Wifo-Jubiläum in postfaktischem Umfeld

18. Mai 2017 - 15:40

Zum 90-Jahr-Jubiläum des Wirtschaftsforschungsinstituts (Wifo) wurde ein Hohelied auf die empirische Wirtschaftsforschung gesungen, allen voran von Bundespräsident Alexander Van der Bellen. "Die postfaktische Gesellschaft wird in diesem Haus nicht gelebt", sagte Wirtschaftskammer- und Wifo-Präsident Christoph Leitl.

Bundespräsident: Politik versucht durch Gutachten, ihre Tätigkeit zu legitimieren
Bundespräsident: Politik versucht durch Gutachten, ihre Tätigkeit zu legitimieren

In einem durch Polarisierung und Abkehr von Sachthemen entstehenden postfaktischen Umfeld brauche es eine evidenzbasierte und vorurteilsfreie Wirtschaftsforschung und professionelle Aufgabenteilung zwischen Forschung und Politik, sagte Wifo-Chef Christoph Badelt. "Es sind nicht die Fakten alternativ, sondern die Interpretationen." Das sei ganz normal, Wertungen seien Aufgabe der Politik. Das Wifo mache keine Politik, sagte Badelt.

Die Analysen und Gutachten des Wifo würden in den politischen Entscheidungsprozess eingespeist, sagte AK-Präsident und Wifo-Vizepräsident Rudolf Kaske. Kaske hob die Unabhängigkeit des Instituts hervor, sein Sozialpartnerkollege Leitl die breite Vertrauensbasis.

Expertisen vor allem im Krisenmanagement nötig

Wann sich die Politik besonders für Wirtschaftsforschung interessiert, machte der Bundespräsident an Beispielen aus seiner eigenen wissenschaftlichen Vergangenheit fest. Da ging es etwa um eine Analyse zum Arlbergstraßentunnel. Resultat: Betriebswirtschaftlich würde das kein Erfolg, volkswirtschaftlich schon, für die Politik war die Sache unterm Strich positiv. "Dieses Gutachten haben wir erhalten, als der Bau des Tunnels längst im Gange war", schilderte Van der Bellen. Die Politik versuche, durch solche Gutachten ihre Tätigkeit zu legitimieren. Dringlich würden Expertisen der Wirtschaftsforscher auch im Krisenmanagement.

Das Wifo wurde 1927 als "Österreichisches Institut für Konjunkturforschung" von Friedrich August von Hayek und Ludwig von Mises gegründet. Mises hielt - wie von Wifo-Experten heute berichtet wurde - Konjunkturprognosen übrigens für ein Ding der Unmöglichkeit, weil sie auf Wissen basierten, das zur Zeit der Prognoseerstellung noch nicht verfügbar sei. Lange Zeit war das Wifo auch eine Männergesellschaft. Es dauerte mehr als zwei Jahrzehnte, bis die erste Ökonomin angestellt wurde.

(APA/red, Foto: APA/APA (Hochmuth))

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