Audimax-Besetzung 2012 - die Ereignisse des 19.4. zusammengefasst

20. April 2012 - 7:26

Protest für Erhalt des IE-Bachelorstudiums - Kritik an Vorgehen der Polizei bei Räumung - Weitere Demonstrationen angekündigt - Rektor Engl gibt Pressekonferenz


unibrennt 2009

Studenten der Internationalen Entwicklung (IE) haben am Donnerstagabend das Audimax der Universität Wien für mehrere Stunden besetzt gehalten, um gegen die geplante Abschaffung des IE-Bachelorstudiums zu protestieren. Gegen 22.00 Uhr wurde der größte Hörsaal der Uni Wien durch die Polizei geräumt. Da es sich um eine nicht angemeldete Veranstaltung gehandelt habe, müssten die Beteiligten nach Aufnahme der Personalien mit Anzeigen nach dem Verwaltungsstrafgesetz rechnen, hieß es. Zuvor hatten bereits rund 100 Studenten das Rektorat für dreieinhalb Stunden okkupiert. Die Studenten kritisierten in beiden Fällen das Vorgehen der Polizei als "brutal". Universitätsrektor Heinz Engl hat für Freitag, 11.00 Uhr, eine Pressekonferenz angekündigt.

Aus Sicht der IE-Basisgruppe ist die geplante Abschaffung des erst vor vier Jahren eingeführten, von rund 2.000 Studenten inskribierten Bachelorstudiums "bisher einmalig in der österreichischen Geschichte und kann von den Betroffenen nicht hingenommen werden". Da bisherige Gespräche mit dem Rektorat gescheitert seien, hätten die Studenten sich zu einer "deutlicheren Botschaft gezwungen" gesehen. "Wir sind verzweifelt, wir haben schon alles probiert", begründete ein Student die Besetzung. "Wir müssen das nächste Semester mit dem Ziel starten, die Uni wirklich lahmzulegen", lautete die Forderung.

Das Vorsitzteam der Österreichischen HochschülerInnenschaft (ÖH) an der Uni Wien solidarisierte sich mit den Protestierenden. "Die Pläne der Universität, den Bachelor der Internationalen Entwicklung zu streichen sowie der Umgang mit den Studierenden heute zeigt abermals, dass das Rektorat nicht im Interesse der Studierenden arbeitet", so die Studentenvertreter Kübra Atasoy, Julia Kraus und Maria Clar in einer Aussendung.

Bereits gegen Mittag hatten sich die Studenten gewaltsam Zutritt zu den Büroräumen des Uni-Rektorates verschafft. Während des Protests habe es keine Sachbeschädigungen gegeben, lediglich eine Angestellte sei beim Aufdrücken der Tür durch die Protestierenden "ganz leicht" am Ellbogen verletzt worden. "Das waren keine uni-würdigen Szenen", kritisierte eine Uni-Sprecherin. Bei der Räumung durch die Polizei wurde von sämtlichen involvierten Studenten die Personalien aufgenommen, sie erwartet eine Anzeige nach dem Verwaltungsstrafrecht.

Am späten Nachmittag setzten die Studierenden ihren Protest fort und okkupierten das Audimax der Universität Wien, das bereits im Herbst 2009 über Wochen hinweg von Studenten besetzt war, die sich u.a. gegen eine Verschulung des Studiums und schlechte Studienbedingungen einsetzten. Nach Angaben einer Uni-Sprecherin wurde durch die neuerliche Besetzung eine Prüfung von rund 600 Psychologie-Studenten gestört, sie habe abgesagt werden müssen. Gegen 22.00 Uhr begann die Polizei mit der Räumung des Hörsaales, die kurz nach elf Uhr abends abgeschlossen war.

Ein zuvor gemachtes Angebot des Rektorates schlugen die Besetzer aus: Dieses hatte ihnen öffentliche Gespräche über die Forderungen der Besetzer - u.a. einen Verzicht auf autonome Einhebung von Studiengebühren und die angekündigte Abschaffung des Bachelorstudiums IE - versprochen. Die Besetzer bezeichneten das Angebot als unannehmbar. Die vorgeschlagenen Gesprächstermine sollten nämlich erst nach jener Senatssitzung stattfinden, bei der über eine autonome Einführung von Studiengebühren, die Abschaffung des erst vor vier Jahren eingeführten IE-Bachelors und die als K.o.-Phase kritisierte Studieneingangs- und Orientierungsphase (STEOP) entschieden werden soll.

Von allen 200 bis 300 Personen, die den größten Hörsaal der Uni Wien seit dem Nachmittag okkupiert hatten, wurden die Personalien aufgenommen. Während Polizeisprecher Roman Hahslinger von einer vorbildlichen, friedlichen Räumung sprach, übten Studenten harsche Kritik an dem Einsatz. So seien neben den Personalien auch die Matrikelnummern von Studenten notiert worden, berichtete die ÖH-Vorsitzende Clar. Eine Studentin habe ihr berichtet, dass dies laut Polizei auf Wunsch des Rektorates passiert sei. Eine Sprecherin des Rektorates widersprach dem allerdings vehement. Hahslinger erklärte, dass man alle Daten festhalte, die Matrikelnummer sei nur der Beleg, dass es sich tatsächlich um einen Studenten handle.

Studenten beschwerten sich außerdem darüber, dass sie nach dem Räumungsbefehl keine Zeit gehabt hätten, freiwillig das Gebäude zu verlassen, ohne dass ihnen eine Verwaltungsstrafe wegen der Teilnahme an einer nicht genehmigten Versammlung vorgeworfen wurde.

Die Vorkommnisse vom Donnerstag will das Rektorat "nicht mit dem inhaltlichen Anliegen" der Studenten und bisherigen Gesprächen in Verbindung bringen, da dies sonst "jede Diskussionsbasis" zerstören würde, so eine Sprecherin zur APA. Rektor Engl gibt am Freitag um 11.00 Uhr eine Pressekonferenz mit dem Universitätsratsvorsitzenden Max Kothbauer.

Die Demonstranten ihrerseits wollen um 09.00 Uhr früh eine "alternative Lehrveranstaltung" in einer Bankfiliale gegenüber der Uni Wien abhalten. Die weitere Vorgehensweise soll dann um 13.00 Uhr im Hörsaal C1 am Uni-Campus im Alten AKH besprochen werden. Die ÖH rief zudem zu einer Kundgebung am 26. April 2012 um 14.00 Uhr auf, parallel zu einer Sitzung des Senats der Uni Wien, auf. Der Grund: "Die Grenze des Erträglichen" sei "schon lange überschritten".

Bereits im Herbst 2009 hatten Studenten aus Protest gegen die Umstellung der Ausbildung auf die Bologna-Studienarchitektur (Bachelor/Master/PhD) und die Abschaffung von Studien wochenlang das Audimax besetzt. Zeitweise waren damals um die tausend Personen anwesend. Aus der Besetzung entstand die Protestbewegung "unibrennt", die auch auf andere Bundesländer übergriff (apa/red).

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