Entwurf von sprachlicher Frühförderung erntet viel Kritik

2. Februar 2012 - 13:09

Der Entwurf einer 15a-Vereinbarung zwischen Bund und Ländern zur sprachlichen Frühförderung für Kinder hat in der Begutachtung weitere Kritik hervorgerufen. So bemängelt etwa der "Verband für Angewandte Linguistik", dass der Entwurf in einigen Punkten nicht dem aktuellen wissenschaftlichen Stand entspreche. Der Rechnungshof (RH) merkt kritisch an, dass nun mehr mit dem Innenministerium ein achtes Ressort für den Vollzug familienbezogener Leistungen zuständig wäre.

Ziel ist es laut Entwurf, Kinder zwischen drei und sechs Jahren, die über mangelnde Deutschkenntnisse verfügen und "insbesondere jene mit nicht-deutscher Muttersprache", in Kinderbetreuungseinrichtungen so zu fördern, dass sie mit Eintritt in die Volksschule die Unterrichtssprache nach einheitlichen Deutschstandards möglichst beherrschen. Die Regierung hatte 2011 die Mittel für die sprachliche Frühförderung - von 2008 bis 2010 fünf Mio. Euro jährlich - auslaufen lassen. Integrationsstaatssekretär Sebastian Kurz (V) konnte für 2012 bis 2014 schließlich jährlich fünf Mio. Euro herausschlagen, wobei jeder Euro von den Ländern verdoppelt werden muss.

Finanzielle Mittel zu gering

Weil der Entwurf in einigen Punkten "nicht dem aktuellen wissenschaftlichen Stand entspricht", werde das Gesamtprojekt einer sprachlichen Frühförderung infrage gestellt, betonte der Verband für Angewandte Linguistik, dem laut eigenen Angaben etliche Experten für Spracherwerbs- und Mehrsprachigkeitsforschung und der Sprachdiagnostik angehören. Die in Aussicht gestellten finanziellen Mittel seien viel zu gering. Weiters werde davon ausgegangen, dass innerhalb eines "sehr begrenzten zeitlichen Rahmens 'Sprachkompetenz' erreicht werden kann", was unter den gegebenen Rahmenbedingungen "völlig unrealistisch" sei.

Der "Österreichische Dachverband der Berufsgruppen der Kindergarten- und HortpädagogInnen" erklärte, dass die Beobachtung und Förderung der Kinder bei den derzeitigen Rahmenbedingungen in den elementaren Bildungseinrichtungen (z.B. zu hohe Kinderzahl in den Gruppen) "nicht in umfassender Weise möglich ist".

Der RH verwies wiederum darauf, dass er bereits in einem Bericht zu familienbezogenen Leistungen empfohlen habe, "sachlich nicht begründbare Aufteilungen der Vollzugskompetenzen zu beseitigen und die Vollziehung so weit wie möglich zu bündeln" - mit dem vorliegenden Entwurf werde dieser Empfehlung nicht entsprochen. Nicht zufrieden ist der RH auch mit den Erläuterungen zu den finanziellen Auswirkungen.

Landeshaushalte belastet

Die finanzielle Seite sprach auch das Amt der Tiroler Landesregierung an: Das von den Ländern aufzubringende Geld belaste die Landeshaushalte im entsprechenden Ausmaß. Die nachhaltige finanzielle Sicherstellung der Sprachförderung von Landesseite werde bei den nächsten Finanzausgleichsverhandlungen zu thematisieren sein.

Vorarlberg verlangt vor allem Friständerungen, um das im Land "seit Jahren bewährte Modell" der "Sprachstandsfeststellung" beibehalten zu können. In Sachen Evaluierung und Controlling kritisierte das Land u.a., dass keine Beurteilungskriterien vorgesehen seien, die bei Vor-Ort-Monitoringbesuchen zum Ergebnis einer nicht zweckentsprechenden Verwendung der Mittel führen könnten - in der vorliegenden Fassung könne dieser Regelung nicht zugestimmt werden.

Für den Verfassungsdienst des Bundeskanzleramtes ist fraglich, warum ein Entwurf mit diesem Inhalt vom Innenministerium vorgelegt wird. Die Zuständigkeitsfrage stellt sich offenbar auch das Unterrichtsministerium, das anregt, dass die Verantwortung für die Evaluierung ausschließlich bei ihm liegen solle.

(APA/red, Bild APA)

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