Praktikanten arbeiten oft regulär aber ohne Bezahlung

26. November 2013 - 12:30

Praktikanten in Österreich werden oft wie reguläre Arbeitskräfte eingesetzt, allerdings deutlich schlechter oder gar nicht bezahlt. Das zeigt eine Studie der Forschungs- und Beratungsstelle Arbeitswelt (FORBA). Die vom Sozialministerium in Auftrag gegebene Untersuchung wird am 27. November bei einer Enquete des Ministeriums zum Thema "Praktika in Österreich – Fluch oder Segen?" präsentiert.

"Das Hauptproblem ist, dass es im österreichischen Arbeitsrecht keine Legaldefiniton des Begriffs Praktikum gibt", erklärte Studienautor Hubert Eichmann im Gespräch mit der APA. Das lässt zwei mögliche Gestaltungsmöglichkeiten zu: Entweder man stelle die Arbeitsverpflichtung und die Einbindung des Praktikanten in den Betrieb in den Vordergrund, dann müsse man auch entsprechend entlohnen.

Oder man betrachte das Praktikum tatsächlich als Ausbildungszeit, in der der Praktikant kurzfristig Berufserfahrung schnuppern kann und keine direkte Arbeitsverpflichtung hat. "Derzeit verschwimmen diese beiden Formen: Das Praktikum wird als Ausbildungsverhältnis oder gar nicht deklariert und bezahlt, aber wie ein Arbeitsverhältnis organisiert", so Eichmann.

"Generation Praktikum"

Zu regulärer oft Vollzeitarbeit kommt daher der schlechte oder nicht existente Verdienst – jenes Phänomen, das derzeit gerne mit dem Begriff "Generation Praktikum" beschrieben wird. "In den letzten Jahren hat sich gezeigt: Das Problem wird sich nicht von selbst lösen, die Situation verschlimmert sich eher noch", meinte der FORBA-Experte.

Würden diese Praktikanten im Nachhinein klagen, bekämen sie mit großer Wahrscheinlichkeit recht, schilderte Eichmann. Das Problem: Kaum jemand macht den Schritt zu Arbeitnehmervertretern oder gar vor Gericht. "Viele wissen auch gar nicht, welche Rechte sie haben." Der Experte empfiehlt daher auch verstärkte Aufklärung und Information.

Für die Studie wurde nicht nur empirisches Datenmaterial über Praktika gesammelt, sondern auch 45 Interviews mit Schülern und Studenten sowie Graduierten durchgeführt. Dabei zeigten sich gravierende Unterschiede: Sind Praktika bei Schülern noch meist bezahlt (86 Prozent), ändert sich das an der Universität schlagartig. Bei Pflichtpraktika von Studenten ist nur noch knapp ein Drittel bezahlt, bei freiwilligen Praktika sind es zwei Drittel.

Je technischer ein Studium, desto weniger Probleme

Besonders drastisch wird die Situation nach Studienabschluss. 13 Prozent eines Jahrgangs absolvieren auch nach Studienabschluss noch mindestens ein Praktikum. Ein Viertel davon ist unbezahlt, ein weiteres Drittel arbeitet für einen Lohn unter der Geringfügigkeitsgrenze von 386,80 Euro. "Hier sind das Problem und der Missbrauch sicher am größten", meinte der Experte.

In absoluten Zahlen sind Akademiker immer noch am besten abgesichert, allerdings sei die Arbeitslosigkeit in dieser Gruppe verhältnismäßig am stärksten gestiegen. "Viele junge Absolventen nehmen daher Arbeit unter jeder Bedingung an, um keine Lücke in ihrem Lebenslauf zu haben und Erfahrung sammeln zu können", so Eichmann. Auch die steigenden Absolventenzahlen tragen zu dem wachsenden Problem bei.

Betroffen sind vor allem Studenten und Absolventen von geistes-, sozial- und kulturwissenschaftlichen Studien und damit auch viele Frauen. "Viele Kleinunternehmen in diesem Bereich kalkulieren sogar mit schlecht verdienenden Praktikanten. Ohne sie wäre der Betrieb nicht aufrechtzuerhalten", meinte Eichmann. Je technischer ein Studium, desto weniger Probleme, besser bezahlte Praktika und nach Studienabschluss gleich einen Job zu finden.

Um der zunehmenden "Generation Praktikum" entgegenzuwirken, werden auf der Enquete auch Optionen für eine Neuordnung der rechtlichen Situation diskutiert. Bis dahin sollen Maßnahmen wie Praktikums-Gütesiegel für Arbeitgeber, bessere Aufklärung und die stärkere Verpflichtung der öffentlichen Auftraggeber als Vorbilder für eine bessere Situation am Praktikumsmarkt sorgen.

Weiterführend:
"Praktika in Österreich – Fluch oder Segen?", 27. November, 09.15 bis 15.15 Uhr, Dachsaal, Wiener Urania, Uraniastraße 1, 1010 Wien.

Hier gibts den Endbericht zur Studie.

(APA/red).

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