1918/2018 - 100 Jahre Republik in Momentaufnahmen und Längsschnitten

19. Oktober 2018 - 9:59

"Umstritten, verspielt, gefeiert" - hinter dieser Wortfolge würde man gemeinhin wohl nicht eine seriöse historische Auseinandersetzung mit den vergangenen 100 Jahren österreichischer Geschichte vermuten. Doch hinter seinem etwas irritierenden Titel ist das neue Buch von Hannes Leidinger und Verena Moritz ein interessanter Beitrag zum Gedenkjahr anlässlich des Republikgeburtstags.

Umstritten, verspielt, gefeiert. Die Republik Österreich 1918/2018
Umstritten, verspielt, gefeiert. Die Republik Österreich 1918/2018

"Die Republik Österreich 1918/2008 - Überblick, Zwischenbilanz, Neubewertung" hieß wesentlich nüchterner die vom gleichen Autorenduo vor zehn Jahren vorgelegte Retrospektive, die nun überarbeitet und mit einem Epilog ergänzt wurde. Leidinger und Moritz haben sich bei einer ähnlichen Problemstellung wie das Kuratorenteam des "Haus der Geschichte Österreich" auch für eine ähnliche Lösung entschieden: Sie verzichten auf eine rein chronologische Darstellung der historischen Ereignisse von der Gründung der Republik bis in die Gegenwart. Stattdessen haben die beiden Historiker ein Wechselspiel von historischen "Momentaufnahmen" und thematischen "Längsschnitten" gewählt - was bisweilen für Wiederholungen und Redundanzen sorgt.

Wendepunkte

Die Auswahl jener Wendepunkte österreichischer Geschichte, die näher beleuchtet werden, ist wenig überraschend: November 1918, Juli 1927, März 1933, Februar 1934, März 1938... Innovativ, aber mitunter recht bemüht wirkend, ist der Umstand, dass Verena Moritz immer mit der Beschreibung historischer Filmaufnahmen in die Auseinandersetzung mit den gewählten Geschichtsmomenten einsteigt. Sinnvoll wirkt diese Vorgangsweise dort, wo diskutiert werden kann, was dabei eben nicht gezeigt wird (wie etwa beim Justizpalastbrand), oder wo das kollektive Gedächtnis etwas anderes festhält als das tatsächliche Geschehen (etwa bei Figls Ausspruch "Österreich ist frei!"anlässlich der Unterzeichnung des Staatsvertrags).

Leidingers essayistische "Wege durch die Zeiten" beschäftigen sich mit dem Umgang mit der Vergangenheit, österreichischen Feindbildern, der Entwicklung der Demokratie, der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklung und der wechselnden Einordnung des Landes im internationalen Kontext, wo etwa auch hervorgehoben wird, dass sowohl nach 1918 als auch nach 1945 Österreich nur durch ausländische Hilfe wieder auf die Beine kam.

Im abschließenden Epilog landet man unweigerlich in der Gegenwart, in der "bisweilen tatsächlich alles zur Disposition zu stehen" scheint. "Ein Blick in die Vergangenheit könnte sich als lohnend erweisen", mahnen die Autoren und lassen keinen Zweifel an ihrer Einschätzung: Ungeachtet aller Schattenseiten und Zweifel im Einzelnen "präsentiert sich die Zweite Republik in vielerlei Hinsicht als Erfolgsmodell".

Service: Hannes Leidinger, Verena Moritz: "Umstritten, verspielt, gefeiert. Die Republik Österreich 1918/2018", Haymon Verlag, 376 Seiten, 24,90 Euro

(APA/red, Foto: APA/Haymon Verlag)

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