 30 Industriepartnern wie beispielsweise B. Braun, Eli Lilly, Infineon, Kapsch, Merck Sharp & Dome, Qiagen oder SAP. Das Fördervolumen als K1-Kompetenzzentrums in der ersten Periode bis 2018 beläuft sich auf rund 17,5 Millionen Euro, aktuell seien an die 60 Mitarbeiter (etwa 40 im Vollzeitäquivalent) beschäftigt, wie Fasching schilderte.

In diesem Jahr und 2018 wolle man vor allem noch die Internationalisierung in Richtung Japan und den USA vorantreiben. Ende des Vorjahres habe man bereits einen Consultant für Japan eingesetzt, der die Pläne für ein künftiges Entwicklungszentrum in Japan vorantreiben soll.

(APA/red, Foto: APA/APA (Fohringer))

tutor18

Studium.at Logo

© 2010-2021  Hörsaal Advertainment GmbH

Kontakt - Werbung & Mediadaten - Datenschutz - Impressum

Studium.at versichert, sämtliche Inhalte nach bestem Wissen und Gewissen recherchiert und aufbereitet zu haben.
Für etwaige Fehlinformationen übernimmt Studium.at jedenfalls keine Haftung.