JKU-Studie schlägt Alarm: 75.000 Jugendliche ohne Ausbildung und Job

28. März 2012 - 16:53

Jugendlichen ohne Ausbildung, Betreuung oder Job wurde bisher in Österreich kaum Aufmerksamkeit geschenkt. Die erste heimische Studie über diese sogenannten NEET-Jugendlichen ("Not in Education, Employment and Training") wurde nun von Prof. Johann Bacher vom Institut für Soziologie der JKU erstellt. Das schockierende Ergebnis: Österreichweit fallen ca. 75.000 junge Menschen in diese Kategorie, allein in Oberösterreich sind es rund 11.000.

"Im Unterschied zu angelsächsischen Ländern wurde diese Gruppe bisher nicht genau analysiert", sieht Prof. Bacher großen Aufholbedarf. Gemeinsam mit Mag. Dennis Tamesberger von der Arbeiterkammer Oberösterreich wurden erstmals Zahlen erhoben und Risikogruppen ermittelt. "Ausgehend vom Mikrozensus konnten wir die NEET-Jugendlichen zwischen 16 und 24 Jahren festmachen. Diese gehen weder zur Schule noch sind sie erwerbstätig oder in einer Trainingsmaßnahme. Ausgenommen sind natürlich jene Jugendlichen, die gerade Wehr- oder Zivildienst leisten", so Bacher. Sie stammen vor allem aus armen und bildungsfernen Familien. "Fehlender Zugang zu Bildung wird sozial vererbt", erklärt Bacher. In der Konsequenz schlagen sich NEET-Jugendliche mit schlecht bezahlten Gelegenheitsjobs durch oder leben von den Eltern und Sozialleistungen. "Aus diesem Rad auszubrechen ist sehr schwer", weiß der JKU-Forscher.

Besonders betroffen sind Jugendliche mit Beeinträchtigungen und Migranten. "Diese Gruppen sind allgemein am Arbeitsmarkt stark benachteiligt, selbst bei mittlerer oder hoher Qualifikation. Vor allem aber Einwanderer der ersten Generation, die oft nicht gut deutsch können, haben besonders schlechte Karten."

Ganztagsschulen gefordert

Fast 20 Prozent der jugendlichen Migranten sind NEET-Teenager - vor allem Mädchen. "Im Österreichschnitt sind es ca. 7 bis 8 Prozent", weiß Bacher. "Auch wenn Österreich damit besser dasteht als andere europäische Länder wie z.B. Frankreich, Belgien oder Großbritannien", sieht der Soziologe dringenden Handlungsbedarf gegeben. "Die Ganztagsschulen müssen ausgebaut werden, um leistungsschwächere Schüler besser fördern zu können. Hier gibt es gerade bei den Hauptschulen großen Aufholbedarf. Während etwa zwei Drittel der Gymnasien eine Nachmittagsbetreuung anbieten, sind es bei den Hauptschulen nur 12 Prozent. Auch müssen Förderprogramme für Einwanderer aller Alterstufen gestärkt werden. Und Jugendliche, die es besonders schwer haben, am Arbeitsmarkt Fuß zu fassen, brauchen bessere Betreuung. Ein flächendeckendes Case-Management sollte etabliert werden, um ständige Bezugspersonen und individuelle Unterstützung auch nach dem Ende von Einzelmaßnahmen bieten zu können", fordern Bacher und Tamesberger.

(Quelle: JKU Linz)

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