Projekt "facing the differences" zeigt Konfliktpotentiale im Lehrerberuf auf

14. Juni 2012 - 17:23

Junge Pädagogen stehen in einem belastenden Spannungsfeld: Zum einen werden sie oft von älteren Kolleginnen und Kollegen als noch unerfahrene Anfänger abgestempelt. Zum anderen wollen sie große Verantwortung übernehmen und von Schülern ernst genommen werden. Das Projekt "Facing the differences" an der Uni Graz in Kooperation mit der Wiener Akademie der Bildenden Künste zeigt Widersprüche und Konfliktpotenziale des pädagogisch-professionellen Selbstverständnisses, das sich aus unterschiedlichen Quellen speist, auf.

Sozio-kulturelle Veränderungen in einer pluralistischen Gesellschaft und der damit verbundene Wandel von Lebenssituationen stellen neue Anforderungen an die Ausbildung von Lehrerinnen und Lehrern. "Es gibt insbesondere in unserer von Globalisierungsprozessen gekennzeichneten Gesellschaft keine homogenen Unterrichtsgruppen oder Klassen", unterstreicht Agnieszka Czejkowska, Professorin für Lehrerbildung und Schulforschung an der Uni Graz.

Globalisierte Realität

Während pädagogische Situationen in Realität von heterogenen Subjekten einer globalisierten Gesellschaft bestimmt werden, gehen traditionelle Ausbildungskonzepte jedoch immer noch von stabilen Identitäten wie Geschlecht, Nationalität und soziale Herkunft aus. Das war Ausgangspunkt für Czejkowska, den Umgang mit Differenzen und widersprüchlichen Anforderungen bei angehenden Kindergartenpädagogen, Kunstlehrern und Kulturvermittlern zu beobachten.

Die Konstruktion des Selbst - auch des Selbstbildes als Lehrer - geht immer über die Differenzierung mit dem Anderen einher: Neben Gender, sexueller Orientierung, Sprache, Hautfarbe, ethnischer Zugehörigkeit und Alter sind es pädagogisch-institutionelle Differenzierungen, die sich in den jeweiligen Aufgaben und ihrer sozialen Rolle (Lehrer, Schüler, Praktikanten, Anfänger) manifestieren. "Differenzen - damit sind Unterschiede angesprochen, die über Fragen der Interkulturalität hinausgehen - lassen sich nicht ausblenden", so Czejkowska.

"Forschendes Klassenzimmer"

Im Fokus steht das Erkennen der vielfältigen Differenzen und Widersprüchlichkeiten, vor allem aber die Frage, wie sie konstruiert werden und welche Selbst- und Fremdkonstrukte in bestimmten Situationen relevant gemacht werden bzw. welche Konsequenzen das für die am Bildungsprozess beteiligten Personen hat. Dazu bringt das noch bis Mitte des Jahres laufende Projekt alle am System beteiligten - Schüler, Lehrer, Pädagogikstudierende sowie Wissenschafter - in einem "forschenden Klassenzimmer" zusammen, um sich und ihr Tun quasi selbst zu untersuchen: Das Forschungsmaterial wird aus den eigenen Biografie und Erfahrungen mit ihrem pädagogischen Wirken in Kindergarten, Schule und Universität generiert.

Im Mittelpunkt stehen das Lernen bzw. Lehren an sich. Ziel ist es, neue Lehr- und Lern-Arrangements in der Ausbildung von Pädagogen entwickeln. "Wir wollen ihnen auch vermitteln, dass sie mit ihrer Verantwortung nicht allein sind", so die Professorin. Unterstützt wird das Forschungsprojekt durch das Wissenschaftsministerium im Rahmen des Programms "Sparkling Science". (APA/red, Bild: APA)

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