Ausbildungsreform: Neue Anforderungen an Lehrende

6. Juli 2011 - 17:33

Wenn die Reform der Pädagogen-Ausbildung so kommt, wie es die Vorbereitungsgruppe um den Ex-VP-Bundesrat Andreas Schnider, Unterrichtsminister Claudia Schmied (S) und Wissenschaftsminister Karlheinz Töchterle (V) empfohlen hat, werden an die Lehrenden an Universitäten und Pädagogischen Hochschulen (PH) künftig neue Anforderungen gestellt. Ein Viertel des Personals an den neuen Lehrerausbildungsstätten soll künftig Forschungserfahrung und mindestens einen Doktoratsabschluss haben, ein weiteres Viertel mindestens fünf Jahre Praxiserfahrung.

"Das wird für beide eine Herausforderung", glaubt Bildungswissenschafter Stefan Hopmann, der am Reformkonzept beteiligt war. "Der Markt an guten Leuten ist leer gefegt", sagt er gegenüber der APA und begründet das u.a. damit, dass Deutschland zuletzt massiv in die Lehrerausbildung investiert habe. Um dennoch gutes Personal zu bekommen, müsse die Regierung Geld in die Hand nehmen, stellt der Experte klar.

Zusätzlich gehe es aber auch um altbekannte Probleme wie der zu geringe Forschungsanteil in der derzeitigen Pflichtschullehrer-Ausbildung an den PH und mangelnden Praxisbezug bei der Lehrerausbildung für AHS und berufsbildende mittlere und höhere Schulen an den Unis.

Unis brauchen mehr Nähe zur Praxis

Eine Induktionsphase, in der die angehenden Lehrer bei ihrem Berufseinstieg begleitet werden, gebe es etwa an den Unis bisher gar nicht, Weiterbildung nur punktuell. "Das muss man auf jeden Fall ausbauen." Die Unis müssten jedenfalls, wenn sie weiter bei der Lehrerbildung dabei sein wollen, ihre Ressourcen in Richtung Praxis umschichten. "Wer ausbildet soll auch einführen und weiterbilden, und zwar im gesamten Bereich der Pädagogik."

Die PH müssten hingegen mehr Forschung in die Lehrerausbildung integrieren. Dazu sind sie zwar seit 2007 verpflichtet, allerdings müssen sie weiterhin mit dem selben Dienstrecht wie ihre Vorgängerinstitutionen, die Pädagogischen Akademien arbeiten. Folge: Wer zwar ein Doktorat oder eine Habilitation hat, aber keine Lehrbefähigung für die Schule, darf bisher an einer PH nur in Ausnahmefällen lehren. Schmied hat jedoch für den Herbst eine Reform des PH-Dienstrechts angekündigt.

Herausforderungen für PHs

Ivo Brunner, Vorsitzender der PH-Rektorenkonferenz, sieht den künftig geforderten Anteil von 25 Prozent an Doktoren oder Habilitierten als "gute Perspektive". An den meisten PH werde dies derzeit nicht erfüllt. "Ganz klar, da müssen wir nicht um den heißen Brei herumreden. Aber es ist erfüllbar in absehbarer Zeit, wenn die gesetzlichen Rahmenbedingungen erfüllt sind", pocht er gegenüber der APA auf ein neues PH-Dienstrecht. Derzeit werde dem Forschen ein geringerer Stellenwert eingeräumt als der Lehre, obwohl es zeitintensiver sei. "Wir müssen die Leute wieder hineinbringen in die Forschung."

Dazu kommt, dass das Personal derzeit - wie an Schulen - in Werteinheiten abgerechnet wird. Das sei zwar technisch einfacher, führt aber dazu, dass Lehrende auch Fächer unterrichten, in denen sie keine Expertise haben, um auf einen vollen Posten zu kommen.

Auch wenn der Forschungsanteil an der Pflichtschullehrerausbildung noch immer zu gering sei, gebe es auch an den PH promoviertes und auch habilitiertes Personal. "Es ist ja nicht so, dass wir auf der Brennsuppe dahergekommen sind", so Brunner. An der von ihm geleiteten PH Vorarlberg etwa hätten 28 Prozent des Stammpersonals einen Doktortitel und wissenschaftlich publiziert.

Experte Hopmann warnt allerdings vor einer rein formalen Betrachtung, "der Doktor allein sagt ja nichts". Immerhin könne jemand auch durch eine Arbeit etwa über die "Bedeutung des Komma im Mittelhochdeutschen" publiziert haben. "Derjenige muss fachlich in Frage kommen, es muss mit der Realität zu tun haben", betont der Bildungswissenschafter. Allerdings habe Österreich gemessen an anderen Ländern hier "gewaltigen Nachholbedarf". (APA/red, Bild APA/dpa)

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