Rektor der Uni Wien dankt nach 12 Jahren ohne Wehmut ab

29. September 2011 - 14:39

Gelungen, "autonomen Handlungsraum zu schaffen" - Seit 2000 "viel zu wenig" bei Hochschul-Finanzierung weitergegangen - Schließung von Studienrichtungen in der Situation "notwendig"

 

Zwölf Jahre nach seinem Amtsantritt sitzt Georg Winckler in seinem beinahe leergeräumten Rektoratsbüro an der Universität Wien. Wehmütig ist er nicht, wie er im Abschiedsinterview mit der APA sagt. "Zwölf Jahre Rektorat waren eine intensive Zeit, mit viel Engagement", so Winckler. "Aber noch weitere Jahre wären nicht gut gewesen, weder für die Universität noch für mich." Ab Samstag, den 1. Oktober, leitet sein Nachfolger Heinz Engl die Geschicke der größten Uni Österreichs. Heute, Donnerstag, wird an der Universität im Rahmen einer Abschiedsfeier auf die Amtszeit Wincklers zurückgeblickt. Und die bewertet der scheidende Rektor durchaus positiv - allein die begrenzten Kapazitäten der Uni in der Lehre politisch rüberzubringen, sei nicht gelungen.

APA: Herr Rektor, Sie haben in Ihrem Antrittsinterview gesagt, Sie wollen die Uni Wien "autonomer, leistungsbereiter und innovativer" machen. Ist Ihnen das gelungen?

Georg Winckler: Ich glaube, es ist gelungen, wirklich autonomen Handlungsraum zu schaffen. Das Universitätsgesetz (UG) 2002 zeigt, dass dafür auch die gesetzliche Grundlage geschaffen wurde. Wenngleich es klar ist, dass durch die nicht ausreichende Finanzierung dann doch wieder de facto Einschränkungen der Autonomie kommen. Es fiel damals der Satz: "Man solle nicht die Autonomie eines Bettlers haben." Zum zweiten: Leistungsbereitschaft. Ich glaube, das ist gelungen, allerdings in einem europäischen Kontext. Es war ein großes Anliegen, dass die Uni Wien sich mit den großen europäischen Universitäten misst, wenngleich es schon so ist, dass die Betreuungsverhältnisse sich wesentlich verschlechtert haben, das war vor zwölf Jahren nicht vorauszusehen. Was Betreuung der Studierenden anbelangt, sind wir zwar leistungsbereiter, aber nicht erfoglreicher geworden, weil sich die Relationen verändert haben. Zur Innovation: Es ist mir ein Anliegen, dass die Universität ein Gravitationszentrum für Neues wird - in der Gesellschaft, aber auch durch Forschungsergebnisse in der Wirtschaft. Da hätte ich mir gerne noch das eine oder andere mehr gewünscht, da muss die Gesellschaft auch auf die Universität zukommen. Da vermisse ich manchmal das Interesse der Gesellschaft.

APA: Was wollen Sie Ihrem Nachfolger, Heinz Engl, auf den Weg mitgeben?

Winckler: Der entscheidende Punkt ist, dass das grundlegende Problem gelöst werden muss. Man kann in der Politik nicht die Illusion pflegen, die Universitäten hätten keine Kapazitätsgrenzen. Es wäre wichtig, dass die Politik versteht, dass das Weitertragen dieser Illusion nur dazu führt, dass man an den Universitäten noch schwierigere Bedingungen schafft.

APA: Sprechen Sie hier vor allem die SPÖ an, die sich gegen Zugangsbeschränkungen ausspricht.

Winckler: Ja. Ich glaube, man bräuchte zwei Dinge: die Studienplatzfinanzierung, von der ich ein vehementer Anhänger bin, sowie eine Ausdifferenzierung des Universitätssystems insgesamt. Aber auch mehr Gerechtigkeit, mehr gleiche Wettbewerbsbedingungen innerhalb des Hochschulsektors.

APA: Gerade in der Frage der Finanzierung haben Sie Anfang 2000 bereits mehr Geld für die Universitäten gefordert. Seitdem ist dieser Ruf nicht verstummt - ist seitdem nichts weitergegangen?

Winckler: Viel zu wenig. Österreich gehört, was das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf anbelangt, sicher zu den führenden EU-Staaten. Was Ausgaben für den Hochschulsektor anbelangt, sind wir nur Durchschnitt. Was man sich in Österreich überlegen muss, ist, dass auf der einen Seite die Einkommens- und Wettbewerbsstärke nicht einhergeht mit der Bereitschaft, auch in die Bildung der jungen Leute zu investieren. Das mag zwar kurzfristig ohne Nachteil gehen, aber ich bin überzeugt: Mittel- und langfristig wird das zum Nachteil Österreichs sein. Weiters hat Österreich im Bereich Forschung aufgeholt, da ist einiges geschehen. Dennoch glaube ich, dass die Grundlagenforschung, die notwendig ist, um Anwendungen vornehmen zu können, in Österreich auch nicht diesen Stellenwert hat, den man in Österreich braucht, wenn es im wirtschaftlichen Bereich ein Innovator sein will.

APA: Sie haben im Laufe Ihrer Amtsperiode fünf Wissenschaftsminister erlebt. Hätten Sie's besser gekonnt?

Winckler: Das würde ich jetzt nicht sagen. Auf der einen Seite war die Zähigkeit der Ministerin Gehrer (Elisabeth, VP, Anm.) notwendig, um das UG 2002 zu bekommen, ich glaube aber auch, dass Minister Töchterle (Karlheinz, VP, Anm.) die Universitäten sehr gut kennt und mit den richtigen Vorschlägen im Rucksack in die Politik gegangen ist. Von daher glaube ich, brauche ich mich hier weder im positiven noch im negativen Sinne messen.

(APA /red, Bild APA/ Georg Hochmuth)

tutor18

Studium.at Logo

© 2010-2021  Hörsaal Advertainment GmbH

Kontakt - Werbung & Mediadaten - Datenschutz - Impressum

Studium.at versichert, sämtliche Inhalte nach bestem Wissen und Gewissen recherchiert und aufbereitet zu haben.
Für etwaige Fehlinformationen übernimmt Studium.at jedenfalls keine Haftung.