Steirische Diskussion um "Sex-Tasche Uschi" versus "Fake Sex"

17. Februar 2017 - 14:15

Mit einem Plädoyer für Sexualpädagogik hat die steirische Bildungslandesrätin Ursula Lackner (SPÖ) auf die in den vergangenen Tagen entbrannte Diskussion um die "Sex-Tasche Uschi" und entsprechende Förderungen für den Verein "l(i)ebenslust" reagiert. "Ich will nicht zusehen, wie die Maßnahmen durch den Kakao gezogen werden." Aufklärung über "Fake Sex" bei Pornos sei wichtiger denn je.

Lackner: "Die Nachfrage gibt uns Recht"
Lackner: "Die Nachfrage gibt uns Recht"

Die "Kronen Zeitung" hatte Anfang Februar kritisiert, dass für den Verein und seine "Sex-Tasche" inklusive Stoffgenitalien 40.000 Euro jährlich an Förderungen seitens des Landes fließen. Die FPÖ sprang auf das Thema auf und sprach in einer Aussendung von einem "leichtfertigen Umgang von SPÖ und ÖVP mit Steuergeldern". Die blaue Jugendsprecherin Liane Moitzi hält die "Sex-Tasche" für ein "dubioses Aufklärungsprojekt", das keinesfalls mit öffentlichen Mitteln finanziert werden dürfe. Aufklärung sei aus freiheitlicher Sicht "in erster Linie Aufgabe der Eltern".

Diskurs "tabuisierend"

Diese Darstellung wollte Lackner nicht im Raum stehen lassen und lud daher zur Pressekonferenz Vertreter von Aufklärungs-Vereinen sowie die Direktorin einer Mittelschule ein. "Sex und Sexualität ist etwas Natürliches, aber der Diskurs darüber ist tabuisierend, das Thema wird ins Lächerliche gezogen und abgetan", kritisierte Lackner. Sie lobte den vor rund 30 Jahren erfundenen "Sex-Koffer", der eine zeitgemäße Sexualpädagogik ermöglicht habe und nun in Misskredit gebracht werde.

Die Landesrätin zeigte auf, dass es für Kinder und Jugendliche noch nie so leicht war, an pornografische Materialien zu kommen. Diese würden die Vorstellungen der Jugendlichen prägen. "Sexting, Grooming und Rache-Pornos sind Produkte dieser Entwicklung." Externe Vereine, die in Schulen Workshops anbieten, würden Eltern und Lehrer entlasten, "weil sich da Schüler leichter öffnen als gegenüber einer Bezugsperson". Den Eltern werde nichts weggenommen, sondern ein kompetentes Angebot gemacht - "und die Nachfrage gibt uns Recht".

Tatsächlich berichteten alle geladenen Experten vom Verein "l(i)ebenslust", dem Frauengesundheitszentrum, dem Verein für Männer- und Geschlechterthemen sowie die Junge Kirche der Diözese Graz-Seckau von ausgebuchten Workshops und mehr Nachfrage als freie Termine. Michaela Urabl, Obfrau von "l(i)ebenslust", beschrieb verzerrte Bilder und Leistungsdruck vor allem bei Burschen. Rund 50 Prozent aller jungen Männer würden Pornos schauen. Das habe Folgen. "Wir werden die Aufklärung sicher nicht der Pornografie überlassen." Die Pädagogen im Verein seien wissenschaftlich ausgebildet und bieten altersgerechte Informationen. Eltern würden vor den Workshops über die Inhalte informiert und seien froh, dass nicht sie selbst mit ihren Kindern zum Beispiel das Thema Pornografie ansprechen müssen.

Raum für angstfreie Fragen

Christian Scambor vom Verein für Männer- und Geschlechterthemen bestätigte die Berichte seiner Kolleginnen und wusste, dass eine zentrale Frage oft sei, ob es denn wirklich wie in den Pornos sei. Daher sei es besonders wichtig aufzuklären, dass das unrealistisch ist: "Das ist quasi 'Fake Sex'." Er fürchte, dass die Burschen mit dem "Porno-Zeug" allein gelassen werden. In seinen Workshops werde Raum für "angstfreie Fragen" geboten. "Wir helfen, Pornografie als Fiktion zu erkennen." Auch bei ihm werden aber Eltern immer vorher informiert.

Margareta Fritz, Direktorin der Musikmittelschule Graz Ferdinandeum, unterstrich, dass Biologie-Wissen allein zu keinem Diskurs führe. Daher müsse es Möglichkeiten zur Aufklärung durch Eltern, Lehrer, Schulärzten und Externen geben. Letztere seien ein "wertvoller Kanal", da die Schüler kein Naheverhältnis zu den Workshop-Leitern haben. Sie berief sich außerdem auf den Erlass der Bundesregierung, aus dem klar hervorgehe, dass Aufklärung in Schulen zu ergänzen und gegebenenfalls auch zu berichtigen sei.

115.000 Euro Förderungen

Lackner rechnete vor, dass pro Jahr 115.000 Euro an Förderungen aus dem Ressort Bildung und Gesellschaft an Institutionen und Vereine fließen, die direkt mit Mädchen und Burschen arbeiten, aber auch mit Erwachsenen. Workshops und andere Veranstaltungen würden mit den Mitteln finanziert - unter anderem auch die "Sex-Tasche", deren Materialien ständig weiterentwickelt würden. "Es gilt mehr zu vermittlen, als nur woher die Babys kommen", verteidigte die Landesrätin und betonte auch den präventiven Charakter.

(APA/red, Foto: APA/APA (Scheriau))

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