Schulautonomie: "Kleingedrucktes" auf dem Prüfstand

13. Juni 2017 - 8:25

Die Verhandlungen über das Schulautonomiepaket neigen sich - theoretisch - dem Ende zu. Nach vielen vermeintlichen Einigungen in den vergangenen Monaten dürfte am Dienstag tatsächlich der finale Abschluss erfolgen, zeigte man sich am Montag allseits optimistisch. Noch hakt es aber an der Zustimmung der Grünen, um dem Paket zur nötigen Zwei-Drittel-Mehrheit im Nationalrat zu verhelfen. Denn diese bemängeln das "Kleingedruckte", heute sollen Alternativvorschläge folgen.

Walser will sich nicht "austricksen" lassen
Walser will sich nicht "austricksen" lassen

Den Weg freigemacht hatte am Sonntag ein neuer Vorschlag von SPÖ und ÖVP, in dessen Grundzüge die Grünen dem Vernehmen nach eingebunden waren. Letztere haben am Montag aber noch das "Kleingedruckte" in den Gesetzestexten geprüft. Ergebnis: Man werde dem derzeit am Tisch liegenden Gesetzesentwurf für das Schulautonomiepaket nicht zustimmen. Das "Kleingedruckte" des Entwurfs sei "wenig erfreulich", sagte der Grüne Bildungssprecher Harald Walser in der "ZiB 24" des ORF am Montagabend. Seine Partei werde daher am heutigen Dienstag "Alternativvorschläge" vorlegen.

"In der jetzigen Form" keine Zustimmung

Im derzeitigen Entwurf - für den SPÖ und ÖVP eine Zwei-Drittel-Mehrheit und damit die Zustimmung entweder von Grünen oder FPÖ brauchen - seien "Dinge drinnen, die eindeutig nicht ausgemacht waren", sagte Walser. "In der jetzigen Form können wir nicht zustimmen."

Konkret geht es Walser um die Bedingungen für die gemeinsame Schule, vor allem stört ihn, dass laut dem Entwurf "50 Prozent aller Eltern" bei den Modellregionen zustimmen müssen. "Das ist Trickserei - wir lassen uns nicht austricksen." Er habe dabei "schwer die ÖVP im Verdacht": "Bei den Modellregionen ist der harte Kern der ÖVP dagegen - und der sitzt in Wien", sagte der Abgeordnete, der von einem "unseligen Schauspiel auf Kosten der Kinder" sprach.

Er werde daher am Dienstag auf einer Pressekonferenz gemeinsam mit Klubobmann Albert Steinhauser "Alternativvorschläge" machen. Details dazu wollte Walser vorerst nicht verraten.

Wann mit einer Einigung zu rechnen ist, ist für den Grünen Bildungssprecher offen: "Fix ist gar nichts, die Regierung soll ihre Versprechungen einhalten, dann ist auch morgen ein Abschluss möglich." Das Pochen auf eine Umsetzung der Modellregionen sei den Grünen deswegen so wichtig, "weil es nicht angeht, dass die Kinder mit neuneinhalb Jahren getrennt werden" - dies verursache lediglich Stress in der Volksschule.

Neuregelung mehrere Bereiche

Mit dem "Bildungsreformgesetz" sollen mehrere Bereiche neu geregelt werden. Einerseits sollen Schulen und hier vor allem Schulleitern mehr Gestaltungsmöglichkeiten eingeräumt bzw. durch Schaffung von Clustern Synergien gehoben werden. In einem zweiten Teil wird die Behördenstruktur adaptiert, allerdings die Grundzüge der Schulverwaltung beibehalten werden. Auf Wunsch der Grünen kamen im letzten Moment noch Gesamtschul-Modellregionen dazu.

An letzteren hakte es auch am Schluss: Die ÖVP wollte Modellregionen zur gemeinsamen Schule in einem geringeren Ausmaß als SPÖ und Grüne. Kompromissformel: Bundesweit dürfen nur 15 Prozent aller Schulen einer Schulart die Gesamtschule erproben. Außerdem darf eine einzelne Modellregion nicht mehr als 5.000 AHS-Unterstufenschüler umfassen. Das würde etwa eine von den Grünen erhoffte Modellregion in ganz Vorarlberg (derzeit knapp 4.000 AHS-Unterstufenschüler) oder im ganzen Burgenland (3.500) zumindest ermöglichen. Außerdem müssen an den einzelnen Standorten jeweils Lehrer und Eltern zustimmen - deren Vertreter bleiben allerdings bei ihrer Kritik an den Modellregionen.

Für die Lehrer gibt es ein vorerst eher symbolisches Zuckerl: In der Verfassung soll eine höchstens zulässige Durchschnittsklassenschülerzahl pro Bundesland von 25 Kindern festgeschrieben werden. Teil des Schulautonomiepakets ist nämlich die Streichung der gesetzlichen Klassenschülermindest- wie -höchstzahlen sowie der Teilungsziffern. Vielmehr sollen die Schulleiter über diese entscheiden: Sollten sie darüber das Einvernehmen mit den Eltern und Lehrern nicht herstellen können, müssten die neuen Bildungsdirektionen entscheiden. Lehrervertreter hatten daher "Monsterklassen" befürchtet.

Derzeit wird diese 25-er-Durchschnittszahl in allen Schulformen und in allen Bundesländern erreicht - Ausnahme sind die BHS in Vorarlberg. Knapp unter 25 liegt die Durchschnittszahl außerdem in den meisten Bundesländern vor allem in der AHS-Unterstufe. Die Durchschnitts-Klassengrößen sagen außerdem wenig über die Gruppengrößen an den einzelnen Schulen aus.

Gesetzesbeschluss theoretisch Ende Juni

Kommt es zu einer Einigung mit den Grünen, kann diese bereits in der nächsten Woche in den Nationalrat kommen. Nicht unlustig: Die nötige Zuweisung an den Unterrichtsausschuss würde dann in der von den NEOS einberufenen Sondersitzung zur "gescheiterten Bildungsreform der Kern-Kurz-Regierung" erfolgen. Am Tag darauf tagt der Ausschuss, endgültig beschlossen werden könnte das Gesetzeswerk dann bei einer Nationalratssitzung Ende Juni.

Bis zu einer Umsetzung dauert es aber noch: Mit ersten Maßnahmen können im Herbst aufgrund der Sommerferien gerade jene Schulen beginnen, an denen schon jetzt per Schulversuch Autonomie erprobt wird. Bis zu Modellregionen zur gemeinsamen Schule dürfte es überhaupt noch länger dauern - der Vorarlberger Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) geht für sein Bundesland überhaupt von einem Zeitraum von bis zu zehn Jahren aus. Interesse meldete auch sein burgenländischer Amtskollege Hans Niessl (SPÖ) an.

(APA/red, Foto: APA/APA (Schlager))

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