Computermodell der FH St. Pölten setzt neue Standards für die Entwicklung magnetischer Materialien

21. November 2011 - 13:07

Magnetische Materialien: Festplatten und Flüssigkeits-Chips digital optimieren

Erstmals ist es gelungen, mit einem einzigen Computermodell das Verhalten magnetischer Materialien in völlig unterschiedlichen Anwendungen darzustellen. Dafür hat die FH St. Pölten mehrere Simulationsverfahren in einem hochentwickelten Modell zusammengefasst. Dank dieser Kombination können nun Anforderungen verschiedenster Industrien mit einem Computermodell erfüllt werden. Morgen wird das Modell in einer Keynote-Speech auf einer internationalen Konferenz der Fachwelt vorgestellt. Dabei stehen zwei konkrete Anwendungsbeispiele im Mittelpunkt - die Optimierung von Festplatten und die Entwicklung von Microfluidic-Chips für medizinische Anwendungen.

Magnetismus ist eine günstige und gern genutzte Kraftquelle. Egal ob IT, Umwelttechnik oder Medizin - magnetische Materialien mischen mit. Die zunehmende Miniaturisierung stellt dabei kein Problem dar. Ganz im Gegenteil - die berührungslose Kraftübertragung von Magneten prädestiniert sie geradezu für das Wirken im Verborgenen. Doch je kleiner die Anwendung desto komplexer die vorherige Planung. Hier helfen exakte Computersimulationen. Mit ihnen kann bereits am digitalen Reißbrett das Verhalten unter diversen Anwendungsbedingungen kalkuliert werden. Der Fachhochschule St. Pölten gelang es nun, dafür einen neuen Standard zu setzen: ein Computermodell, das auf Grund einer einmaligen Kombination verschiedener Simulationsverfahren die Berechnung völlig unterschiedlicher Anwendungen magnetischer Materialien erlaubt.

Dimension dank Kombination

Zu dem Modell meint der Leiter des Studiengangs Industrial Simulation an der FH St. Pölten, Prof. Dr. Thomas Schrefl: "Uns ist es gelungen, ein Standardverfahren der Festkörpersimulation - die sogenannte Finite-Elemente-Methode - mit anderen modernen Simulationstechniken zu kombinieren. Zu diesen zählen z. B. stochastische Optimierungsalgorithmen, Lattice Boltzmannverfahren zur Strömungssimulation und schnelle Randelementeverfahren zur Berechnung magnetischer Felder. So erlaubt unser Modell nun Simulationen mikromagnetischen Materialverhaltens über mehrere Größendimensionen hinweg: vom atomaren bis zum sichtbaren Größenbereich."

Auf der 12. Trends in Nanotechnology International Conference vom 21. - 25. November in Spanien werden von Dr. Schrefl nun bereits zwei konkrete - und sehr unterschiedliche - Anwendungen des Computermodells vorgestellt: Die Optimierung von Festplattenspeichern und die Entwicklung von Mikrofluidic Chips für den Einsatz in der Medizin.

Fest flüssig

Für die Optimierung von Festplatten stellt das Design der Schreibköpfe eine wesentliche Herausforderung dar, wie Dr. Schrefl erläutert: "Schreibköpfe schaffen ein magnetisches Feld, das durch Änderungen des Datenträgermaterials einen Bit auf der Festplatte codiert. Schon heute arbeiten sie im Bereich von Nanometern und Pikosekunden. Auf Grund dieser räumlichen und zeitlichen Dimensionen wird die Prototypenentwicklung solcher Schreibköpfe immer teurer. Da liefert unser Computermodell rasch und günstig zuverlässige Ergebnisse für neue Designs." Denn dank der hohen Kompetenz der FH St. Pölten im Bereich magnetischer Materialien gelang es dem Team um Dr. Schrefl, das Verhalten der relevanten magnetischen Materialien in der notwendigen Größenordnung zu simulieren. Anstatt das Design eines Schreibkopfs am Bildschirm einzugeben, kann nun ein optimales Design vom Computer errechnet werden. Die Auswirkungen auf das magnetische Feld - und damit auf die Datenspeicherung - können direkt kalkuliert werden.

Dass die selbe Computersimulation auch in der Biomedizin eingesetzt wird, zeigt ihr breites Nutzungsspektrum - und damit ihr kommerzielles Potenzial. Dort wird sie zur Entwicklung spezieller Mikrofluidic-Chips eingesetzt. Diese dienen der Extraktion bestimmter Komponenten aus dem Blut. Bei einer speziellen Variante dieser Chips werden magnetische Strukturen zum Herausfiltern der Fremdkörper verwendet. Die Anordnung der Strukturen hat maßgeblichen Einfluss darauf, welche Komponenten eingefangen werden können - und ist meistens nach der Herstellung der Chips fixiert. Nicht so bei einem Chip-Design, das mit dem Computermodell der FH St. Pölten optimiert wird. Hier kann durch äußere magnetische Kräfte die räumliche Anordnung der magnetischen Strukturen - und damit die Filterfunktion des Chips - verändert werden. So kann in Zukunft ein einzelner Chip für verschiedene Filteraufgaben eingesetzt werden.

Für Dr. Schrefl stellt die erfolgreiche Entwicklung eines praxistauglichen Computermodells einen schönen Erfolg des Kompetenzfelds Simulation und des Studiengangs Industrial Simulation an der FH St. Pölten dar: "Industrial Simulation ist ein ungemein vielschichtiger Tätigkeitsbereich. Kompetenzen im Bereich Mathematik und IT werden zusammengeführt, um kreative Ideen, Intuitionen und Theorien für verschiedenste Industrien realitätsnah zu testen - ohne hohen Aufwand an Zeit und Geld."

Das von der NÖ Forschungs- und Bildungsges.m.b.H geförderte Projekt Tunable microfluidic chips for isolating circulating cancer cells wird in Zusammenarbeit mit den Projektpartnern Austrian Institute of Technology, Health Environment Department, Donau Universität Krems, Zentrum für Biomedizinische Technologie, Landesklinikum Krems und dem Hämatologisch-Onkologischen Dienst durchgeführt.

Über die Fachhochschule St. Pölten

Die Fachhochschule St. Pölten ist Anbieterin praxisbezogener und leistungsorientierter Hochschulausbildung in den Bereichen Technologie, Wirtschaft und Gesundheit Soziales. In mittlerweile 16 Studiengängen werden mehr als 1800 Studierende betreut. Neben der Lehre widmet sich die FH St. Pölten intensiv der Forschung. Die wissenschaftliche Arbeit erfolgt innerhalb der Studiengänge sowie in eigens etablierten Instituten, in denen laufend praxisnahe und anwendungsorientierte Forschungsprojekte entwickelt und umgesetzt werden.

(Quelle: Fachhochschule St. Pölten)

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