3D-Bilder vom Mars erzählen von Winden und Bodendichte am Planeten

16. März 2023 - 14:41

Der Mars-Rover "Perseverance" liefert seit mehr als zwei Jahren täglich mehrere hundert Aufnahmen der Marsoberfläche auf die Erde zurück. Mithilfe von Experten des Grazer Joanneum Research und des Wiener VRVis werden die hochaufgelösten Bilder vom Mars u.a. für die geologische Forschung in 3D erlebbar gemacht. Sie liefern auch unerwartete Erkenntnisse über den Windschliff oder die Beschaffenheit der Bodenkruste am Roten Planeten, schilderte Gerhard Paar im APA-Gespräch.

3D-Rekonstruktion soll realitätsnahe Erkundung ermöglichen
3D-Rekonstruktion soll realitätsnahe Erkundung ermöglichen

Um die geologischen Prozesse, das Klima und die Geschichte des Planeten genauer zu untersuchen, sind Bilder und in weiterer Folge dreidimensionale Rekonstruktionen von Felsen, geologischen Aufschlüssen und Mineralien eine wesentliche Stütze. Der NASA-Rover "Perseverance", der am 18. Februar 2021 am Mars aufgesetzt ist, ist daher mit mehr Kameras als jede andere interplanetare Mission bisher ausgestattet. Know-how aus Österreich ist dafür verantwortlich, dass die mit der Stereokamera "Mastcam-Z" eingefangenen Bilder und deren Bilddaten schließlich einen dreidimensionalen Eindruck der Marsoberfläche vermitteln können.

Für die 3D-Datenauswertung sind die Forschungsgesellschaft Joanneum und das VRVis Zentrum für Virtual Reality und Visualisierung mit dem Visualisierungswerkzeug PRo3D, sowie die Österreichische Akademie der Wissenschaften (ÖAW) an der Mars-2020-Mission beteiligt. Mit dem Visualisierungstool PRo3D wurde beispielsweise schon das beeindruckende erste Überflugsvideo vom Roten Planeten erstellt.

Mars-Rover mit Stereobildkamera

Als Grundlage für die Erzeugung von dreidimensionalen Bildern dienen eine am Mars-Rover angebrachte Stereobildkamera - die Mastcam-Z - und weitere Kameras, welche zusätzliche Daten liefern. Diese können zu einem großen Ganzen zusammengeführt, interpretiert und visualisiert werden. Für den Digitalisierungsexperten Paar vom Institut für digitale Technologien der Joanneum Research, ist es erstaunlich, welche Informationen unterschiedliche Spezialisten dann aus den Visualisierungen holen können: Über die Windverhältnisse vor Urzeiten zum Beispiel.

"Einige der Felsen in der Nähe des Landeplatzes scheinen von windgewehtem Sand tief abgetragen worden zu sein und Strukturen zu bilden, die Ventifacts genannt werden. Die Ausrichtung der linearen Merkmale gibt die Richtung der starken Winde wider, die sie geformt haben", erklärte Paar. "Wir sind mit einer digitalen Lösung in das Projekt hineingegangen und nun finden sich erstaunliche Anwendungen und wir sind natürlich erfreut, dass wir Forschungsfragen unterstützen können, von denen wir gar nichts geahnt hatten", so der Grazer Experte.

"Perseverance"-Spuren lassen Rückschlüsse auf Boden zu

Selbst die Spuren die "Perseverance" am Marsboden hinterlässt, werden mit der Kamera aufgenommen und geben Anlass zu weiterer Forschung: "Die Tiefe der Spuren, die von Null auf festem Untergrund bis in den Dezimeterbereich geht, die ebenfalls mittels 3D-Bildgebung untersucht werden kann, gibt Aufschluss über die Verdichtung der Böden", schilderte Paar. Auf der Erde könne die Verdichtung des Bodens mit einem Penetrometer gemessen werden, das den Druck des Eindringwiderstandes ergibt. Die Messung der Tiefe der Radspuren am Mars mittels 3D-Bildgebung ermöglicht nun einen Vergleich solcher Informationen für Böden auf dem Mars.

Paar veröffentlichte kürzlich mit einem 19-köpfigen internationalen Forschungsteam in "Advancing Earth and Space Science" einen State-of-the-Art Report über die dreidimensionale Datenaufbereitung: "Wir haben erstmals das Zusammenspiel der unterschiedlichen im Zuge der Mission verwendeten 3D-Werkzeuge und ihre Synergien untersucht und zusammengefasst", erklärte der Erstautor.

Zehn Bildverarbeitungstools im Einsatz

Insgesamt seien es rund zehn Bildverarbeitungstools, die bei diesem länderübergreifenden Projekt im Einsatz sind und die die 3D-Modellierung und 3D-Visualisierung ermöglichen. In Kombination mit Daten von anderen Sensoren oder Quellen - einschließlich 3D-Modellen von Satelliten - und in verschiedenen Maßstäben wird die Interpretation und Verortung der verarbeiteten Produkte zusätzlich verbessert.

Für die planetengeologische Forschung werden die Bilder der Marsoberfläche von Joanneum Research automatisiert rekonstruiert und anschließend von VRVis mit dem Planetary Robotics 3D Viewer (PRo3) explorierbar gemacht. "Unsere Tools sind an Untersuchungen der Oberflächeneigenschaften des Marsbodens ebenso beteiligt wie an geologischen Analysen in Distanzen bis zu etwa 100 Metern", erklärte VRVis-Forscher Christoph Traxler anlässlich der Publikation.

Mit der 3D-Rekonstruktion soll der Planetenwissenschaft eine realitätsnahe Erkundung und Analyse angeboten werden, die der im Felde nahekommt. Laut dem Geochemiker Christian Köberl von der ÖAW und Uni Wien werde damit "ein wesentlicher Beitrag zum Verständnis des Mars-Klimas der letzten drei Milliarden Jahre, der Geschichte der Rückbildung von Wasser auf dem Mars sowie der Erklärung von geologischen Prozessen" geleistet.

Service: G. Paar et al., 2023. Three-Dimensional Data Preparation and Immersive Mission-Spanning Visualization and Analysis of Mars 2020 Mastcam-Z Stereo Image Sequences: http://go.apa.at/wGtmXQkZ, https://www.youtube.com/@pro3dspace120

(APA/red, Foto: APA/NASA/JPL/CalTech/JR/VRVis/ÖAW/NASA/JPL/CalTech/MSSS/ASU/USGS/JR/VRVis/ÖAW)

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