Glockenbecher zogen mit Menschen und als Idee durch Urzeit-Europa

21. Februar 2018 - 19:06

Am Ende der Jungsteinzeit breitete sich eine neue Kultur mit charakteristischen "Glockenbechern" in Europa aus. Sie kam nicht wie bisher geglaubt aus dem Südwesten, sondern von Osten, berichtet ein Forscherteam mit österreichischer Beteiligung im Fachjournal "Nature". In Zentraleuropa wanderte die Kultur durch Austausch von Ideen, Britannien eroberte sie jedoch durch eine Völkerwanderung.

"Glockenbecherkultur": Kennzeichen speziell geformte Keramikgefäße
"Glockenbecherkultur": Kennzeichen speziell geformte Keramikgefäße

Die "Glockenbecherkultur" wurde etwa vor 4.700 bis 4.400 Jahren en vogue. Sie war gekennzeichnet durch speziell geformte Keramikgefäße, Pfeilspitzen, Kupferdolche, steinerne Armschutzplatten für Bogenschützen und V-förmig durchbohrte Knöpfe. Die Archäologen haben bisher angenommen, dass sie sich von der iberischen Halbinsel aus auf dem Kontinent ausbreitete, und es war unklar, ob dies durch die Weitergabe von Kultur oder massiven Bevölkerungsbewegungen geschah.

Erbgut von 400 Skeletten analysiert

Ein Team um David Reich von der Harvard Medical School in Boston (USA) hat nun das Erbgut von 400 urgeschichtlichen Skeletten aus Fundstätten in ganz Europa analysiert, 226 davon gehörten zur Glockenbecherkultur-Kultur. Die Glockenbecher-Menschen der iberischen Halbinsel hatten genetisch keine Gemeinsamkeiten mit jenen aus Zentraleuropa, erklärte Ron Pinhasi vom Department für Anthropologie der Universität Wien im Gespräch mit der APA. Der Knochenexperte und Spezialist für historisches Erbgut (ancient DNA) folgert daraus, dass die Glockenbecherkeramik sich zwischen Mitteleuropa und der iberischen Halbinsel ohne nennenswerte Migration ausgebreitet hat.

Ganz anders sieht sie Sache in Britannien aus. Dort wurde die ansässige Bevölkerung zu 90 Prozent durch Glockenbecherkultur-Migranten aus den heutigen Niederlanden ersetzt, so der Forscher. Es gäbe aber keine Anzeichen gewaltvoller Verdrängung, sondern die Einheimischen wurden offenbar nach einem großen Einstrom von neuen Siedlern innerhalb einiger Jahrhunderte ersetzt, sagte Kurt Alt vom Zentrum für Natur- und Kulturgeschichte der Menschen an der Danube Private University in Krems zur APA.

Bisher habe man geglaubt, dass sich die Glockenbecherkultur als einzige große Bewegung aus dem Westen in Europa verbreitet hat - denn sowohl die Erstbesiedelung, die Eroberung durch Bauernvölker und das Dazukommen sogenannter "Steppe-Elemente" (der Jamnaja-Kultur) erfolgten vom Osten aus. "Dies hat sich jetzt aber umgedreht, auch die Glockenbecherkultur kam aus dem Osten", so Alt unter Hinweis auf die entsprechenden genetischen Daten.

Service: http://dx.doi.org710.1038/nature25738

(APA/red, Foto: APA/Anthony Denaire)

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