92-jährige Australierin arbeitet an Doktorarbeit

22. März 2013 - 16:36

Noch in diesem Jahr will Lis Kirkby ihre Doktorarbeit einreichen - einen Vergleich der Großen Depression mit der globalen Finanzkrise. Was sie von anderen Studenten an ihrer Universität in Australien unterscheidet: Sie hat beide Ereignisse erlebt.

Erinnert die globale Finanzkrise seit 2008 an die Weltwirtschaftskrise der 1930er Jahre? Viele Menschen haben sich den Kopf zerbrochen über diese Frage. Aber beide Ereignisse miterlebt? Doktorandin Lis Kirkby von der University of Sydney in Australien ist eine Ausnahme - denn sie ist schon 92 Jahre alt. Sie ist erstaunt über das Unverständnis, das ihr oft entgegenschlägt: "Man sagt mir: "Warum machst du das, du bekommst doch eh keine akademische Stelle mehr?"

1921 geboren

Anfeindungen wegen des Alters findet sie schlimmer als den Sexismus, der ihr in ihrer Karriere oft begegnet ist. Kirkby war Schauspielerin in ihrem Geburtsland Großbritannien, Radiomoderatorin in Malaysia, Parteichefin und Rinderfarmerin. In den 1970er Jahren wurde sie als Schauspielerin in Australien berühmt - die Seifenoper "Number 96" brachte die Themen Nacktheit und Homosexualität zu den darüber oftmals etwas verstörten Zuschauern in den Wohnzimmern.

Anfang 1921 geboren, verließ Kirkby die Schule mit 17 Jahren, um Vater und Bruder zu versorgen, als ihre Mutter krank wurde. Da hatte die Fabrikbesitzer-Familie aus dem Norden Englands ihr Vermögen bereits lange verloren - nach dem Wall-Street-Crash im Jahr 1929. Nach dem Zweiten Weltkrieg folgte sie ihrem Mann nach Malaysia, wo er als Arzt arbeitete. Von dort zog das Paar 1965 nach Australien. Hier fing Kirkby wieder an mit der Schauspielerei - in erster Linie, um ihre Familie in England finanziell zu unterstützen. "Ich wollte nicht, dass mein Mann das tut."

Keine Einzelerscheinung

Dennoch ist sie sich ihrer privilegierten Herkunft bewusst. Im Zweiten Weltkrieg wurde sie zum Militärdienst einberufen. Dort traf sie auf Frauen, die sehr viel weniger hatten als sie. "Sie hatten Kopfläuse. Viele von ihnen hatten noch nie eine Dusche gesehen." Deshalb ging sie später in Australien auch in die Politik. Ein brennendes Gerechtigkeitsgefühl ist ihr immer noch anzumerken - und auch dem Forschungsschwerpunkt ihrer Doktorarbeit. Ihr Doktorvater Harry Knowles ist begeistert über Kirkbys Leidenschaft für das Thema.

Ganz ungewöhnlich sind Studenten in ihrem Alter heute nicht mehr - im vergangenen Jahr schloss ein 97-Jähriger in Australien sein Magisterstudium ab. Doktoranden mit zum Teil weit über 70 Jahren gab es in den vergangenen Jahren unter anderem in Braunschweig, Mainz, Darmstadt und Stuttgart - und an der Fernuni Hagen erwarb ein 85-Jähriger den Doktortitel.

Rund 4.000 Seniorenstudenten in Österreich

Einige von ihnen hatten durchaus Probleme mit der modernen Technik. Auch Kirkby kann ein Lied davon singen: Als sie mit 85 Jahren das Grundstudium begann, musste sie erst lernen, mit dem Computer umzugehen. Auch heute schreibt sie längere Stücke zuerst mit der Hand. Doch dann tippt sie den Text in die Maschine. "Ich sage mir, dass ich das verdammte Ding besiegen werde. Es wird mich nicht unterkriegen.

In Österreich gab es mit Wintersemester 2012 knapp 4.000 Seniorenstudenten an Universitäten, das sind etwa 1,3 Prozent aller fast 300.000 dortigen Studenten. In diese Kategorie fallen rund 2.400 Frauen über 55 und rund 1.600 Männer über 60 Jahre, die an den Unis studieren. Die Uni Salzburg hat Senioren zuletzt auch abseits klassischer Studien als Zielgruppe für sich entdeckt: Unter dem Motto "Universität 55-PLUS" können Wissbegierige unabhängig von ihrer Vorbildung studieren, ein akademischer Abschluss ist bei diesem Angebot jedoch nicht vorgesehen´(APA/red, Bild APA).

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