Ende der Begutachtungsfrist: Modularer Oberstufe erntet viel Kritik

6. September 2011 - 14:18

Kostenneutralität laut Finanzministerium nicht gegeben - AHS-Lehrervertreter befürchten "organisatorischen Supergau" an Schulen - Begutachtungsfrist endet am heutigen Dienstag

Auf viel Kritik stößt der Gesetzesentwurf für die Modulare Oberstufe von Unterrichtsministerin Claudia Schmied (S) - vor allem von VP-nahen Gewerkschaften, Ministerien und Organisationen. Zwar wird in zahlreichen Stellungnahmen zu dem heute, Dienstag, endenden Begutachtungsverfahren das Bestreben, Klassenwiederholungen zu reduzieren und Schülern Lernbegleiter zur Seite zu stellen, begrüßt, vor allem aber die vom Unterrichtsministerium angegebene Kostenneutralität bezweifelt. Nach Analyse der Stellungnahmen soll der Gesetzesvorschlag noch dieses Semester in den Ministerrat kommen.

Die Modulare Oberstufe soll bis 2016 an allen 800 AHS-Oberstufen und berufsbildenden mittleren und höheren Schulen (BMHS) ab der 10. Schulstufe eingeführt werden, die Zahl der Klassenwiederholungen deutlich reduzieren und mit Lerncoaches individuelle Förderung für schwache und begabte Schüler bringen. Dabei wird der Stoff in mindestens zwei Module pro Semester unterteilt, wobei ein negativ absolviertes Modul im nächsten bzw. übernächsten Semester ausgebessert werden kann. Erst ab zwei bzw. in Ausnahmefällen drei negativen Modulen muss die Klasse wiederholt werden, dabei sollen aber die positiven Noten erhalten bleiben. Bereits vor der Begutachtung stritten sich SPÖ und ÖVP um die Zahl der Fünfer, mit denen man aufsteigen darf.

Schmied hatte vorgerechnet, dass durch das Wegfallen von Klassenwiederholungen die durch Lerncoaches und Förderkursen entstehenden Personalkosten aufgefangen werden und das Modell damit kostenneutral sei. Für das Finanzministerium wird dies jedoch "nicht mit quantitativem Datenmaterial (Mengen- und Preisgerüst) untermauert". In seiner Stellungnahme vermisst das Finanzressort Eckdaten wie die Zahl der betroffenen Schüler und die Mittel, die für sie ausgegeben werden, die Zahl der Repetenten und die Ausgaben für diese sowie die Kosten für Fördermaßnahmen. Gefordert wird außerdem eine Prognose, ab wann die Maßnahmen wirken werden und wie stark sie die Zahl der Repetenten verringern könnten.

Auch von den FCG-dominierten Lehrer-Gewerkschaften wird die angestrebte Kostenneutralität bezweifelt. Da die Personalkosten von der Klassen- bzw. Gruppen- und nicht der Schüleranzahl abhänge, würden sich diese durch entfallende Klassenwiederholungen kaum verändern, so die AHS-Lehrervertreter in ihrer Stellungnahme. Die Gewerkschafter an BMHS fordern "realistische Berechnungen, in denen die Kosten für die notwendige Lehrer-Mehrarbeit berücksichtigt werden". Auch zusätzliche Mittel für die Förderung "hochbegabter" Schüler fehlten.

Während die BMHS-Lehrervertreter vorrangig der Einführung des Modulsystems an den BMS "eher skeptisch gegenüber" stehen und diese erst nach Analyse der Schulversuche fordern, stellen die AHS-Lehrervertreter das gesamte Modell in Frage. Sie warnen in ihrer Stellungnahme davor, dass dieses "manche Schüler in Sackgassen ohne jeglichen Ausweg führen und an den Schulen einen organisatorischen Supergau verursachen" würde.

Der Möglichkeit, die Zahl der Repetenten zu senken, stehe die Befürchtung gegenüber, dass die Zahl der Drop-Outs steigt: "Diese Gefahr sehen wir im vorliegenden Entwurf, der junge Menschen negativ beurteilte Module über Jahre hinweg ansammeln lässt und sie vor der Matura vor eine unlösbare oder als unlösbar empfundene Aufgabe stellt", betonten die AHS-Gewerkschafter. Zusätzlich würde der Besuch eines Moduls in einer anderen Klasse dazu führen, dass der Schüler einen Gegenstand in seiner eigenen Klasse versäumt. Gerade bei schwachen Schülern drohe dann die Gefahr, dass ihre Leistungen noch schlechter werden.

Der Landesschulrat im VP-regierten Tirol befürchtet in seiner Stellungnahme indes, dass bei beliebig häufigen Prüfungswiederholungen von vielen Schülern "der Weg des geringsten Widerstands gegangen wird". Inhaltliche Kritik übt der Landesschulrat auch an der Unterteilung des Semesterstoffs in einzelne Teile. Diese sei vor allem in Fächern mit wenigen Wochenstunden "sehr schwierig" und "wird daher abgelehnt". Die Vorarlberger Landesregierung, ebenfalls von der ÖVP geführt, stellt indes den Vorschlag in den Raum, das Modulsystem bereits ab der neunten Schulstufe vorzusehen. Gerade da sei die höchste Anzahl an Repetenten und Schulabbrechern zu verzeichnen.

(APA/red)

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