TU-Wien entwickelt Verfahren zum Aufblasen von Betonkuppel

4. Juni 2014 - 7:56

An der Technischen Universität (TU) Wien wurde eine Betonkuppel zum Aufblasen entwickelt. Dabei wird eine speziell geformte Betonplatte flach am Boden ausgehärtet und ein darunter liegender Luftpolster aufgeblasen. Binnen weniger Stunden krümmt sich so der Beton zu einer stabilen Schale. Am 3. Juni wurde eine rund 18 mal elf Meter große, drei Meter hohe Testkuppel in Wien präsentiert.

Doppelt gekrümmte Schalen seien sehr widerstandsfähig und materialsparend, erklärte Benjamin Kromoser vom Institut für Tragkonstruktionen der TU Wien unter Hinweis auf solche Formen in der Natur, etwa bei Schneckenhäusern oder Nussschalen. Im Bauwesen würden große Schalenbauten aus Beton heute aber kaum noch errichtet. Grund dafür seien die für den Bau solcher Formen notwendigen Stützkonstruktionen aus Holz. Solche Schalungen würden hohe Kosten und lange Bauzeiten verursachen.

Bauverfahren kommt ohne Schalungen aus

An der TU arbeitet man deshalb schon länger im Rahmen eines von der Forschungsförderungsgesellschaft FFG geförderten Projekts an einem neuen Bauverfahren, das ganz ohne solche Schalungen auskommt: Dabei wird eine Betonplatte flach am Boden gegossen und vollständig ausgehärtet. Zum Einsatz kommt "ganz normaler Beton", so Kromoser. Bei der Platte bleiben keilförmige Stücke ausgespart, damit die Kuppel in aufgeblasenem Zustand ihre Form bekommt - daher auch der Name der Technik: "Pneumatic Wedge Methode".

Johann Kollegger vom Institut für Tragkonstruktionen vergleicht dies mit einer Orangenschale, die man regelmäßig einschneidet und dann flach auf dem Tisch ausbreitet. "Wir machen es eben umgekehrt, wir beginnen in der Ebene und stellen daraus eine gekrümmte Schale her."

In zwei Stunden aufgeblasen

Mit einem Druck von nur wenigen Millibar wird ein aus einer speziellen Folie geschweißtes Luftkissen unter der ausgehärteten Betonplatte aufgeblasen. Gleichzeitig wird ein außen um die Betonplatte verlaufendes Stahlseil gespannt, sodass der Beton außen zusammengezogen wird, während ihn der Luftpolster innen hebt. Die Segmente der Betonplatte sind zudem mit Metallschienen verbunden, die sicherstellen, dass sich alle Teile der Betonplatte gleichmäßig heben. Das Aufblasen der Testkuppel mit einer Wandstärke von fünf Zentimetern dauerte nur rund zwei Stunden.

Während sich der Beton verbiegt, entstehen unzählige kleine Risse. Diese würden aber die Stabilität der Schale nicht beeinträchtigen, betonen die Wissenschafter. "Man kennt das ja von alten Steinbögen, wenn die Form stimmt, hält jeder Stein den anderen fest", so Kollegger.

Entscheidende Verbesserungen

Gegenüber einem ersten Großversuch im Jahr 2012 haben die Bautechniker das Verfahren in entscheidenden Punkten verbessert. Die Errichtung eines gleichartigen Baus in herkömmlicher Schalungsbauweise wäre etwa doppelt so teuer, sagte Kromoser zur APA.

Mit der Realisierung einer lang gezogenen Kuppelhalle wollten die Wissenschafter beweisen, dass sich mit der neuen Technik auch komplexere Freiformen herstellen lassen. Als mögliche Anwendungen nannten die Wissenschafter neben dem Hallenbau auch Brückentragwerke, etwa für Grünbrücken, halbkuppelförmige Bühnenüberdachungen oder ganze Stadien. Derzeit liege die maximale Spannweite bei 50 Metern. Man könnte aber auch weiterdenken, sagte Kromoser, der hofft, dass das neue, bereits patentierte Verfahren bald in der Praxis angewendet wird.

(APA/red, Bild TU Wien)

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